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Darstellungsgründen werden auf dieser Seite an einigen Stellen militärische
Abkürzungen verwendet. Eine Erklärung erscheint, wenn man mit dem Mauszeiger
auf eine dieser Abkürzungen weist.
Relikte
des Kalten Krieges:
Über die Schritte zur Einplanung von Atomwaffen für den Einsatz durch
die Streitkräfte der NATO-Partner und den Komplex „Nukleare Teilhabe“
berichtet die Seite Atomwaffenlager
für das Heer in Niedersachsen.
Bei der Aufteilung der Zuständigkeiten für die einzelnen Waffensysteme,
welche mit Atomwaffen bestückt werden, gingen die USA und die NATO-Partner
unterschiedliche Wege. Die Aufgaben der Luftverteidigung lagen bei den
Streitkräften Deutschlands, der Niederlande und Belgiens stets in den
Händen der Luftstreitkräfte. Daher gehörten dort neben den fliegenden
Verbänden und der Radarführung auch die Flugabwehrraketen-Einheiten zu
den jeweiligen Luftwaffen. Das US-Militär siedelte dagegen die Flugabwehr
bei den Bodentruppen an.
Für den Boden-Boden-Einsatz führte die Bundeswehr in den 1960er Jahren
das Flugkörpersystem Pershing ein, dessen Reichweite deutlich über der
im Heer vorhandener Systeme lag. Auch diese Rakete ist der Luftwaffe
zugeschlagen worden, während die USA sie in Heerestruppen einsetzte.
Als Folge ergab sich eine Konstellation, bei der den Flugabwehrraketenverbänden
und Flugkörpergeschwadern der Luftstreitkräfte zur Betreuung der Atomsprengköpfe
Personal der US-Landstreitkräfte zur Seite stand.
Anders verhielt es sich bei den fliegenden Verbänden der NATO-Partner.
Bei ausgewählten Jagdbomberstaffeln hielten die USA als Abwurfmittel
Atombomben bereit, die im Verteidigungsfall durch Flugzeuge der Partner-Staaten
eingesetzt werden sollten. Hier gehörte auch das US-Personal zur Air
Force.
Eine weitere Besonderheit der fliegenden Verbände: Während für die Luftwaffen
Deutschlands, der Niederlande und Belgiens Atombomben aus Beständen der
USA eingeplant waren, setzten die Briten ab 1966 nukleare Einsatzmittel
aus eigener Fertigung ein.
Der gravierendste Unterschied zu der Atombewaffnung der Heerestruppen
war in den Luftstreitkräften der Status der sofortigen Verfügbarkeit
dieser Waffen. Im Rahmen der nuklearen Abschreckung standen bereits in
Friedenszeiten die Systeme mit atomaren Sprengköpfen versehen in der
Bereitschaft, nach einer sehr kurzen Vorwarnzeit eingesetzt werden zu
können.
In den Stellungen der Luftabwehr lag eine gewisse Anzahl Flugabwehrraketen
mit diesen Ladungen bereits einsatzfertig in den Sheltern. Bei der Flugkörpertruppe
und den fliegenden Verbänden gab es Alarmstellungen, im NATO-Englisch
als Quick Reaction Alert (QRA) bezeichnet. Die Flugkörpertruppe hielt
dort Pershing-Raketen mit Atomsprengkopf vor, die kurzfristig startklar
gemacht werden konnten. Auf Fliegerhorsten standen bis zu vier mit Atombomben
aufmunitionierte Jagdbomber bereit, um innerhalb von 15 Minuten starten
zu können.
Waffensysteme:
Für das Flugabwehrraketensystem
Nike-Hercules gab es konventionelle und atomare Sprengköpfe. Hauptwirkungsbereich war der
Luftraum in sehr großen Höhen von bis zu 30.000 m. Bei einer Atomexplosion
in dieser Höhe sollte der radioaktive Fallout nicht zur Erde sinken.
Mit der gewaltigen Waffenwirkung wollte man die sowjetischen Bomberflotten
in Schach halten. Klar ist, daß die Zündung stets über eigenem Territorium
stattgefunden hätte!
Neben der Verwendung der Nike-Hercules zur Luftabwehr, wäre auch ein
Boden-Boden-Einsatz technisch machbar gewesen. Die Waffe wies durch ihre
Steuerung zum Treffen relativ kleiner Flugziele eine besondere Präzision
auf, die genauer war als die der Systeme von Heerestruppen. Je nach Lageentwicklung
hätte die NATO Flugabwehr-Stellungen den Beschuß von Bodenzielen befehlen
können.
Die Bundeswehr plante bereits Ende der 1950er Jahre die Einführung
eines Mittelstrecken-Raketensystems, ausschließlich für den Boden-Boden-Einsatz.
