Bis
1945:
Die offizielle Ortsbezeichnung der auf dieser Seite vorgestellten Anlage
lautete auf Lübberstedt. Allerdings befindet sich mehr als ein Viertel
der Liegenschaft im Norden in der Gemeinde Axstedt, einschließlich des
Haupttores und des Verwaltungsbereichs. Lübberstedt liegt 1 km östlich,
Axstedt 1 km nördlich der Anstalt.
Komplett hieß das Objekt Luft-Hauptmunitionsanstalt 2/XI Lübberstedt. Die
römische Ziffer XI steht für das Luftgaukommando XI, beheimatet in Hannover,
später Hamburg. Der größte Teil des heutigen Niedersachsen gehörte zu diesem
Gau. Gebräuchlich waren vor Ort die Kurzbezeichnungen Muna Lübberstedt,
Muna Axstedt und Muna Bilohe.
Zur
Einrichtung einer Munitionsanstalt bot das hier vorhandene Waldgebiet,
im Norden der Bremer Wald und im Süden der Forst Borghorst, beste Voraussetzungen.
Der dichte Baumbestand gab Sichtschutz gegen Luftaufklärung.
Am Ostrand steifte die Reichsbahnstrecke von Bremen nach Wesermünde bzw.
Bremerhaven das Gelände. Vom direkt angrenzenden Bahnhof Lübberstedt
konnte ein Anschlußgleis in die Muna gelegt werden, dieses ist seinerzeit
für Aufbau und Betrieb unbedingt erforderlich gewesen.
Der Bau der Anlage begann recht spät. Ende des Jahres 1939,
also nach Beginn des II. Weltkrieges, starteten die Arbeiten. Bis dahin
war der Bremer Wald ein beliebtes Ziel für Ausflügler aus Bremen, die
oft mit der Eisenbahn zum Bahnhof Lübberstedt fuhren. Das Areal wurde
nun für die Öffentlichkeit gesperrt und eingezäunt. Auch der Verbindungsweg
von Axstedt nach Bilohe war somit unterbrochen.
Insgesamt dehnte sich das Objekt über mehr als 400 ha aus,
damit gehörte Lübberstedt zu den besonders großflächigen Anstalten.
Das Haupttor siedelte man am Nordrand bei Wohlthöfen an. Hinter
der Hauptwache entstand der Verwaltungsbereich. Hier wurden die Kommandantur
und mehrere große Unterkünfte errichtet. Daran anschließend folgten diverse
Bauten, die für den Betrieb der Anlage erforderlich waren. Darunter befanden
sich unter anderem Feuerwehr, Werkstätten, Garagenhof, und ein Wasserwerk.
Die meisten Gebäude sind in eingeschossiger Bauweise ausgeführt.
Am Südrand ist der Arbeitsbereich für die Befüllung der Munition aufgebaut
worden. Die einzelnen Arbeitsschritte konnte man in separaten Bauwerken
durchführen. Ein weiterer Arbeitsbereich entstand im Norden. Hier fand
die Endmontage der Munition statt.
Die größte Fläche der Muna nimmt der ausgedehnte Lagerbereich ein. Mit
Schwerpunkten im Zentrum und im Westen entstanden über 100 Lagerbunker
zur Deponierung von Pulver, Zündern und fertiggestellter Munition. In
den meisten Fällen handelt es sich um Munitionshäuser des Typs 106 in
Standardbauweise. Diese verfügen über 250 m² Innenraum und konnten 30
t Explosivstoff aufnehmen. Sie haben zwei Zugänge und sind mit Erde überdeckt.
Mit Bepflanzung ergab sich ein guter Schutz gegen Luftaufklärung. Diese
Munitionshäuser gibt es ebenerdig stehend, sowie erhöht mit einer Verladerampe
davor.
Außerdem befinden sich ca. 12 wesentlich kleinere Zünderhäuser im Lagerbereich.
Sie verfügen über lediglich 50 m², weisen nur ein Tor auf und haben ebenfalls
eine Erdüberdeckung.
