Rubrik: Luftabwehr | Translation: |
Die Nike-FlaRak-Stellung Bad Essen (NL) |
Relikte
des Kalten Krieges: Grundsätzliches über die Elemente und das Zusammenwirken im NATO-Luftverteidigungsgürtel ist auf der Themenseite nachzulesen. Über die Entwicklung des FlaRak-Systems Nike sowie dessen Verbände und Stellungen berichtet eine weitere Seite. Auf dieser Seite wird über eine Nike-Stellung berichtet, deren Feuerleitbereich ein außergewöhnliches Merkmal aufwies. Für die Aufteilung und Funktionsweise einer Nike-Stellung bieten die Seiten über die Stellungen Ristedt und Vörden grundlegende Informationen. Das Gebiet Osnabrück/Münster wurde von der NATO als Nike-Sektor 9 beziffert. In diesem Areal sollte die Niederländische Luftwaffe vier FlaRak-Stellungen einrichten. Am östlichen Rand entstanden entsprechende Objekte in Bad Essen und Borgholzhausen. Sie standen in der „1st Row“. Weiter westlich in der „2nd Row“ befanden sich die Stellungen Vörden und Münster-Handorf. Der Sektor 9 wurde besetzt von der 1. Groep Geleide Wapens (GGW), mit Hauptsitz in Münster-Handorf. Das koordinierende Groeps Operatiën Centrum (GOC) des Verbandes lag in Vörden. Die Stellung Bad Essen sollte am Nordrand des Wiehengebirges entstehen. Der Höhenzug bot einige Möglichkeiten, den Radargeräten im Feuerleitbereich einen großen Horizont zu verschaffen. Für den Abschußbereich sollte dagegen im nördlich an die Höhenzüge anschließenden Flachland eine passende Stelle gefunden werden. Die Umsetzung dieser Planungen führte letztendlich zu einer Stellung, die in zweierlei Hinsicht außergewöhnlich ist. Die höchste Erhebung im vorgesehenen Gebiet war mit 195 m
der Westerberg, rund 2 km südlich von Bad Essen. Hier konnte der Feuerleitbereich
bzw. Integrated Fire Control (IFC) gebaut werden. Richtung Osten und
Süden standen jedoch größere Berge, welche den Rundumblick einschränkten.
So entschied man sich, mit großem baulichem Aufwand eine Brücke zum Abstellen
der Radargeräte zu errichten. Die Konstruktion sorgte für einen Höhenzugewinn
von gut 10 m. Über eine geschwungene 80 m messende Auffahrt konnten die
Geräte auf ihrem Fahrgestell zu den Standplätzen geschleppt werden. Oben
auf der 100 m langen Plattform gab es vier Abstell- und Befestigungspunkte
für die Radargeräte. Die weiteren Einrichtungen der IFC entsprachen den Standard-Ausführungen
solcher Objekte, bezogen auf die Frühzeit des Systems Nike. Zur Unterbringung
des Personals wurde ein Bereitschaftsgebäude errichtet, integriert in
das Stahlbetonskelett der Radar-Brücke. Es wurde mit einem Schuppen ergänzt,
der ebenfalls in die Brücke eingebaut war. Für den Abschußbereich bzw. Launching Area (LA) konnte nördlich
der IFC eine passende rund 9 ha große Fläche erworben werden. Sie lag rund 1 km nördlich des Dorfes Brockhausen.
Hierbei ist der zweite außergewöhnliche Punkt der Stellung Bad Essen
zu finden. IFC und LA liegen Luftlinie knapp 5 km auseinander. Beide
Bereiche mußten über Kabel miteinander in Verbindung stehen. Rechnet
man die Höhenmeter und die aus topographischer Sicht notwendigen Zusatzmeter
hinzu, kommt man auf die Maximallänge der Verbindungsleitungen; mehr
als 5.500 m waren nicht möglich. Darüber hinaus ist auf dem Weg auch
noch der Mittellandkanal zu überwinden gewesen. Hausherr in der Stellung Bad Essen wurde die 121. Squadron.
Die Einheit ist 1965 in Vörden aufgestellt worden. Von dort verlegte
sie zunächst in die Britischen Roberts-Barracks nach Osnabrück, die alte
Winkelhausen-Kaserne. Dieser Standort war jedoch als nur vorübergehend
gedacht. Bad Essen traf jedoch das Schicksal, die kürzeste Nutzungsdauer
aller Nike-Stellungen der Niederländer zu erreichen. Aus finanziellen
Gründen beschloß das Niederländische Verteidigungsministerium Reduzierungen
bei den FlaRak-Stellungen. So wurde die 121 Sqn bereits von Juli 1970
bis Oktober 1972 vorübergehend deaktiviert. Stellung und Gerät standen
weiterhin bereit und wurden gewartet. Im Krisenfall hätte die Anlage
relativ schnell wieder in Betrieb gehen können. Für zwei der freigezogenen Liegenschaften hat man neue militärische
Nutzungsmöglichkeiten gefunden. Die Kaserne in Bohmte übernahm die Bundeswehr.
Sie erhielt die Bezeichnung Tiling-Kaserne. Untergebracht wurde darin
das Sanitätsausbildungszentrum 800 des Territorialkommandos Nord. Hier
sind schwerpunktmäßig mobilmachungsbeorderte Ärzte und medizinisches
Personal im Rahmen von Wehrübungen geschult worden. Sie gehörten insbesondere
zu Sanitäts-Geräteeinheiten des Territorialheeres, wie Reservelazaretten. Die IFC konnte schon früh in eine zivile Nutzung überführt werden. Hier entstand eine Jugendbegegnungsstätte. Nach Ende des Kalten Krieges hat man auch die zwei verbliebenen militärischen Liegenschaften freigegeben. Aus der Tiling-Kaserne in Bohmte wurde ein Wohngebiet. Das Munitionsdepot Brockhausen stand fortan als Lagerfläche der Landwirtschaft zur Verfügung. Zustand: Zugang: Hinweis: Über die Niederländischen Groepen Geleide Wapens in Deutschland
ist ein interessantes Buch erschienen: |
Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps: IFC: Fotos:
Abschußbereich / Launching Area: |
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Die Kaserne in Bohmte: | ||||
Heute stehen Munitionsbunker auf dem Gelände. |
Zwei unterschiedliche Größen sind vorhanden. |
Die frühere Haupteinfahrt der Kaserne Bohmte. |
Im ehemaligen Betriebsbereich der Kaserne sitzt das DRK. |
Die Unterkunftsblocks sind heute Wohnhäuser. |
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Quellenangabe: - Rinus Nederlof: Blazing Skies - Wilhelm von Spreckelsen, Wolf-Jochen Vesper: Blazing Skies - Karl-Anweiler: Fahrzeugtypenkatalog der Bundeswehr - Nike-Ajax / Nike-Hercules - R. Goerigk - A. van Minderhoud - H. Siewert - R. Erkelens - The Nike Historical Society: https://nikemissile.org - Ed Thelen: https://www.ed-thelen.org - N. de Leeuw: http://www.angelfire.com/nd/12GGW/hishoofd.htm |
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