Man sah dies als Ergänzung zu den Möglichkeiten der fliegenden Verbände,
und siedelte daher diese Technik bei der Luftwaffe an.
Zunächst sollte das System Matador eingeführt werden; zwei Exemplare
davon sind vorab zur Ausbildung angekauft worden. Allerdings erreichte
noch vor einer größeren Beschaffung der Nachfolger Mace die Serienreife.
Letztendlich kam es jedoch auch nicht zu dessen Einführung.
1964 erwarb man schließlich das Raketensystem Pershing I. Es wies eine
Einsatzreichweite von 750 km auf. Somit konnten Ziele weit im Hinterland
des Gegners bekämpft werden. Für die Pershing I war der Einsatz ausschließlich
mit Atomsprengköpfen eingeplant.
Eine noch größere Reichweite, rund 2.500 km, besaßen modernere
Marschflugkörper, englisch „Cruise Missiles“. Diese Waffensysteme sind
in Norddeutschland nicht stationiert worden. Der Vollständigkeit halber
soll aber das System aus der Produktionsreihe Tomahawk hier erwähnt werden.
Eine Einführung bei den NATO-Partnern war nicht geplant, nur die US Air
Force hatte das System im Bestand.
Weit im Hinterland der für Norddeutschland zuständigen 2. ATAF wurden
in den 1980er Jahren durch die USA zwei Stützpunkte für das System aufgebaut:
Florennes in Belgien und Woensdrecht in den Niederlanden. Die Stationierung
war eine Folge des NATO-Doppelbeschlusses von 1979.
In Florennes trafen die ersten Systeme einschließlich Atomsprengköpfe
1984 ein. Zur gleichen Zeit liefen allerdings neue Abrüstungsverhandlungen
mit der Sowjetunion. Das Verhandlungsergebnis hatte direkte Auswirkung
auf die Cruise Missiles: die Belieferung von Florennes wurde gestoppt.
Schon 1988 sind alle Systeme wieder abgezogen worden. Im niederländischen
Woensdrecht hatte man die Infrastruktur zwar fertiggestellt, Marschflugkörper
trafen dort jedoch nicht mehr ein.
Im Folgenden werden die verschiedenen Waffensysteme und dafür
verwendete Atomsprengköpfe aufgelistet:
Waffensystem |
Gefechtskopf |
Sprengkraft
TNT-Äquivalent |
Boden-Luft-Raketen: |
Nike-Hercules ( ) |
W-31 |
Version Y1: 2.000 t
Version Y2: 40.000 t
Version Y3: 20.000 t |
Boden-Boden-Raketen: |
Pershing I () |
W-50 |
Version Y1: 60.000 t
Version Y2: 200.000 t
Version Y3: 400.000 t |
Marschflugkörper: |
BGM-109G Gryphon () |
W-84 |
200 t - 150.000 t |
Verschiedene Jagdbomber-Typen der NATO-Partner waren für den
Abwurf von Atombomben eingeplant. Für diese Einsätze kamen nur Maschinen
in Frage, die mit spezieller Technik dafür ausgerüstet waren. Insbesondere
mit Einführung des Starfighters in den 1960er Jahren stand eine große
Anzahl solcher Flugzeuge zur Verfügung.
Die Maschinen hätten im Tiefflug das Hinterland des Gegners erreichen
sollen, um dort wichtige Ziele wie Kommandozentralen und Logistikeinrichtungen
zu zerstören. Den Sturz der Atombombe hätte ein Fallschirm gebremst.
Damit bekam das Flugzeug Zeit, um sich aus dem Gefahrenbereich entfernen
zu können. Die Piloten sind bereits im Frieden für den Abwurf der Atombomben
ausgebildet worden.
Eine Abweichung in der Ausstattung mit Atomwaffen stellten die britischen
Jagdbomberstaffeln dar. Ab 1966 verwendeten sie Bomben aus der Produktion
ihrer eigenen Nation.
