Bis
1945:
Im Jahre 1936 fand die Inbetriebnahme des am Westrand der Stadt Göttingen
gelegenen Fliegerhorstes statt. Er ist hauptsächlich als Platz für Wartung
und Reparatur genutzt worden, ein Luftzeugamt war angeschlossen. Der Flugbetrieb
wurde auf Grasnarbe abgewickelt, lediglich die Hallenvorfelder waren betoniert.
Der Deckname des Fliegerhorstes zu Kriegszeiten lautete „Helenental“. An
fliegenden Verbänden sind in Göttingen kaum Kampfeinheiten dokumentiert.
Im August 1939 ist hier der Fliegerforstschutzverband aufgestellt worden,
später als Erprobungskommando 40 bezeichnet. Für einen kurzen Zeitraum
im Juni 1941 verlegt das Kampfgeschwader 2 „Holzhammer“, ausgerüstet mit
Dornier Do 17Z-Bombern, mit dem Stab und der I. und II. Gruppe nach Göttingen.
Der Fliegerhorst hatte allerdings eine sehr spezielle Bedeutung, hier wurde
während des Krieges der ungewöhnliche Luftfahrzeugtypus der Nurflügel-Flugzeuge
entwickelt und erprobt. Die Gebrüder Horten beschäftigten sich in ihrer
Heimatstadt Bonn bereits seit Anfang der 1930er Jahre mit der Konstruktion
dieser unkonventionellen Flugzeuge. Zunächst waren es Segelflugzeuge, die
Ho I - Ho IV und Ho VI, sowie die motorisierte Ho V. Von allen Typen entstanden
nur einzelne bzw. wenige Exemplare. Während des II. Weltkrieges wurden
die weiteren Arbeiten unter der Protektion der Luftwaffenführung in Richtung
militärischer Flugzeuge geführt, die Entwicklungen fanden jetzt in Göttingen
statt. Es entstanden Prototypen des zweistrahligen Kampftrainers Ho VII
sowie des sechsstrahligen Bombers Ho VIII. Am weitesten gediehen ist das
Projekt der, mit zwei Turbinen bestückten, Ho IX, die von der Gothaer Waggon-Fabrik
unter der offiziellen Bezeichnung Gotha
Go 229 in Versionen als Jäger und Jagdbomber gebaut werden sollten. Von
1941 bis 1944 war auf dem Fliegerhorst das Erprobungskommando 9 der Luftwaffe
mit der Entwicklung dieses Flugzeuges beschäftigt. Zu der in Gotha geplanten
Serienfertigung kam es jedoch bis zum Kriegsende nicht mehr.
Für die Aerodynamische Erprobung war Göttingen prädestiniert, hier befand
sich in der Bunsenstraße seit 1909 die „Aerodynamische Forschungsanstalt“
(AVA), welche auch für die Rüstung diverse Versuche und Entwicklungen im
Bereich Strömungsforschung betrieb. Darein fielen auch Waffensysteme wie
die V 1, die im werkseigenen Windkanal mitentwickelt wurde.
Ab
1945:
Nach dem Ende des II. Weltkrieges ist der Flugplatz entmilitarisiert
worden. Das frühere Flugfeld wurde anfangs als Segelfluggelände genutzt,
dann aber nach und nach von Industrie- und Gewerbebetrieben bebaut. Lediglich
eine der historischen Flugzeughallen blieb stehen, sie wird von einer
Spedition als Lager genutzt. Die früheren Verwaltungsgebäude des Flugplatzes
am Haupttor sind heute von der Geschwister-Scholl-Gesamtschule belegt.
Aus der AVA Göttingen entwickelte sich nach dem Krieg das Max Planck-Institut
für Strömungsforschung.
Zustand:
Nur schwer lassen sich heute historische Gebäude erkennen. Im Ostteil
des früheren Fliegerhorstes sind mehrere Bauten in der Geschwister-Scholl-Gesamtschule
zu finden, weitere Baracken- und Lagergebäude liegen vereinzelt zwischen
moderneren Häusern.
Zugang:
Abgesehen von Privatgrundstücken kann das Gelände des früheren Fliegerhorstes
frei begangen werden.
Hinweis:
Für alle Flugplätze gilt:
Über die Flughäfen der Luftwaffe ist ein Buch mit zahlreichen zeitgenössischen
Standort-Skizzen erschienen:
Titel: Fliegerhorste
Autoren: Karl Ries und Wolfgang Dierich
Verlag: Motorbuch
ISBN: 3-613-01486-6
In diesem Buch ist vom Flugplatz Göttingen eine Skizze enthalten! |
Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Fotos:
Der frühere Sitz der Flugplatz-Kommandantur und -Verwaltung beherbergt
heute die Geschwister-Scholl-Gesamtschule
Weitere Bauten der Geschwister-Scholl-Schule
Ein großes Lagergebäude
Unverkennbar historische Barackenbauweise
Ein weiteres historisches Bauwerk im Ostbereich des Fliegerhorstes
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