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Rubrik: Explosivstoffproduktion Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Eibia GmbH - Anlage „Waldhof“, Bomlitz
 Bis 1945: 
Die Geschichte der Pulverfabrikation in Bomlitz reicht bis in das Jahr 1815 zurück und ist untrennbar mit der Dynastie Wolff verbunden. Der Ort entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem der bedeutendsten Standorte der Explosivstoffproduktion, die größte Ausdehnung bestand im III. Reich. Nachdem Wolff & Co bereits im I. Weltkrieg Bedeutung bei der Herstellung von militärischen Sprengstoffen erlangt hatte, trat das Reichswehrministerium 1935 an die Firma heran um eine erneute Fertigung für das Militär zu vereinbaren.
Als Tochterunternehmen von Wolff & Co, und mit der Muttergesellschaft stets eng verflochten, wurde am 26. Oktober 1938 die „Eibia GmbH für chemische Produkte“ gegründet. Sie war Betreibergesellschaft von fünf Werken, in denen im Höchststand mehr als 16.000 Beschäftigte militärische Sprengstoffe herstellten. Die Eibia entwickelte sich während des Krieges zum größten Pulverproduzenten des III. Reiches, fast ein Drittel der Pulvermengen in Deutschland kam aus den Werken der Gesellschaft.
Neben der hier vorgestellten Anlage „Waldhof“ entstanden am Standort Bomlitz nacheinander die Versuchsanlage „Walo I“ und die große Produktionsanlage „Walo II“. Als Pulverlager und Prüfplatz richtete man rund sieben Kilometer nördlich von Bomlitz die Abteilung Löverschen ein. Zwei weitere große Werke entstanden in weiterer Entfernung, in Dörverden die Anlage „Weser“ und in Liebenau die Anlage „Karl“. Während des Krieges erreichte die Eibia GmbH häufig überdurchschnittlich gute Arbeitsergebnisse und erhielt von den NS-Ministerien mehrfach die Auszeichnung „Bestbetrieb“.
Im Frühjahr 1935 begann Wolff & Co auf dem Fuchsberg, nördlich der Stadt Bomlitz gelegen, mit den Bauarbeiten zur Errichtung der Anlage „Waldhof“. Auf 35 ha hat man hier 121 Gebäude errichtet. Die Bauten sind, je nach Zweck und Gefährdung, freistehend, umwallt oder unterirdisch ausgeführt worden. Für die Infrastruktur entstand ein Kraftwerk, aus dem Böhmetal ist über leistungsfähige Pumpstationen Wasser herangeschafft worden. Der Schienentransport wurde über einen Anschluß an das Netz der Wolff-Werkbahn abgewickelt. Die Anlage war für eine Fertigungskapazität von 300 Monatstonnen NC (Nitrocellulose)-Pulver ausgelegt. Dafür wurden ca. 300 bis 400 Kräfte beschäftigt. Über den Einsatz und die Unterbringung von Arbeitskräften in Bomlitz und Umgebung sind weitere Informationen auf der Seite „Walo II“ enthalten.
Mit Gründung der Eibia GmbH im Jahre 1938 wurde auch die Anlage „Waldhof“ in deren Leitung überführt. Die Fertigung dauerte bis zum Anfang des Jahres 1945 an, dann mußte wegen Materialverknappung die Produktion in „Waldhof“ eingestellt werden. Dieser Produktionszweig wurde daraufhin zur Anlage „Weser“ nach Dörverden verlegt.
Direkt östlich an die Anlage anschließend entstand das Pulverlager Röpersberg für die Einlagerung von Produkten in geschützten Lagerbunkern. Zum gleichen Zweck hat man westlich abgesetzt das Sprengstofflager Bayershof errichtet, hier bestand ein eigener Gleisanschluß mit Umschlaganlagen.
Mit Einrücken von Verbänden der British Army am 16. April 1945 und der Besetzung der Anlagen endete der II. Weltkrieg für Bomlitz.