Die gesamte Munitionsanstalt wurde durch ein umfangreiches Wegenetz von
über 30 km Länge erschlossen. Das Anschlußgleis erstreckte sich über
rund 8 km und verzweigte bis in die beiden Fertigungsbereiche. Auch einzelne
Munitionshäuser standen direkt am Gleis, sodaß unmittelbar in Waggons
umgeladen werden konnte. Vermutlich ist in diesen Bauten entweder das
angelieferte Pulver vor der Verwendung deponiert worden, oder sie dienten
als Zwischenlager zwischen den beiden Fertigungsgebieten. Die Anstalt
verfügte über eine eigene Lokomotive für die Rangierarbeiten. Zu deren
Unterstellung war im östlichen Bereich ein Lokschuppen vorhanden.
Im Osten des Geländes gab es eine große Fläche, die als Ausbaureserve
zur Verfügung stand. Hier wurde jedoch bis zum Ende des Krieges nichts
mehr errichtet. Es ist aber möglich, daß in dem Bereich ein kleiner Sprengplatz
für Fehlchargen eingerichtet war.
Die Muna Lübberstedt nahm im Herbst 1941 den Fertigungsbetrieb
auf. Produziert wurde über die Jahre sehr unterschiedliche Munition,
hauptsächlich Bomben verschiedener Größe. Die kleinsten Typen sind Sprengbomben
SD 1 mit lediglich 0,76 kg und die 4 kg wiegende Hohlladungsbomben SD
4 HL gewesen. Weiterhin waren Bomben SD 10 mit 10 kg und die etwas kleinere
SD 10 C mit 8 kg Gewicht in der Fertigung. Mit den kleinen Bomben hat
man Abwurfbehälter bestückt, die damit zu Streubomben wurden. Der Abwurfbehälter
AB 250 faßte über 200 SD 1, der AB 500 konnte fast 400 davon aufnehmen.
Das Kürzel SD steht für „Sprengbombe Dickwandig“.
Mit ganz anderen Dimensionen lief die Produktion für Seefliegerkräfte.
Schwerpunktmäßig war diese Aufgabe der gut 30 km nordöstlich liegenden Lufthauptmunitionsanstalt
5/XI Hesedorf zugewiesen. Zur Unterstützung ist auch die Muna Lübberstedt eingebunden gewesen.
Hier erfolgte die Fertigung von schweren abwerfbaren Seeminen des Typs
BM (Bombenmine) 1000, sowie von Luftminen LMB I und LMB III. Diese schweren
Kaliber wogen fast eine Tonne. Für solche Bombentypen hat man einzelne
Fachleute von Hesedorf nach Lübberstedt versetzt.
Schließlich sind noch Flak-Granaten zu nennen. Sie wurden hier zeitweilig
mit den Kalibern 8,8 cm und 10,5 cm produziert. Für die Granaten waren
andere Maschinen erforderlich. Neben der Sprengstoffabfüllung in den
eigentlichen Geschossen, mußten auch die Kartuschen mit Treibladungen
bestückt werden.
Für den Zeitraum vom 7. Januar bis 1. Mai 1945 liegen Produktionszahlen
vor, die erstaunliche Dimensionen zeigen. In der Zeit wurden 270.092
Bomben SD 10 und SD 10 C gefertigt, und in 9.650 Abwurfbehälter AB 250-2
und AB 500 verpackt. Außerdem sind 31.856 Flak-Granaten 8,8 cm und 4.275
Flak-Granaten 10,5 cm abgefüllt worden. In dem Zeitraum trafen 395 Wagenladungen
über die Eisenbahn ein, und 1.079 Waggons mit Produkten verließen die
Munitionsanstalt.
Die Arbeitsschritte in der Füllanlage zur Bestückung von Bomben
und Granaten waren im Wesentlichen gleich. Für die fünf Takte stand meist
je ein Gebäude bereit. Diese sind miteinander über unterirdische Gänge
verbunden gewesen, in denen der Transport der Munition zum jeweils nächsten
Takt erfolgte.
Im Bau der Vorbereitung wurden die angelieferten Munitionskörper geprüft,
zur Befüllung schraubte man einen Trichter auf. Im anschließenden Schmelzhaus
fand die Abfüllung statt, hiervon sollen zwei Bauten bestanden haben.