Eine Aufstellung der für die NATO-Partner eingeplanten Atombomben:
Bombe |
Einsatz-Maschinen |
Sprengkraft
TNT-Äquivalent |
US: |
Mk-7 |
Republic
F-84F Thunderstreak ( )
English Electric Canberra ()
Blackburn B-103 Buccaneer () |
Version
Mod.0 & 1: 8.000 t
Version Mod.2 & 3: 19.000 t
Version Mod.4 & 5: 22.000 t
Version Mod.6: 30.000 t
Version Mod.7: 31.000 t
Version Mod.8 & 9: 61.000 t |
B-43 |
Lockheed
F-104G Starfighter ( ) |
Version
Y2: 100.000 t
Version Y3: 200.000 t
Version Y4: 70.000 t |
B-61 |
Lockheed
F-104G Starfighter ( )
Panavia PA-200 Tornado ()
General Dynamics F-16A/B Fighting Falcon ( ) |
Version
Mod.0: 100.000 t
Version Mod.1: 1.100 t
Version Mod.3:
300 t / 1.500 t / 60.000 t / 170.000 t
Version Mod.4:
300 t / 1.500 t / 10.000 t / 45.000 t
Version Mod.7: 10.000 t / ? / 340.000 t |
|
Britisch: |
WE.177 |
Blackburn
B-103 Buccaneer ()
SEPECAT Jaguar ()
Panavia PA-200 Tornado () |
Version
A: 500 t - 10.000 t
Version B: 450.000 t
Version C: 200.000 t |
Zur Verdeutlichung der Sprengkraft der Systeme hier einige
Vergleichswerte:
- Die auf Hiroshima abgeworfene Atombombe hatte eine Sprengkraft
von 13.000 Tonnen.
- Die auf Nagasaki abgeworfene Atombombe hatte eine Sprengkraft
von 21.000 Tonnen.
- Die stärkste von den USA getestete strategische Atombombe
(Erprobung „Castle Bravo“) hatte eine Sprengkraft von 15.000.000 Tonnen.
- Die stärkste von der UdSSR getestete strategische Atombombe
(Projekt „Zar-Bombe“) hatte eine Sprengkraft von über 50.000.000 Tonnen.
Lager & Stellungen:
Einige grundsätzliche Merkmale waren bei allen Stützpunkten zu finden,
in denen Atomwaffen der USA bereitgehalten wurden: Die Bewachung des
Umfeldes ist durch Einheiten der NATO-Partner gestellt worden und den
Zugang bzw. Zugriff hat das US-Personal kontrolliert. Auch waren die
betreffenden Objekte stets besonders abgeschirmt. Zäune sind mindestens
in Doppelreihe vorhanden gewesen. In den 1980er Jahren liefen Baumaßnahen,
durch welche die Anlagen mit massiven Schutzbauten gewissermaßen zu
Festungen anwuchsen. Neben der Gefährlichkeit der Waffen war auch deren
eigene Gefährdung ernst zu nehmen. Eine Vereinnahmung durch feindliche
Kommandos sollte verhindert werden.
Für eine geographisch weitläufige Verteilung von Atomwaffen
sorgte das Flugabwehrraketensystem Nike-Hercules. Die NATO baute einen Gürtel mit Flugabwehrraketen dieses Typs auf, der von der Nordseeküste bis nach Süddeutschland
reichte. Beteiligt waren daran im Bereich der für Norddeutschland zuständigen
2. ATAF die NATO-Partner Deutschland, Niederlande und Belgien.
Von den drei Sektionen einer Feuerstellung waren meistens eine rein konventionell
und zwei für gemischt atomare und konventionelle Beladung ausgelegt.
Die nuklear bestückten Sektionen sind stets durch weitere Zäune abgeschirmt
gewesen. Der Zutritt erfolgte durch ein Tor, an dem US-Personal die Kontrolle
durchführte. In den 1980er Jahren sind in mehreren Stellungen diese Sicherheitsbereiche
im Rahmen des Long Range Security Programs (LRSP) mit besonders geschützten
Bereitschaftsgebäuden und moderner Überwachungstechnik versehen worden.
Maximal waren je FlaRak-Stellung
zehn Nuklear-Sprengköpfe vorhanden, acht mit der Stärke XS mit 2.000
t und zwei XL mit 40.000 t bzw. später 20.000 t Sprengkraft. Die atomaren
Gefechtsköpfe sind bereits fertig auf den Raketen montiert gewesen. Im
Bereitschaftsdienst einer solchen Stellung konnten dementsprechend die
Atomwaffen in sehr kurzer Zeit abschußbereit gemacht werden. Die Scharfschaltung
der Sprengköpfe hätten nur die US-Teams vornehmen können.
Alle Atomsprengköpfe einer FlaRak-Einheit
sind direkt in den Sektionen vorgehalten worden. Es existierten vor Ort
keine Nachschublager. Für das System Nike-Hercules gab es in Büren nur
ein zentrales Versorgungslager, in dem weitere Sprengköpfe bereit gehalten
wurden.
Details zu einer deutschen Nike-Hercules-Stellung zeigt die Seite Nike-FlaRak-Stellung
Ristedt. Über eine niederländische Stellung berichtet die Seite Nike-FlaRak-Stellung & GOC Vörden (NL).
