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Rubrik: Schießplätze / Übungsplätze Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Die Standortschießanlage Verden-Borstel
 Bis 1945: 
In der Stadt Verden hatte die Stationierung des Militärs eine lange Geschichte. Eine erste kleine Kaserne stand schon seit dem 18. Jahrhundert am Nikolaiwall, nach ihrem Erbauer „von Ramdohr-Kaserne“ genannt. Die Unterbringungskapazitäten dieses nur aus einem Block bestehenden Objektes reichten jedoch nicht lange aus.
Im 19. Jahrhundert wuchs die Garnison deutlich an. Ab 1828 ist nahe dem heutigen Bahnhof die größere „Holzmarkt-Kaserne“ errichtet worden, sie erhielt 1938 den Namen Gibraltar-Kaserne. Als nächstes folgte ab 1893 östlich außerhalb des Stadtgebietes die „Lindhoop-Kaserne“. Diese bestand überwiegend aus einfachen Baracken. Ab 1938 trug sie den Namen Dettingen-Kaserne.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, kamen im Rahmen der allgemeinen Aufrüstung in den 1930er Jahren zwei weitere Kasernen dazu. In sehr kurzer Bauzeit ist 1936 die „Brunnenweg-Kaserne“ entstanden. Ab 1938 hieß sie Nampcel-Kaserne. Zur gleichen Zeit ist unmittelbar an die Dettingen-Kaserne angrenzend die Kolberg-Kaserne errichtet worden. Sie konnte 1937 bezogen werden.

Mit der steigenden Bedeutung der Garnison wurden natürlich auch entsprechende Einrichtungen für die Ausbildung der Truppe erforderlich. Schon im 19. Jahrhundert ist ein Exerzierplatz angelegt worden. Er lag auf halber Strecke zwischen Verden und Kirchlinteln. Durch die im Laufe der Jahre ansteigende Zahl in Verden beheimateter Verbände, mußte auch die Fläche des Übungsplatzes mitwachsen.
Die Einrichtung eines Schießstandes wurde bald erforderlich. Etwa 1895 ist am Rand des Dorfes Borstel eine solche Anlage aufgebaut worden. So verdichteten sich im Laufe der Zeit die militärischen Liegenschaften von Verden am Ostrand der Stadt.

In der ursprünglichen Form war der Schießstand einfach gehalten. Genaue Angaben über dessen Beschaffenheit liegen nicht vor. Allein die Daten über spätere Ausbauten zeigen aber, daß in der ersten Zeit nur wenig an besonderer Infrastruktur errichtet worden ist.
In den 1930er Jahren wurde der Schießstand deutlich erweitert. Zwischen 1936 und 1938 führte der Reichsarbeitsdienst (RAD) diverse Arbeiten aus. Neu errichtete man ein Aufenthaltsgebäude für Mannschaften und ein Wohnhaus für den Platzwart. Dazu kam ein Stall für Pferde. Zu dieser Zeit gab es in der Wehrmacht noch eine größere Anzahl Verbände, die mit Pferden ausgestattet waren.
Die Langwaffenbahnen des Schießstandes wurden ausgebaut und verlängert. Die einzelnen Schießbahnen waren voneinander auf ihrer gesamten Länge durch Erdwälle getrennt. Im vorderen Bereich der Anlage standen vier Kurzwaffenbahnen. Man hat massive Kugelfänge und Abweiser errichtet. Der Schießstand bekam so einen moderneren Zuschnitt, wenngleich heutige Anforderungen an Sicherheitszone und Lärmschutz längst nicht erfüllt worden sind.

Bis zum Ende des II. Weltkrieges hat die Wehrmacht den Schießstand intensiv genutzt. Britische Verbände beendeten den Krieg für die Stadt mit ihrem Einmarsch am 17. April 1945. Die Liegenschaften der Garnison Verden, so auch der Schießstand in Borstel, kamen weitgehend unbeschadet über das Kriegsende.

 Ab 1945: 
Nach Ende des Krieges verwendeten die Alliierten die deutschen Kasernen zunächst als Sammellager. In der Gibraltar- und der Dettingen-/Kolberg-Kaserne wurden Displaced Persons untergebracht. In der Nampcel-Kaserne quartierte man polnische Offiziere ein, die zuvor aus dem Stalag X B, Sandbostel befreit worden sind.
Schon ab 1948 gab es in den Kasernen dauerhafte Stationierungen von Verbänden der British Army. Die Garnison wurde zum Sitz des Stabes von Divisionen der Briten. Deren Bezeichnung wechselte anfangs, allerdings ist nur der Name verändert worden, die Truppe blieb stets die gleiche.
Im März 1949 wurde das Hauptquartier der 7th Armoured Division in der Nampcel-Kaserne am Brunnenweg untergebracht. Das Objekt bekam von den Briten nun den Namen Sheil-Barracks. Die Dettingen- und die Kolberg-Kaserne an der Lindhooper Straße wurden unter dem neuen Namen Caithness-Barracks zusammengefaßt. Darin quartierte man das Signal Regiment der Division ein. Im April 1958 erhielt die Division die Bezeichnung 5th Armoured Division. Doch schon im Juni 1960 änderte sich der Name erneut. Nun hieß der Großverband 1st Armoured Division. Bis zum Abzug der Britischen Streitkräfte aus Verden im Jahre 1993 sollte sich daran nichts mehr ändern.