Der Name beschreibt bereits das Verfahren. Durch Erhitzen ist der Sprengstoff
verflüssigt worden, um so gleichmäßig einfließen zu können. Als nächstes
stand die langsame Abkühlung im Heizgitterhaus an. Dort sind Heizstäbe
kontrolliert schrittweise entfernt worden. Durch diesen Vorgang verhinderte
man die Bildung von Hohlräumen in der Befüllung. Schließlich folgte die
Fertigstellung, in der die Munition gereinigt und geprüft wurde. Abschließend
trafen die Produkte im Versandhaus ein. Dort faßte man sie zu Chargen
zusammen. Je nach Bedarf wurde einiges für die Endmontage zum zweiten
Fertigungsgebiet transportiert, anderes kam zur Zwischenlagerung in die
Munitionshäuser.
Neben den vorgenannten, waren weitere Bauten in der Füllanlage für den
Betrieb wichtig. Im Salpetergebäude hat man die Pulversorten hergestellt.
Es wurde TNT mit Ammonsalpeter und Sysalz in vorgeschriebenen Mengenverhältnissen
gemischt. Etwas westlich abgesetzt steht noch heute die Ruine der Pulvermühle.
Hier fand die Aufbereitung der im Herstellungsprozeß angefallenen Sprengstoffreste
statt. Außerdem gab es am Ostrand der Füllanlage ein eigenes Kesselhaus,
da im Schmelzhaus und im Heizgitterhaus entsprechend hohe Heizleistungen
erforderlich waren.
Nach den Arbeiten in der Füllanlage standen weitere Schritte an, die
im nördlichen Arbeitsbereich erfolgten. Erforderlichenfalls waren Anbauteile
hinzuzufügen. Besonders markant ist dort das Fallschirmhaus. Die Luftminen
(LM) sind aus Flugzeugen an Fallschirmen mit rund 8 m Durchmesser abgeworfen
worden. Hier wurden die Schirme gelegt und an den Minen angebracht. Außerdem
erfolgte in diesem Fertigungsbereich abschließend die Montage der Zünder.
Die zum Einsatz fertiggestellten Waffen sind in den zahlreichen Munitionshäusern
deponiert worden. Auf Anforderung durch die verbrauchenden Truppen stellte
man entsprechende Chargen zusammen und brachte sie über die Eisenbahn
zum Versand. Weitere befüllte Munition ist an einfache Luftmunitionsanstalten
geleitet worden, um dort bezündert zu werden.
In Lübberstedt erfolgte zeitweilig auch die Einlagerung von Munition,
die hier nicht hergestellt worden ist. Darunter waren Handwaffenmunition,
Handgranaten, Tellerminen, Panzerfäuste und Panzerschrecks.
Bemerkenswerterweise wurde nicht, wie andernorts üblich, eine
Muna-Siedlung für das Stammpersonal errichtet. Dies ist möglicherweise
durch den späten Baubeginn begründet. Das Führungspersonal wohnte in
Privatquartieren in Lübberstedt und Axstedt. Allerdings hatte man auf
dem Muna-Gelände hinter dem Haupttor ein Heim zur Unterbringung der Feuerwerker
aufgebaut.
Im Umfeld der Munitionsanstalt waren mehrere Arbeitslager eingerichtet.
Ein größeres befand sich am Südrand von Axstedt, ein weiteres großes
östlich der Eisenbahn. Bereits in der Aufbauphase sind dort Arbeitskräfte
untergebracht worden, darunter viele im Ausland angeworbene Fremdarbeiter.
Für die Bauarbeiten zog man auch Kriegsgefangene heran, die stets separate
Baracken bekamen.
Während des späteren Produktionsbetriebes kamen in den Lagern die Beschäftigten
der Muna unter. Als die Anwerbung nicht mehr genügend Freiwillige brachte,
wurden Zwangsverpflichtete herangezogen. Ebenfalls hat man wiederum Kriegsgefangene
eingesetzt. Üblicherweise sind auch aus der Umgebung viele Frauen zur
Arbeit in der Muna dienstverpflichtet worden.
Für Munitionsanstalten recht ungewöhnlich war, daß für Lübberstedt ein
eigenes Außenkommando eines Konzentrationslagers bestand. Südlich der
Anstalt, beim Dorf Bilohe, befand sich bereits seit 1941 ein Arbeitslager.