Die Atomsprengköpfe für das Flugkörpersystem Pershing I sind
in Sondermunitionslagern deponiert worden. Diese waren im Hinblick auf
Auslegung und Absicherung vergleichbar mit anderen Atomwaffenlagern,
bzw. im NATO-Englisch Special Ammunition Sites (SAS). Die SAS Geilenkirchen-Tevern
verfügte über drei erdüberdeckte Munitionslagerhäuser.
Das System Pershing war vollständig mobil ausgelegt, im Verteidigungsfall
sollten Feldstellungen bezogen werden. Im Rahmen der nuklearen Abschreckung
plante man für das System allerdings eine sofortige Verfügbarkeit ein.
Dazu wurde eine Sofortbereitschaftsstellung, bzw. QRA-Stellung
eingerichtet. Die Anlage gab dem Geschwader die Möglichkeit, Raketen
in einem geschützten Bereich permanent einsatzbereit zu halten.
Das der 2. ATAF unterstellte
Flugkörpergeschwader 2 lag zunächst in Nörvenich. Vermutlich hatte man
auf dem dortigen Fliegerhorst-Gelände einen QRA-Bereich betrieben. In den 1970er Jahren ist bei Arsbeck eine neue Anlage entstanden.
Der Bereich war mit dreifacher Umzäunung versehen. Auf drei befestigten
Abstellplattformen wurden während des Bereitschaftsdienstes die Flugkörper
aufgestellt. Im Jahre 1976 konnte die QRA-Stellung Arsbeck bezogen werden.
Mitte der 1980er Jahre brachten Abrüstungsverhandlungen zwischen der
NATO und dem Warschauer Pakt mehrere Erfolge. In dieser Phase wurde die
Rücknahme des QRA-Status
für die Pershing-Raketen verkündet. Im November 1986 ist als Folge die
ständige Nutzung der Stellung Arsbeck aufgegeben worden. Das System Pershing
blieb jedoch zunächst erhalten, erst 1990 erfolgte die Außerdienststellung.
Zur Einlagerung der Atombomben, die von Jagdbomberstaffeln
der NATO-Partner eingesetzt werden sollten, sind an den betroffenen Standorten
Sondermunitionslager errichtet worden. Soweit die geographisch ohnehin
sehr ausgedehnten Fliegerhorste geeignete Flächen aufwiesen, legte man
die Lager auf dem Flugplatzgelände an. Überwiegend standen in diesen
Objekten drei erdüberdeckte Munitionslagerhäuser für Atomwaffen.
Beim Fliegerhorst Hopsten/Dreierwalde mußte nach außerhalb ausgewichen
werden. In gut 2 km Entfernung ist dort zusammen mit der Luftwaffenmunitionsniederlage
das Sondermunitionslager Uthuisen errichtet worden. Der Aufwand zur weiträumigen
Absperrung des Weges bei Transporten zwischen Lager und Flugplatz war
ungleich größer, als bei integrierten Anlagen.
Auf den Fliegerhorsten wurden QRA „N“-Bereiche gebaut. Die
Kürzung steht für Quick Reaction Alert - Nuclear. Hier standen meist
vier betankte und mit Atomwaffen aufmunitionierte Jagdbomber in ständiger
Bereitschaft. Innerhalb von 15 Minuten mußten die Maschinen starten können.
Auch diese QRA-Bereiche
waren durch einen zusätzlichen Zaun abgeschirmt. Den Zutritt kontrollierte
wieder das US-Personal. Die Scharfschalten der Atombomben konnte nur
von den Soldaten der US Air Force durchgeführt werden.
Einen Flugplatz mit QRA-Bereich
gab es in Niedersachsen nicht. Dafür werden weiter unten einige Details
zum Fliegerhorst Rheine-Hopsten gezeigt. Er lag im nördlichen Münsterland,
nur wenige Kilometer hinter der Landesgrenze Niedersachsen/Nordrhein-Westfalen.
Auf dem Fliegerhorst
Wittmund bestand zwar auch einen QRA-Bereich, allerdings QRA „I“. Dieses steht für Quick Reaction Alert - Interceptor.
Darunter sind ausschließlich konventionell bewaffnete Abfangjäger zu
verstehen.
Die Briten konnten mit der eigenen Produktion von taktischen
Atombomben aus dem Standard-Schema der NATO-Partner aussteigen. Ab 1966
wurden Systeme der USA abgezogen, gleichzeitig entfiel auch die Anwesenheit
von US-Personal auf den britischen Stützpunkten. Die Befehlsgewalt über
deren Atomwaffen lag nun direkt bei der Britischen Regierung.
