Bis
1945:
Bereits im Herbst des Jahres 1926 war Baubeginn für einen kleinen zivilen
Landeplatz, er befand sich in der Nordwestecke des späteren großen Flugfeldes.
Am 10. Juni 1926 folgte die offizielle Einweihung des Verkehrsflugplatzes,
Betreiber wurde die Lufthansa. Hildesheim wurde in die tägliche Verbindung
Hannover-Berlin eingebunden. Später kamen auch Verbindungen zu den Nordseeinseln,
nach München und sogar nach Venedig dazu. Mit der Weltwirtschaftskrise
brach aber das Flugaufkommen stark ein, es wurde ruhig auf dem Flugplatz.
Nach
der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 begannen aber wieder
neue Aktivitäten auf dem Gelände. Erste Bauarbeiten begannen, um hier
den Fliegerhorst Hildesheim entstehen zu lassen. Die Maßnahmen sind anfänglich
noch getarnt durchgeführt worden, offiziell sollte hier eine Verkehrsfliegerschule
angesiedelt werden. Ein Vorkommando der Luftwaffe bezog 1934 den Platz.
Am 1. Juli des Jahres ist in den entstehenden Kasernenanlagen die „Fliegerschule
der Deutschen Luftfahrt GmbH“ aufgestellt worden. 1935 fiel die Tarnung,
der Flugplatz wurde ab jetzt als Fliegerhorst bezeichnet, sein Deckname
lautete „Hummel“. Gleichzeitig hat man die Fliegerschule in „Aufklärerfliegerschule
der Luftwaffe“ umbenannt, sie blieb bis in den September 1939 im Westteil
der Kaserne stationiert. Der Verband war mit den verschiedensten Flugmustern
ausgerüstet, von kleinen Focke-Wulf Stieglitz bis zur großen Junkers
Ju 52.
Am 1. Oktober 1934 ist im Ostteil der Kaserne die Fliegerbildschule Hildesheim
aufgestellt worden. Dieser Verband blieb bis zum Kriegsende hier stationiert.
Auch diese Schule besaß für ihre Ausbildungszwecke diverse Flugzeugtypen,
von der Messerschmitt Bf 108 bis zur Dornier Do 17-E 1. In das Wirken
dieser Einheit fielen einige für die Geschichtsforschung aufsehenerregende
Entdeckungen. Mit Hilfe stereoskopischer Aufnahmen konnte im März 1937
die Lage der bislang nicht aufzufindenden Kaiserpfalz bei Werla/Oker
ausfindig gemacht werden. Auch später, nach der Besetzung Griechenlands,
sind bei Übungsflügen dort 1940 die verschütteten Hafenanlagen von Korinth
wiederentdeckt worden.
Eine Teileinheit der Fliegerbildschule war das Lehrkommando für Großflächenbildflug.
Diese Spezialisten erstellten mit ihren Heinkel He 111, Junkers Ju 52
und Ju 88 Präzisions-Großflächenbilder, aus denen Karten für die Kriegsführung
an allen Fronten entstanden. Unter anderem hatte man die Cyrenaika in
Lybien, den Balkan und viele Abschnitte an der Ostfront erfaßt. Das LehrKdo
ist am 15.10.43 zur eigenständigen Luftbildstaffel 1 umgegliedert worden.
Im Spätsommer 1944 erfolgte aus Sicherheitsgründen die Auslagerung von
Flugzeugen und Gerät auf den Ausweichplatz Wrisbergholzen, rund 18 Kilometer
südlich gelegen. Dort kam der Stab in einer Jugendherberge unter, die
Flugzeuge wurden am Waldrand abgestellt. Eine interessante Begebenheit
am Rande: 14 Tage nach der Besetzung von Wrisbergholzen durch die US
Army landete eine He 111 der Staffel aus Norwegen kommend in Unkenntnis
der Lage auf dem Platz. Die Besatzung
wurde von Anwohnern versteckt.
Eine weitere wichtige Phase für den Fliegerhorst Hildesheim begann am
2. November 1939. Zu diesem Zeitpunkt bezog die „Sturmabteilung Koch“
die Kasernen. Die Soldaten gehörten zur streng abgeschirmten neuen Fallschirmjägertruppe.
Diese wurde hier ausgebildet für den bevorstehenden Westfeldzug, die
Hildesheimer Truppe sollte das Belgische Sperrfort Eben Emael erobern.
Zum Trainieren ist auf einem Übungsplatz in der Nähe ein Feld mit den
Umrissen des Fort abgesteckt worden, worauf sie das Landen übten. Ausgerüstet
waren die Fallschirmjäger mit DFS 230-Lastenseglern, die von Ju 52 geschleppt
wurden. Die Abteilung Koch ist zum Fallschirmjäger-Regiment 1 erweitert
worden. Die gesamten Maßnahmen fanden unter strengster Geheimhaltung
statt. So wurden die Lastensegler mit Möbelwagen angeliefert und abgesetzt
am Nordrand des Flugfeldes in Hangars montiert. Am 9. Mai 1940 verlegte
das Regiment auf Fliegerhorste an der
Westgrenze Deutschlands. Am nächsten Tage folgte im Morgengrauen der
Angriff auf das Sperrfort.
Auch das Unternehmen „Merkur“ nahm von Hildesheim aus seinen Anfang.