Die Briten nutzten auch wieder den Schießstand in Borstel für das Training der Soldaten. Im Laufe der folgenden Jahre kamen weitere Nutzer dazu. Die Bereitschaftspolizei Bremen fuhr für einige Jahre zum Schießen nach Borstel, da andere Anlagen in der Umgebung Bremens nicht mehr zur Verfügung standen.
Nach Aufstellung der Bundeswehr errichtete man auch im Landkreis Verden neue Garnisonen für die junge Truppe. Bereits im November 1957 trafen in der neu gebauten Kaserne auf dem Gelände des ehemaligen Kriegsmarinetanklagers Achim die ersten Bundeswehrsoldaten ein. Im Januar 1959 bezog das Panzerbataillon 33 die neuentstandene Niedersachsen-Kaserne in Dörverden-Barme. Im Mai 1959 konnte die Standortkommandantur Verden das Wachgebäude der Gibraltar-Kaserne in der Stadt beziehen.
Den Soldaten des Standortes Dörverden stand ab Mai 1961 eine neue Standortschießanlage in der Nähe ihrer Kaserne zur Verfügung. Die Einheiten aus Achim marschierten dagegen noch für mehrere Jahre zur alten Standortschießanlage Verden-Borstel. Die fast 20 km Entfernung mußten dabei überwiegend per Fußmarsch zurück gelegt werden. Auf dem östlich des Schießstandes liegenden alten Übungsplatz hatte die Truppe dabei häufiger biwakiert.

Der Schießstand in Borstel sollte keine Zukunft haben. Aufgrund des dort entstehenden Schießlärms war der Stadt Verden daran gelegen, ihn baldmöglichst außer Betrieb zu nehmen. Schließlich wuchs auch der Flächenbedarf des Ortes weiter an. Im Laufe der Jahre waren neue Wohnsiedlungen immer näher an das Objekt herangerückt.
Für die Garnison Achim konnte 1965 bei Haberloh eine neue Standortschießanlage in Betrieb genommen werden. Auch die Briten bestanden nicht mehr auf den Erhalt des Schießstandes in Borstel. 1969 stellte das Militär den Betrieb auf der Liegenschaft daher ein.
Mehrere Teile des Schießstandes sind in der folgenden Zeit abgerissen worden. Die Erdwälle und zwei größere Kugelfänge blieben jedoch stehen. Am Westrand entstand später ein Spielplatz, der Rest des Geländes wurde von der Natur zurückerobert.

 Zustand: 
Durch die erhaltenen großen Kugelfänge der Kurzwaffenbahnen ist der Schießstand weiterhin als solcher zu erkennen. Daneben sind die Erdwälle der Langwaffenbahnen unverkennbar. Die Anlage ist jedoch im Laufe der Jahrzehnte stark zugewachsen.

 Zugang: 
Der Bereich der früheren Standortschießanlage Borstel ist zugänglich, Privatgrundstücke natürlich ausgenommen.
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Kurzwaffenbahnen
Erst wenn der Herbst dafür sorgt, daß die Blätter fallen, kann man die großen Kugelfänge der Kurzwaffenbahnen voll erfassen.

Kugelfang
Der rechte Kugelfang.

Rückseite
Die Rückseite des Kugelfangs.

Kugelfang
In früheren Zeiten waren die Fänge mit Sand befüllt, um die Geschosse abzubremsen.

Hinterer Kugelfang
Der hintere von zwei erhaltenen Kugelfängen.

Klinkerfassaden
Zum Schutz waren die Klinkerfassaden zusätzlich mit Holz abgedeckt.

Wandstärke
Ein Loch zeigt die relativ schwache Wandstärke der betonierten Flanke.

Langwaffenbahnen
Die Langwaffenbahnen mit teilweise über 400 m langen Erdwällen.

Kugelfänge
Die Kugelfänge am Ende der Langwaffenbahnen wurden abgerissen.

Abweiserwand
Reste einer gesprengten Abweiserwand aus Beton.

Spielplatz
Hier ist der Erdwall einer Langwaffenbahn in den Spielplatz integriert worden.

Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Karl-Heinz Hildebrandt: Chronik des Bundeswehr-Standortes Achim, Steuben-Kaserne
- Jürgen Siemers: Die Stadt Verden (Aller) - Eine Garnisonsstadt mit Tradition
- Graham E. Watson, Richard A. Rinaldi: The British Army in Germany (BAOR and after)
- BAOR-Locations: Verden-Garrison
 
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