Einheiten:
Die USA mußten aufgrund ihrer Schlüsselgewalt an jedem Stützpunkt von
Atomwaffen eigenes Personal stationieren. Je nach zu betreuendem System
kamen die Soldaten von der US Army oder der US Air Force. Für Nike-Hercules
und Pershing war die Army zuständig, die Air Force ist bei den Jagdbombern
anzutreffen gewesen.
Eine Ausnahme der Schlüsselgewalt bildeten ab 1966 die Briten. Bei ihren
Jagdbomberstaffeln lag die Verfügungsgewalt über deren eigene Atombomben
ausschließlich in nationaler Verantwortung.
Bei der US Army war das Oberkommando der den NATO-Partner
zugeordneten Truppen die 59th Ordnance Brigade in Pirmasens. Der Brigade
waren diverse Artillery Groups unterstellt, die ihrerseits für die Atomwaffenlager
der NATO-Partner verantwortlich waren.
Im nordrhein-westfälischen Büren lag die 5th USAAG,
welche alle FlaRak-Verbände der NATO-Partner unterstütze, die mit dem System Nike-Hercules ausgestattet
waren. Im hessischen Herbornseelbach ist die 557th USAAG stationiert gewesen, deren 85th USAFAD dem FKG 2 in Geilenkirchen zur Seite stand.
Alle US-Detachments waren an ein Richtfunknetz angebunden.
Zwei Systeme standen dafür bereit: das European Command Control Console
System (ECCCS) und das Cemetery Net. Im Kriegsfall sollte die Kommunikation
über das Cemetery Net laufen. Diese Verbindungen dienten ausschließlich
der Kommunikation zwischen den Atomwaffen-Standorten. Mehrere über Deutschland
verteilte Knoten stellten die Verbindung zu allen Standorten her.
Im Norden war das 39th Sig
Bn mit Heimat in der Carl-Schurz-Kaserne, Bremerhaven für die Betreuung des Netzes zuständig. Auf dem Kasernengelände
in Bremerhaven betrieb die 581st Sig Co einen Knotenpunkt mit großem Funkturm. Rund 170 km südlich stand auf dem Dörenberg
in Linderhofe bei Extertal der nächste Knotenpunkt. Dort lag die 518th Sig Co. Am Westrand der Bundesrepublik stand ein weiterer Knotenpunkt in Brüggen.
Mit den charakteristischen Stahlgitter-Richtfunktürmen waren seinerzeit
für Eingeweihte die Standorte der US-Detachments oftmals schon von weitem
erkennbar.
Fast alle FlaRak-Stellungen
des Systems Nike-Hercules waren mit Atomwaffen bestückt. Lediglich die
zwei niederländischen Stützpunkte Nordhorn und Bad Essen blieben ausschließlich
konventionell. Die nachfolgende Auflistung macht die dementsprechend
sehr weitläufige Verteilung der nuklearen Sprengköpfe deutlich.
Die betroffenen Einheiten der NATO-Partner mußten dort einen personell
großen Aufwand treiben. Schließlich ist in den Stellungen eine hohe Anzahl
an Soldaten für Bewachung und Sicherung erforderlich gewesen.
Das einzige Versorgungslager, in dem atomare Sprengköpfe für die Nike-Hercules
bevorratet waren, lag in Büren. Dort stellten die Niederlande und Belgien
im Wechsel das Wachpersonal.
Das Atomwaffenlager und die atomar bestückten FlaRak-Stellungen
der 2. ATAF mit dem System Nike-Hercules. Zeitgleich war dieser Umfang allerdings nie gegeben:
NATO-Partner |
SAS bzw.
Stellung, Sektionen bestückt
nuklear/konventionell |
US-Einheiten |
|
|
5th USAAG,
Büren-Hegensdorf |
13e
Artillerie Bataljon (BE) &
435 InfBevCie/ RvH (NL),
Büren-Hegensdorf
|
VLM Büren |
27th Ord
Co, Büren-Hegensdorf |
|
|
Bundeswehr: |
FlaRakBtl 21,
Möhnesee-Echtrop |
(alle
bis 1987) |
66th USAFAD,
Möhnesee-Echtrop |
1./FlaRakBtl 21,
Ennigerloh-Westkirchen |
Westkirchen
?/?