Es wurde im Sommer 1944 Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme.
Die SS brachte hier bis zu 500 jüdische Ungarinnen unter. Die Frauen
arbeiteten in verschiedenen Produktionsbereichen der Muna.
Die Versorgungslage der osteuropäischen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen,
sowie insbesondere der KZ-Häftlinge, war völlig unzureichend. Es gab
einige Todesfälle im Umfeld der Muna Lübberstedt. Vor dem Hintergrund
des sich abzeichnenden Kriegsendes sind die Insassen aus dem KZ-Außenlager
am 20. April 1945 mit der Eisenbahn in Richtung Stammlager Neuengamme
abtransportiert worden. Der Zug sollte schließlich an die Ostsee weitergeleitet
werden. Bei Eutin und Plön kam es zu Angriffen von englischen Jagdbombern,
in deren Folge etwa 65 Frauen ums Leben kamen.
Bereits Anfang 1944 erging ein Befehl, die Munitionsanstalt
als Außenposten der „Festung Wesermünde“ für den Erdkampf herzurichten.
Die Wehrmacht hielt es für möglich, daß die Alliierten eine Invasion
an der deutschen Nordseeküste durchführen könnten. Als Gegenmaßnahme
sollten die großen Hafenstädte mit diversen Verteidigungsstellungen zu
Festungen ausgebaut werden. Entsprechende Planungen liefen in Lübberstedt,
mit dem konkreten Bau von Verteidigungsanlagen ist allerdings erst im
Februar 1945 begonnen worden. Dabei hat man in den umliegenden Ortschaften,
aber auch innerhalb der Muna, Panzersperren, Panzergräben, MG-Stände
und befestigte Tobrukstände angelegt.
Wie bei fast allen vergleichbaren Objekten, gab es bis zum Kriegsende
keine größeren Luftangriffe auf die Liegenschaft. In den letzten Tagen
kam es allerdings mehrmals zu Beschuß durch Tiefflieger. Am 20. April
1945 warfen einige Jagdbomber ihre Last gezielt auf die Muna, mehrere
Einrichtungen wurden dabei zum Teil schwer beschädigt.
Kurz vor Kriegsende sind vorhandene Munition und Pulver abtransportiert
worden, bis auf Restbestände. Mit den Resten sollte das Personal der
Anstalt die Infrastruktur der Muna zerstören. Entsprechende Befehle bestanden
grundsätzlich für alle vergleichbaren Anlagen. Weitere Munition diente
als Sprengmittel für Brücken in umliegenden Orten. Die Fertigung lief
noch bis zum 3. Mai 1945, am folgenden Tag fanden zwischen 18:00 und
22:00 Uhr die Sprengungen statt. Dabei hat man alle Bauten in der Füllanlage,
einige Betriebsgebäude, die Lagerhäuser sowie rund 50 Munitionsbunker
zerstört.
Der II. Weltkrieg endete für das Gebiet nicht mit Kampfhandlungen.
Am 4. Mai 1945 ist auf dem Timeloberg bei Lüneburg eine Waffenruhe für
ganz Norddeutschland vereinbart worden, die am Folgetag um 8:00 Uhr in
Kraft trat. Zu dem Zeitpunkt war die Front noch rund 10 km von Lübberstedt
entfernt. Am 8. Mai fuhr der stellvertretende Muna-Kommandant nach Osterholz-Scharmbeck,
um die Briten über die Munitionsanstalt und deren Zustand zu informieren.
Zwei Tage später besetzte eine britische Artillerie-Einheit die Muna
Lübberstedt.
Ab 1945:
Die britischen Truppen blieben nur kurz. Entsprechend abgeschlossener
Verträge, besetzten US-Streitkräfte ein Gebiet von Bremen im Süden
bis nach Oxstedt im Norden, genannt Bremen Enclave. In dieser Ausdehnung
hatte sie allerdings nur bis Ende 1945 Bestand. Über die Seehäfen an
der Unterweser und deren Hinterland sollte der Nachschub für die US-Besatzungszone
in Süddeutschland abgewickelt werden. Besatzungstruppe in der Bremen
Enclave wurde die 29th Infantry Division. Sie übernahmen Lübberstedt
am 17. Mai 1945. Die ehemalige Muna war als Luebberstedt Ordnance Ammunition
Depot in die militärische Logistik eingebunden.
