Bis
1945:
Grundsätzliches über den Luftschutz in Bremen ist auf der Themenseite zu
lesen.
Das Gebiet von Bremen-Nord ist in der ersten Phase des Bunkerbaus stets benachteiligt
worden. Vorrang hatten in der Hansestadt zunächst die dichtbesiedelten
Stadtteile. Im Bereich Nord war die Bebauung überwiegend aufgelockerter,
daher wurden die Prioritäten in der ersten Zeit auf Bremen-Stadt fokussiert.
Die Gefährdung war in den Nordbremer Stadtteilen aber fast ebenso hoch.
Hier befanden sich verschiedene bedeutende Industriewerke. Darunter sind
die große Werft „Bremer Vulkan“ sowie der Betrieb „Bremer Wollkämmerei“
zu nennen. Außerdem ist am Nordrand schon vor Beginn des II. Weltkrieges
das Wifo-Tanklager
Bremen-Farge errichtet worden. Unmittelbar daran angrenzend befand sich die Baustelle eines Großtanklagers der Kriegsmarine.
Es waren zwar fünf öffentliche Hochbunker und zwei Krankenhausbunker
geplant. Realisiert hat man aber nur einen einzelnen Luftschutzbunker
im Stadtteil Burglesum, siehe auch Seite Luftschutzbunker
- Anmerkungen.
So umfaßte der Luftschutz in Bremen-Nord lediglich diverse öffentliche
Luftschutzräume, die überwiegend in Kellern größerer Häuser eingerichtet
waren. Dazu kamen einzelne Sonderbauten,
die durch ca. 25 Massive Deckungsgräben ergänzt wurden. Alle diese Objekte
galten als nicht bombensicher, einem Direkttreffer hätten sie nicht standhalten
können.
Wegen der immer knapper werdenden Baumaterialien ergab sich
als brauchbare Alternative die Schaffung von Luftschutzstollen. Hierbei
ist der Bedarf an Rohstoffen deutlich geringer gewesen. Voraussetzung
war ein möglichst fester Untergrund, der genügend Überdeckung oberhalb
des Grundwasserspiegels bot. Solche Gegebenheiten gab in der Hansestadt
nur in der Region Bremen-Nord. Hier befinden sich entlang der Flüsse
Weser und Lesum Höhenzüge, die zum Gewässer hin teilweise sogar ein Steilufer
aufweisen.
Geschaffen werden konnten in diesem Umfeld hauptsächlich bergmännisch
direkt in die Hänge getriebene sogenannte Hangstollen. Seltener war der
Vortrieb von Tiefstollen, über senkrecht in den Boden gegrabene Zugangs-Schächte.
Im Jahr 1943 begannen die Planungen und Arbeiten für zunächst
zehn Luftschutzstollen mit fast 21.000 Schutzplätzen. Ein Aspekt der
die zuständigen Behörden auf vordringlichen Bedarf brachte, war der Baubeginn
der U-Boot-Bunkerwerft „Valentin“ ab Sommer des Jahres. Das für den Bau von Luftschutzanlagen zuständige Luftschutzbauamt
Bremen richtete vor Ort als Außenstelle eine Sonderabteilung für den
Stollen-Bau ein. Anfang 1944 wurde diese Abteilung dem Bauamt Bremen-Lesum
unterstellt.
Die zehn geplanten Bauvorhaben erhielten die Bezeichnungen BS1 bis BS10.
BS stand für Bunkerstollen; mit der Bezeichnung Bunker schuf man eine
Klassifizierung bombensicherer Luftschutzbauten. Zur Umsetzung des Vorhabens
kam es bei nur fünf Stollen. Dafür erfolgten in nächsten Schritten Planungen
für sechs weitere Objekte, die ebenfalls nicht alle begonnen wurden.
Die Werft „Bremer Vulkan“ baute im Rahmen des Werkluftschutzes ein eigenes
Stollensystem auf ihrem Werksgelände. Insgesamt gab es am Ende elf Luftschutzstollen
in Bremen-Nord, siehe dazu die Auflistung unten auf dieser Seite.
Die bergmännisch vorgetriebenen Stollen mußten zur Stabilisierung
abgestützt werden. Angestrebt wurde, dieses in Massivbauweise mit Rahmen
aus Eisenbeton auszuführen. Auf mehreren Firmen-Grundstücken hat man
Produktionsanlagen für Betonrahmen betrieben. Hierfür sind entsprechende
Materialien benötigt worden, die aufgrund des kriegsbedingten Materialmangels
zeitweilig nicht rechtzeitig zugeliefert werden konnten.
Behelfsweise kam in einzelnen Stollen-Anlagen ersatzweise Holz von schlechterer
Qualität zum Einsatz; für einen Stollen in Vegesack und das Objekt BS9
in Rönnebeck ist dieses belegt. Die Holzabstützung brachte aber recht
schnell Probleme. Bereits nach rund 4 Monaten war ein Seitenstollen in
Rönnebeck einsturzgefährdet. Die Durchfeuchtung des über dem Stollen
liegenden Bodens erhöhte dessen Gewicht erheblich, außerdem begann das
Holz durch die Feuchtigkeit schnell zu faulen.
Die Bauvorschriften forderten Stollenprofile von mindestens 1,65 m Breite
und 2,30 m Höhe. Die Breite hat man für den jeweiligen Bedarf angepaßt.
So sollten möglichst an beiden Wänden Sitzbänke aufgestellt werden, teilweise
waren drei Sitzreihen vorgesehen.
Damit in Eile zuströmende Menschen möglichst schnell in die Stollen gelangen
konnten, mußten stets mehrere Zugänge geschaffen werden. Die meisten
Hangstollen bekamen an ihrem hinteren Ende weitere Eingänge, die von
der Oberfläche über lange Treppen zu den Stollen herab führten. Für die
Zugänge war besonderer Schutz erforderlich. Ein vorgesetztes Eingangsbauwerk,