|
Delta-Team,
Ennigerloh-Westkirchen |
2./FlaRakBtl 21,
Möhnesee-Echtrop |
Büecke
?/? |
Alpha-Team,
Möhnesee-Echtrop |
3./FlaRakBtl 21,
Holzwickede |
Opherdicke
3/0 |
Bravo-Team,
Holzwickede |
4./FlaRakBtl 21,
Datteln |
Bockum
3/0 |
Charlie-Team,
Datteln |
|
|
FlaRakBtl 24,
Delmenhorst-Deichhorst |
(alle
bis 1989) |
51st USAFAD, Delmenhorst-Adelheide |
1./FlaRakBtl 24,
Elsfleth |
Moorriem
3/0 |
Alpha-Team,
Elsfleth (bis 1978) |
2./FlaRakBtl 24,
Delmenhorst- Deichhorst |
Schönemoor
2/1 |
Bravo-Team, Delmenhorst-Adelheide (bis
1978) |
3./FlaRakBtl 24, Oldenburg-Alexanderfeld |
Westerscheps
2/1 |
Charlie-Team,
Edewecht |
4./FlaRakBtl 24,
Delmenhorst-Deichhorst |
Ristedt 2/1 |
Delta-Team, Ristedt |
|
|
FlaRakBtl 25,
Barnstorf-Eydelstedt |
(alle
bis 1988) |
42nd USAFAD,
Barnstorf-Eydelstedt |
1./FlaRakBtl 25, Ahlhorn |
Varrelbusch 2/1 |
Delta-Team, Varrelbusch (bis
1979) |
2./FlaRakBtl 25,
Barnstorf-Eydelstedt |
Wuthenau
3/0 |
Alpha-Team,
Barnstorf-Eydelstedt |
3./FlaRakBtl 25,
Wagenfeld |
Wagenfeld
?/? |
Bravo-Team,
Wagenfeld |
4./FlaRakBtl 25,
Lohne |
Brägeler
Moor 3/0 |
Charlie-Team,
Lohne (bis 1979) |
|
|
FlaRakBtl 26,
Wangerland-Hohenkirchen |
(alle
bis 1989) |
35th USAFAD,
Wangerland-Hohenkirchen |
|
Friederikensiel
3/0 |
Alpha-Team,
Wangerland-Hohenkirchen |
2./FlaRakBtl 26,
Rodenkirchen |
Rodenkirchen
2/1 |
Bravo-Team,
Rodenkirchen |
3./FlaRakBtl 26,
Wiesmoor |
Wiesmoor
3/0 |
Charlie-Team,
Wiesmoor |
4./FlaRakBtl 26,
Aurich |
Dornum
3/0 |
Delta-Team, Dornum |
|
|
Koninklijke
Luchtmacht: |
1. GGW,
Münster-Handorf
(ab 1975 12. GGW, Bramsche-Hesepe) |
|
509th USAFAD, Vörden |
118. Sqn, Vörden |
Vörden (bis
1988) 2/1 |
Bravo-Team
(ab 1975 Alpha-Team), Vörden |
119. Sqn,
Münster-Handorf |
Münster-Handorf
(bis 1975) 2/1 |
Alpha-Team,
Münster-Handorf |
120. Sqn,
Borgholzhausen |
Borgholzhausen
(bis 1983) 2/1 |
Delta-Team
(ab 1975 Charlie-Team), Borgholzhausen |
|
|
2. GGW,
Schöppingen |
|
508th USAFAD,
Schöppingen |
220. Sqn,
Schöppingen |
Schöppingen
(bis 1987) 2/1 |
Alpha-Team,
Schöppingen, (ab 1975 Bravo-Team/509th USAFAD) |
221. Sqn,
Raesfeld-Erle |
Erle
(bis 1975) 2/1 |
Bravo-Team,
Raesfeld-Erle |
223. Sqn,
Rheine-Bentlage |
Rheine-Bentlage
(bis 1984) 2/1 |
Delta-Team,
Rheine-Bentlage |
|
|
Belgische
Luchtmacht / Force Aérienne Belge: |
9e WMsl,
Grefrath-Vinkrath |
|
507th USAFAD,
Grefrath-Vinkrath |
54 Smd,
Xanten |
Sonsbecker
Berg (bis 1989) 2/1 |
Alpha-Team,
Xanten |
55 Smd,
Kapellen |
Vockrather
Höhe (bis 1985) 2/1 |
Charlie-Team,
Kapellen |
56 Smd,
Grefrath-Vinkrath |
Müllem
(bis 1990) 2/1 |
Delta-Team,
Grefrath-Vinkrath |
57 Smd,
Bedburg-Kaster (ab 1975 Raesfeld-Erle)
|
Kirchherten
(1963-1975) 2/1
Erle (1975-1983) 2/1 |
Bravo-Team,
Bedburg-Kaster (ab 1975 Raesfeld-Erle) |
|
|
13e WMsl,
Düren |
|
43rd USAFAD,
Düren |
50 Smd,
Düren |
Drove
(bis 1990) 2/1 |
Alpha-Team,
Thum |
51 Smd,
Bedburg-Kaster |
Kirchherten
(bis 1983) 2/1 |
Bravo-Team,
Bedburg-Kaster |
52 Smd,
Euskirchen |
Billiger
Wald (bis 1985) 2/1 |
Charlie-Team,
Euskirchen |
53 Smd,
Blankenheim |
Mülheim
(bis 1989) 2/1 |
Delta-Team,
Blankenheim |
|
Die Bundeswehr verfügte über nur zwei Flugkörpergeschwader,
die mit dem System Pershing I ausgerüstet waren. Das erforderliche Personal
zur Bewachung der Sondermunitionslager und der QRA-Stellung war in den Verbänden integriert. Eine aktive und zwei mobilmachungsabhängige
Sicherungsstaffeln gehörten zum Geschwader. Das FKG 2 wuchs schließlich auf über 1.800 Soldaten an.