In der Munitionsanstalt mußte zunächst aufgeräumt werden. Auf den Wegen
lagen Trümmer und Sperren. Außerdem ist Munition durch die Sprengungen
der Wehrmacht unkontrolliert fortgeschleudert worden. Diese Arbeiten
haben vorrangig vormalige Muna-Beschäftigte durchgeführt. In der Pulvermühle
bei der Füllanlage ist ein spezieller Ofen zur Verbrennung von Pulverresten
betrieben worden. Die Auslagerungen durch die Wehrmacht am Kriegsende
hatten dafür gesorgt, daß sich keine großen Bestände in Lübberstedt befanden.
Dadurch hielt sich hier der Aufwand in Grenzen.
Für Gebäude im ehemaligen Unterkunftsbereich hatten die Amerikaner
kaum eigenen Bedarf. Daher gaben sie mehrere Bauten für zivile Nutzungen
frei. Ab 1950 hat man für ein Jahr in drei Blocks ein Wohnheim mit Berufsschule
für Jugendliche betrieben. Im folgenden Jahr konnte das Deutsche Rote
Kreuz vorübergehend ein Kinderheim einrichten, kurze Zeit später ergänzt
durch eine Heimschule. Ende 1952 wurden jungen Männer, die aus der DDR
geflohen waren, hier untergebracht.
Bereits am 12. August 1955 ging die Liegenschaft an die Bundesvermögensverwaltung
über, um sie einer neuen Nutzung durch das deutsche Militär zuzuführen.
Im folgenden Jahr bezog die gerade aufgestellte Bundeswehr die Liegenschaft.
Am 2. Mai 1956 erfolgte die offizielle Übergabe von der US Army. In der
Aufbauphase der jungen Truppe bekam Lübberstedt eine besondere Bedeutung.
Die neuen Munitionsvorräte trafen über dem Seeweg, hauptsächlich aus
den USA, in Deutschland ein. Von den Piers der Unterweserhäfen mußte
die Munition auf dem Schienenweg weitergeleitet werden. Als Verteilstellen
baute man zwei große Munitionsdepots auf: MunDp Nord in Lübberstedt und
MunDp Süd in Breitengüßbach (Bayern) - ebenfalls eine ehemalige Luftwaffen-Muna.
In Lübberstedt standen nach den Sprengungen am Ende des Krieges nur 56
intakte Munitionsbunker zur Verfügung. Die Einlagerung mußte auch provisorisch
in Schuppen und Zelten erfolgen. Außerdem sind der Dienststelle zur Erweiterung
der Kapazitäten das ehemalige Sperrwaffenarsenal
Debstedt und die frühere Eibia-Abteilung Löverschen als Außenstellen zugeordnet worden.
Der alte Unterkunftsbereich der Muna Lübberstedt wurde zur
vom Munitionsdepot unabhängigen Kaserne ausgebaut. Dort entstand die
neue Bundeswehr-Garnison Axstedt. In der Aufbauphase waren es Logistikeinheiten,
die hier aufgestellt worden sind.
Am 3. Januar 1957 ist in Lübberstedt das Feldzeugregiment 502 als Dachverband
von Instandsetzungseinheiten zusammengetreten. 1958 verlegte es an seinen
Endstandort Bielefeld. Im Folgejahr bildete man daraus das Instandsetzungskommando
1 des I.
Korps. 1958 erfolgte in Lübberstedt die Aufstellung des Feldzeugbataillon 524. 1959
verlegte man nach Delmenhorst. Später wurde daraus das Instandsetzungsbataillon
11 der 11. Panzergrenadierdivision.
Schließlich ist 1965 die Kaserne Axstedt eine dauerhafte Garnison der
Luftwaffe geworden. Zwei mit dem System
Hawk ausgestatteten Flugabwehrraketeneinheiten fanden hier ihre neue Heimat. Im April
1965 traf die 3. Batterie des FlaRakBtl 36 ein, im Januar des Folgejahres
die 4. Batterie des FlaRakBtl 31. Die 4./31 besetzte eine ausgebaute
FlaRak-Stellung bei Westerbeck. Die 3./36 hatte ihre Stellung bei Vollersode.