oder 90°-Winkel im Verlauf des Stollens, hatten das direkte Eindringen
von Splittern und Druckwellen abzufangen. Auch Gasschleusen sind hier
einzurichten gewesen.
Gängig war die Bauart, bei der mehrere Zugangsstollen gerade in den Hang
getrieben wurden. Im rechten Winkel zweigten davon mehrere Querstollen
ab, die die Zugangsstollen miteinander verbanden. Einfache Objekte, wie
BS11 in Vegesack, erstreckten sich über lediglich gut 100 m. Es gab aber
auch komplexe und weitläufige Stollensysteme. Für BS12 in Blumenthal
waren über 1000 m Stollenlänge geplant, die man allerdings nicht komplett
realisierte.
Ein Bericht vom 22. Februar 1944 besagte, daß fünf Objekte
begonnen worden sind. Dieses verteilte sich auf drei in Massivbauweise:
in den Ortsteilen Grohn und Blumenthal, sowie auf dem Gelände der Werft
„Bremer Vulkan“ und zwei in Holzbauweise: in den Ortsteilen Vegesack
und Rönnebeck. Bereits am 7. März 1944 gab es 3.000 nutzbare Schutzplätze.
In der letzten Meldung des Luftschutz-Bauamtes vom August 1944 wird berichtet,
daß insgesamt 1.906 laufende Meter Luftschutz-Stollen zur Verfügung stehen.
Zurückblickend kann gesagt werden, daß man durch die Luftschutzstollen
in Bremen-Nord eine recht gute Alternative zu den Hochbunkern geschaffen
hatte. Mit vergleichsweise geringerem Aufwand konnte eine relativ hohe
Zahl Schutzplätze geschaffen werden, die vielen Menschen das Überleben
im Bombenkrieg sicherte.
Ab 1945:
Während die Luftschutzbunker in der Nachkriegszeit oft eine neue Nutzung
erfuhren, oder später wieder in die Zivilschutzbindung kamen, blieben
die Luftschutzstollen sämtlich für lange Jahre ungenutzt liegen. Regelmäßig
mußten die Objekte auf Standfestigkeit geprüft werden. Den verfügbaren
Lageplänen nach gab über die Jahre mehrere Verfüllungen von einzelnen
Stollen. Mehrere Stollensysteme hat man komplett versiegelt. Es ist
dort nicht erkennbar, ob die Stollen weiterhin als Hohlräume vorhanden
sind.
Gravierende Änderungen ergaben sich schon bald nach dem Krieg bei der
Anlage auf dem Werksgelände des „Bremer Vulkan“. Zur Vergrößerung der
nutzbaren Betriebsfläche wurde der Hang, in dem auch das Stollensystem
lag, um bis zu 30 m zurück gesetzt. Dadurch entfiel die entsprechende
Länge in den Zugangsstollen. Auch der erste Querstollen verschwand dabei
fast vollständig. Immerhin blieb die restliche Anlage erhalten. Die vorher
fünf Zugänge sind auf nur noch einen reduziert worden.
Im Rahmen der Aktivitäten zur Schaffung von Schutzräumen des
Zivilschutzes während des Kalten Krieges wurden zahlreiche Luftschutzbunker
aus dem II. Weltkrieg reaktiviert und nach moderneren Gesichtspunkten
hergerichtet. In den 1970er Jahren kamen dafür auch wieder einzelne Luftschutzstollen
in den Blick der Planer. Allerdings sind bauliche Maßnahmen nur in kleinerem
Umfang durchgeführt worden.
Am umfangreichsten ist man beim größten Stollen BS12 in Blumenthal vorgegangen.
Auf dem Hof der Schule Fresenbergstraße entstand ein neues Zugangsbauwerk,
daß über Treppen herab in das Stollensystem führte. Ein weiterer Zugang
hinter der früheren Sparkasse an der Landrat-Christians-Straße wurde
erneuert. Die Baumaßnahmen sollen jedoch später abgebrochen worden sein.
Die nordbremischen Luftschutzstollen gerieten 2011 in die
Schlagzeilen der örtlichen Presse. Regelmäßig durchgeführte Begehungen
hatten ergeben, daß das Stollensystem unter dem Blumenthaler Ortskern
Maßnahmen zur Stabilisierung bedürfe, um eine Einsturzgefahr abzuwenden.
Letztendlich wurde auf den Erhalt der Stollen verzichtet. Bis zum Ende
des Jahres hat man die Hohlräume komplett mit einem Wasser-Zement-Kalkstein-Gemisch
verfüllt und am Ende die Zugänge abgerissen. Nach Aussage der verantwortlichen
Stellen soll für die anderen Luftschutzstollen keine Gefahr bestehen.
Erläuterung
der Tabelle:
Die unten aufgeführte Tabelle enthält sämtliche Luftschutzstollen innerhalb
der Stadtgrenze von Bremen. Die Auflistung stützt sich hauptsächlich
auf Unterlagen des Staatsarchivs Bremen. Darin gibt es allerdings mehrfach
widersprüchliche Angaben, insbesondere die Bezeichnungen der Objekte
betreffend.
- Spalte „Nr.“: Enthält alle ermittelten offiziellen Kennungen
der Objekte aus Zeiten des II. Weltkrieges. Das Kürzel BS bedeutet
„Bunkerstollen“.
- Spalte „Straße / Standort“: Die Straßennamen sind nach
heutigem Stand angegeben - die Bezeichnungen lauteten früher in einigen
Fällen anders.
- Spalte „Stollentyp“: Die Angabe der Platzzahl bezieht
sich auf die regulär eingeplanten Werte. In der Praxis wurden die Stollen
teilweise stark überbelegt.
Weiterführendes:
Ein Link auf das Angebot von Google Maps, um die folgenden Straßenangaben
nachvollziehen zu können:
Google
Maps
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Fotos:

Der Abstieg zum Stollensystem unter dem Blumenthaler Ortskern. Dieser
Zugang in der Fresenbergstraße wurde 2011 nach Verfüllung der Stollen
beseitigt.

Später war an gleicher Stelle eine Sandkiste zu finden.

Im Dillener Park steht ein Belüftungsschacht, oberhalb des Stollens „Bürgermeister-Dehnkamp-Weg“.

Im Knoops-Park. Am oberen Rand des Bildes ist ein Betonstreifen zu erkennen.
Die Oberkante des früheren Zugangs.

Der Hang auf dem Gelände des „Bremer Vulkan“ wurde nach dem II. Weltkrieg
zurück gesetzt.

Die neue Spundwand zeigt bei der Durchschneidung des ersten Querstollens
Beton statt Stahl.

Ein Belüftungsschacht oberhalb des „Bremer Vulkan“.

In die Befestigung des Hangs integriert befindet sich der Zugang des
LS-Stollens „Am Wasser“.

In der Grünanlage oberhalb des Stollens „Am Wasser“ ist dieser Belüftungsschacht
zu finden.

Rechts ehem. Bauamt Bremen-Lesum, links im Grün war der Zugang zum Stollen
BSP.

Im abgebildeten Hang an der Bürgermeister-Wittgenstein-Straße sollte
ein Zugang zum Stollen BS16 gebaut werden.
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