Die Daten zum einzigen Pershing I-Verband in Norddeutschland:
Einheiten
der NATO-Partner |
SAS |
QRA-Stellung |
US-Einheit |
|
|
|
557th USAAG,
Herbornseelbach |
Bundeswehr: |
FKG 2,
Geilenkirchen-Niederheid
|
Geilenkirchen-Teveren |
Wegberg-Arsbeck |
85th USAFAD,
Geilenkirchen-Niederheid
|
|
Marschflugkörper wurden nur von der US Air Force eingesetzt.
Daher sind hier Einheiten der NATO-Partner nicht eingebunden gewesen.
Bei der Betreuung und dem Einsatz des Waffensystems und zur Bewachung
des Stützpunktes waren nur US-Soldaten eingebunden.
Zwei Verbände sollten im Hinterland der 2. ATAF stationiert
werden, nur ein Vorhaben hat man lediglich anteilig umgesetzt:
Verband |
SAS |
Anmerkung |
US
Air Force: |
485th TMW,
Florennes/BE |
auf FlgH |
Ab 1984 befüllt, 1987 Belieferung
gestoppt, 1988 abgezogen. |
486th TMW,
Woensdrecht/NL |
auf FlgH |
nicht befüllt |
|
In den 1960er Jahren wurde eine begrenzte Anzahl Jagdbomberstaffeln
und Fliegerhorste für den Einsatz von Atombomben ausgewählt. In Belgien
und den Niederlande ist jeweils nur ein Flugplatz mit der entsprechenden
Infrastruktur ausgebaut worden. Die Anzahl in der Bundesrepublik lag
deutlich höher.
Für die Royal Air Force sind am Westrand Nordrhein-Westfalens gleich
vier entsprechende Basen geschaffen worden. Auch die Bundesluftwaffe
verfügte an vier Standorten den Ausbau der Fliegerhorste für die sogenannte
Strike-Rolle. Betroffen waren: JaboG 31,
Nörvenich, JaboG 33, Büchel und das JaboG 34, Memmingen. Beim JaboG 36, Rheine ist nur eine Staffel für den Einsatz mit Atomwaffen ausgewählt worden.
Über fliegende Kräfte ist auch die Bundesmarine in die Einplanung nuklearer
Einsatzmittel eingebunden gewesen; das MFG 1 in Schleswig-Jagel wurde entsprechend ausgestattet.
Das deutsche Wachpersonal für Sondermunitionslager und QRA-Bereich
gehörte zur Luftwaffensicherungsstaffel „S“, welche nur in Jagdbombergeschwadern
mit nuklearen Waffen existierte. Bei der Royal Air Force standen für
diese Aufgaben Soldaten des infanteristisch geprägten RAF Regiments zur
Verfügung.
Die Einheiten der US Air Force werden in der Auflistung nicht
mit allen Bezeichnungen dargestellt, da diverse Angaben nicht vorliegen.
Im Regelfall blieb über viele Jahre eine Einheit am Standort, der Name
und die Unterstellung wechselte in der Zeit jedoch mehrfach.
Als Beispiel hier die Wandlung ein und derselben Einheit im belgischen
Kleine Brogel:
1962: Det 0600/306th MMS;
1964: Det 0600/7332nd MMG; 1967: Det 1/36th TFW;
1972: 7361st MUNSS/36th TFW;
1976: 7361st MUNSS/52nd TFW; 1993: 601st MUNSS/52nd TFW.
Die für den Einsatz von Atombomben ausgebauten Stützpunkte
der 2. ATAF:
Einheiten
der NATO-Partner |
SAS |
US-Einheiten |
Bundeswehr: |
JaboG 31,
Nörvenich |
auf FlgH |
7502nd MUNSS,
Nörvenich |
1./JaboG 36,
Rheine |
Uthuisen |
Det 3/50th TFW,
Rheine-Hopsten (1967-1972) |
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Royal
Air Force: |
3, 16, 20 Sqn,
Laarbruch |
auf FlgH |
erst USAF,
dann RAF, Laarbruch |
9, 14, 17 Sqn,
Brüggen |
auf FlgH |
erst Det 13/304th MMS bzw.