Hierbei ging es um die Eroberung der Mittelmeerinsel Kreta. In diesem
Fall war Angriffsbeginn am 20. Mai 1941, nach schweren Verlusten wurde
das Ziel erreicht.
Weitere verschiedenste fliegende Verbände lagen während des II. Weltkrieges
auf dem Fliegerhorst Hildesheim. Darunter die IV. Gruppe des Kampfgeschwaders
51 „Edelweiß“, das hier von Ju 88 auf Me 410 umrüstete und umschulte,
sowie die II./ Zerstörergeschwader 26 zur Abwehr der alliierten Bomberflotten.
Zum Kriegsende hin befanden sich auch Jagdverbände auf dem Platz, die
aber wegen Spritmangel kaum noch zum Einsatz kamen. Auch bei den schweren
Bombenangriffen auf die Stadt im März 1945 waren die Jäger zur Untätigkeit
verdammt.
Februar und März 1945 lag die I. Gruppe des KG 200 in Hildesheim. Dieser
Verband war mit Beutemaschinen ausgerüstet, darunter drei Boing B-17
Flying Fortress und eine Consolidated B-24 Liberator der US Air Force.
Sie sollten unter höchster Geheimhaltung Sonderaufträge durchführen,
darunter das Absetzen von „Wehrwölfen“ mit Mordaufträgen hinter den feindlichen
Linien. Die Maschinen wurden am 6.4.45 zur Verlegung nach Fürstenfeldbruck
in Marsch gesetzt.
Am 7. April besetzte schließlich die US Army die Stadt, der II. Weltkrieg
war damit auch für den Fliegerhorst beendet.
Ab 1945:
Vertragsgemäß übergaben kurz nach Kriegsende die Amerikaner die Stadt
und den Flugplatz an die Briten. Die British Army nutzte die Unterkunftsbereiche
des Fliegerhorstes als Kaserne weiter. Der Ostteil des Anlage, die
frühere Fliegerbildschule, wurde 1962 an die Bundeswehr übergeben.
Im Westteil blieben bis 1993 Verbände der Briten stationiert, vor 1984
vorrangig Artillerietruppen, danach das 1. Armoured Regiment.
Im Ostteil brachte die Bundeswehr ab April 1962 die Heeresfliegerstaffel
1 unter. Sie konnte die in diesem Bereich befindlichen flugtechnischen
Anlagen und die Halle V für ihre Maschinen nutzen. Auch ein Aero-Club
bekam die Erlaubnis zur Durchführung seines zivilen Flugbetriebes. Die
Heeresflieger erlebten die vorübergehende Erweiterung auf Bataillons-Größe,
später wieder die Reduzierung zur Staffel. 1979 verlegte die Einheit
nach Celle-Wietzenbruch. Von der Bundeswehr waren ab 1971 auch Teile
des Sanitätsbataillons 1 in dieser Kaserne stationiert, nach Abzug der
Flieger zogen auch die restlichen Einheiten hierher um.
In den freigewordenen flugtechnischen Bereich der Bundeswehrkaserne verlegten
die Briten 1979 das 1. Army Air Corps, ein Verband mit vier Staffeln
Panzerabwehrhubschraubern. 1993 kam nach dem Ende des Ost-West-Konflikts
schließlich auch das Ende der militärischen Nutzung des Fliegerhorstes
Hildesheim.
Die Kasernenanlage wurde zu einem Gewerbegebiet umgewandelt. Das Flugfeld
wird schrittweise zu einem Verkehrslandeplatz der Klasse II ausgebaut,
dazu sind bereits eine befestigte Landebahn und Rollwege verwirklicht
worden.
Zustand:
Durch die bis in die 1990er Jahre andauernde ununterbrochene militärische
Nutzung des Fliegerhorstes Hildesheim blieben die meisten Gebäude in
einem hervorragenden Originalzustand erhalten. Auch in der jetzt anschließenden
zivilen Verwendung bleibt sehr viel historisches Ambiente unverändert,
dadurch ist dieser Flugplatz absolut sehenswert.
Zugang:
Das Flugbetriebsgelände
des Verkehrsflugplatzes darf nicht betreten werden. Die meisten früheren Betriebs- und Unterkunftsbereiche sind dagegen frei zugänglich,
ausgenommen natürlich Privatgrundstücke.
Hinweis:
Der heutige Verkehrsflugplatz Hildesheim ist im Internet präsent:
https://www.flugplatz-hildesheim.de
Dieses Buch beschreibt die Geschichte des Fliegerhorstes:
Titel: Geheime Kommandosache
Autor: Hermann Meyer-Hartmann
Verlag: Gebrüder Gerstenberg, Hildesheim
ISSN: 0943-5999 |
Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Fotos:
Das Stabsgebäude der Fliegerbildschule
Unterkunftsgebäude in der früheren Fliegerbildschule
Unterkunftsgebäude im Westteil
Im Unterkunftsbereich steht ein Gedenkstein für die Fallschirmjägertruppe
Ein Betriebsgebäude im Westbereich
Fahrzeughallen im Technischen Bereich
Der Tower neben der Halle V im Ostteil der Anlage, heute flugtechnischer
Bereich des Verkehrsflugplatzes.
Ein historischer Hangar in hervorragendem Erhaltungszustand
Die Rückseite des Hangars
Zwei weitere ehemalige Flugzeughallen im Westteil
Blick übers Flugfeld
|