 Ab 1945: 
Direkt nach Kriegsende kam es zu Plünderungen in der Anlage. Zwischen 1947 und 1949 wurden von den Alliierten die meisten Produktionsanlagen als Reparationsleistungen abgebaut und in diverse Länder verbracht. Nachdem diese Aktion abgeschlossen war begann die Sprengung von 78 Gebäuden. Im Jahre 1952 ist das Areal von den Briten an die Firma Wolff & Co zurückgegeben worden. Die Anlage Waldhof wuchs mit dem Werk von Wolff zusammen, im Gesamtgebiet hat man Fertigungsstätten für Collodiumwolle, Kunststoffe und chemische Erzeugnisse eingerichtet. 1974 wurde Wolff & Co von der Bayer AG als 100% Tochter eingegliedert. Ein weiterer organisatorischer Umbruch fand im Januar 2001 statt, das Gebiet ist zum, von verschiedenen Firmen genutzten, Industriepark Walsrode umgewandelt worden.
Die Lager Röpersberg und Bayershof fanden keine industrielle Verwendung mehr. Nach der Sprengung sämtlicher Bauten ließ man die Gelände liegen, sie werden heute forstwirtschaftlich genutzt.

 Zustand: 
In der Anlage „Waldhof“ sind noch diverse Bauten aus der Eibia-Zeit erhalten und in den Produktionsbetrieb eingebunden. Vom Pulverlager Röpersberg zeugen heute nur noch diverse Erdwälle, darin sind allenfalls kleinere Betontrümmer zu finden. Das Sprengstofflager Bayershof verfügt über deutliche Spuren der Lagerbunker, auch die Eisenbahnverladung ist noch gut erkennbar.

 Zugang: 
Das Gebiet der Anlage „Waldhof“ wird nach wie vor industriell genutzt und darf nicht betreten werden. Am Westrand liegt ein kleiner Teil des früheren Werksgeländes außerhalb der Umzäunung und ist begehbar, hier sind einzelne Trümmer aufzufinden. Das Pulverlager Röpersberg und das Sprengstofflager Bayershof sind frei zugänglich.

 Hinweis: 
Der Industriepark Walsrode hat eine eigene Internet-Präsenz:
http://www.industriepark-walsrode.de

Über die Anlagen in Bomlitz sind verschiedene Bücher erschienen, zum Beispiel:

Titel: Geheime Reichssache EIBIA
Autor: Helge Matthiesen
Verlag: J. Gronemann KG
Titel: Prädikat „Bestbetrieb“ - die Eibia GmbH für chemische Produkte in Bomlitz
Autor: Andrea Hesse
Verlag: Lit Verlag
ISBN: 3-8258-2728-3
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:
Anlage Waldhof:

Dachränder
Typische Eibia-Gebäude auf dem Werksgelände, hier sind die aus Tarnungsgründen wellenförmig angelegten Dachränder deutlich zu erkennen.

Gebäude
Gebäude am Tor 13

Anderer Blickwinkel
Das Gebäude am Tor 13 aus einem anderen Blickwinkel

Ostrand
Am Ostrand des Werksgeländes

Gang
Gesprengter unterirdischer Gang

Trümmer
Ein Randbereich im Westen liegt heute außerhalb des umzäunten Werksgeländes, hier sind einzelne Trümmer zu finden.


Pulverlager Röpersberg:

Röpersberg
Mauerreste von Lagerbunkern

Erdwälle
Diverse Erdwälle zeigen die Standorte von Bunkern

Betonreste
Vereinzelt sind Betonreste erhalten

Reste
Reste sind auch am Ostrand des Pulverlagers zu finden
Sprengstofflager Bayershof:
Bayershof
Dachteile eines gesprengten Bunkers
Wandreste
Wandreste
Schacht
Schacht im Erdwall eines Lagerbunkers, möglicherweise für Heizung oder Belüftung.
Verladerampe
Die Eisenbahn-Verladerampe ist hier erkennbar
Bodenplatte
Blick auf die Bodenplatte eines abgerissenen Gebäudes an der Verladerampe

Walo I, Walo II und Verwaltung sowie Wolff sind auf separaten Seiten erläutert.
Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen
- Helge Matthiesen: Geheime Reichssache EIBIA
- Andrea Hesse: Prädikat „Bestbetrieb“ - die Eibia GmbH für chemische Produkte in Bomlitz
 
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