7363rd MUNSS, dann RAF, Brüggen |
14 Sqn,
Wildenrath |
auf FlgH |
erst USAF,
dann RAF, Wildenrath |
3 Sqn,
Geilenkirchen |
auf FlgH (bis
1968) |
erst USAF,
dann RAF, Geilenkirchen |
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Koninklijke
Luchtmacht: |
311 & 312 Sqn,
Volkel/NL |
auf FlgH |
7362nd MUNSS,
Volkel/NL |
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Belgische
Luchtmacht / Force Aérienne Belge: |
10 WTac,
Kleine Brogel/BE |
auf FlgH |
7361st MUNSS/52nd TFW,
Kleine Brogel/BE |
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Nach Ende des Kalten Krieges wurde die Anzahl der für die
NATO-Partner vorgehaltenen Atomwaffen deutlich reduziert. Als Folge des
Abzugs der nuklearen Sprengköpfe konnten zahlreiche Sondermunitionslager
geschlossen werden.
Die Nukleare Teilhabe besteht noch heute. Allerdings werden jetzt nur
noch, in stark reduziertem Umfang, Abwurfmittel für fliegende Verbände
der Luftstreitkräfte vorgehalten. In Niedersachsen gibt es keine Atomwaffen
mehr.
Zustand:
Die Nike-Hercules-Stellungen sind bereits Ende der 1980er Jahre nach
Ablösung des Systems umgebaut oder freigezogen worden. Es lassen sich
noch diverse Anlage finden, der Zustand schwankt dort von gut erhalten
bis völlig verkommen.
Obwohl das Sondermunitionslager Uthuisen bereits 1972 seine ursprüngliche
Funktion verlor, ist es durch anderweitige Folgenutzung noch heute in
originalem Zustand aufzufinden. Auch der QRA-Bereich
auf dem Fliegerhorst Hopsten-Dreierwalde läßt seine besondere Aufgabe
weiterhin erkennen.
Zugang:
Nahezu alle ehemaligen
Atomwaffenlager, sowie QRA- und FlaRak-Stellungen sind nach wie vor nicht
zugänglich.
Hinweis:
Eine Seite auf USArmyGermany.com stellt die 5th USAAG detailliert
vor:
https://www.usarmygermany.com/Units/Ordnance/USAREUR_5th%20USAAG.htm
Das Det 3/50th TFW aus
Rheine-Hopsten im Internet:
https://www.det3.org |
Fotos:
Die Infrastruktur der Sonderwaffenbereiche in Nike-Hercules-Stellungen:
Mit dem LRSP wurde
unmittelbar am Tor zum Sicherheitsbereich ein sehr massives Bereitschaftsgebäude
mit Wachturm errichtet
Ein ursprüngliches Guardhouse der US Army vor dem Zugang zum Sicherheitsbereich
Die Ruine eines Guardhouse in anderer Bauweise
Absicherung durch zusätzlichen Doppelzaun in der ohnehin stark gesicherten FlaRak-Stellung
Das Bereitschaftsgebäude ist in Betonbauweise errichtet worden
Wachturm in Stahlbauweise
Blick auf eine Sektion im Sicherheitsbereich der Stellung Ristedt
Einer von zwei seinerzeit mit Atomsprengköpfen bestückten Nike-Shelter
Zum Herstellen der Startbereitschaft wurden die Raketen auf Laufschienen
vor die Halle geschoben
Im Inneren der Halle deutet nichts auf die ehemals brisante Beladung
hin
US-Liegenschaften:
Die Unterkunft eines USAFAD-Teams
vor der IFC Ristedt
Unterkunft USAFAD-Team
nahe der IFC in Varrelbusch
Funkturm der Netze ECCCS und
Cemetery Net in der Hülsmeyer-Kaserne, Barnstorf-Eydelstedt
Waffensysteme
Boden-Luft-Raketen:
FlaRakSys Nike-Hercules
Eingesetzt von:
Boden-Boden-Raketen:
FKSys Pershing
I
Eingesetzt von:
Marschflugkörper:
GLCM BGM-109G
Gryphon
Eingesetzt von:
Jagdbomber:
Lockheed F-104G Starfighter
Eingesetzt von:
SEPECAT Jaguar
Eingesetzt von:
Panavia PA-200 Tornado
Eingesetzt von:
Atombombe B-61 unter Starfighter
Eingeplant für:
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