Nach der Aufbauphase beruhigte sich der Betrieb im Munitionsdepot
wieder. Lübberstedt wurde als MunDp LUE dauerhaft in die ortsfeste Logistik
des Territorialheeres eingegliedert. Als solches konnte es bis zum Ende
des Kalten Krieges den Betrieb fortführen. Das Depot blieb eine Umschlagstelle
für Munition. Produzierende Industrie oder andere Depots lieferten an.
Die Weiterleitung erfolgte an Korpsdepots und Standortmunitionsniederlagen. Weiterhin ist der Umschlag auch über die Eisenbahn
durchgeführt worden, die Bundeswehr setzte hier wieder eine eigene Rangierlokomotive
ein.
Eigene Bestände hat man in den Munitionshäusern und weiterhin auch in
Schuppen eingelagert. In der früheren Füllanlage der Muna entstand ein
neuer Arbeitsbereich, in dem Wartungsarbeiten an der Munition durchgeführt
werden konnten. Außerdem hat man hier Rückläufer zerlegt und untersucht.
Lübberstedt ist eines von drei Munitionsdepots mit gleichen Aufgaben
in Niedersachsen gewesen. Die anderen lagen in der früheren Eibia-Anlage
„Karl“, Liebenau und in der ehemaligen Heeresmunitionsanstalt Walsrode.
Auf einer Teilfläche des Lagerbereichs ist eine Standortmunitionsniederlage
eingerichtet worden. Die in Schwanewede stationierte Panzergrenadierbrigade
32 konnte hier ihre Grundbeladung an Munition einlagern. 1975 wurde die
neue StOMunNdlg 254/2 Eggestedt fertiggestellt, und die Bestände dorthin
verlegt.
Bald danach gab es die gleichartige Nutzung für einen NATO-Partner. Ab
1978 wurde im nur 10 km entfernten Garlstedt die 3. Brigade der 2nd Armored
Division, US Army stationiert. Nun folgte für diese die Einlagerung der
Grundbeladung in Lübberstedt, im Sprachgebrauch der Amerikaner Basic
Load Storage Area genannt. Diese Nutzung endete mit dem Abzug der US-Truppen
Anfang der 1990er Jahre.
Das Ende des Kalten Krieges zog auch für Lübberstedt einige
Veränderungen nach sich. Die Luftwaffen-Garnison wurde 1993 nach Verlegung
der beiden Batterien aufgelöst. Das Munitionsdepot verlor seine Eigenständigkeit
und wurde als Teildepot Munition fortgeführt. Immerhin hatte die Dienststelle
so mit ihren ursprünglichen Aufgaben noch bis 31. Dezember 2004 bestand.
2005 unterstellte man die Liegenschaft als Außenstelle dem MatDp Hesedorf. Damit wechselte die Einlagerung von Munition zu Material und Gerät. Zum 1.
Januar 2010 ist die Anlage vom Militär endgültig aufgegeben worden.
Die ehemaligen Unterkünfte konnten inzwischen verkauft werden. Der T-Bereich
fand gewerbliche Mieter, auch die Sporthalle wird zivil genutzt. Der
größte Teil der Liegenschaft ist 2019 in die Deutsche Bundesstiftung
Umwelt überführt worden.
Zustand:
Viele Bauwerke der früheren Munitionsanstalt wurden bereits am Ende des
II. Weltkrieges zerstört. Was stehen blieb, konnte die Zeiten aber
überwiegend gut überdauern. Durch die lange Nutzungszeit als Depot
und Kaserne erfuhren viele Bauten eine laufende Erhaltung. Über die
Jahrzehnte mußten allerdings einzelne Bauten wegen Baufälligkeit abgerissen
werden.
Im Bereich des Munitionsdepots endeten diese Maßnahmen vor inzwischen
über 10 Jahren. Dementsprechend setzt dort zunehmend ein Verfall der
Bauten ein. Die Muna Lübberstedt ist aber weiterhin ein sehr sehenswertes
und interessantes Objekt.
Zugang:
Die Liegenschaft
ist grundsätzlich nicht zugänglich. Der Arbeitskreis MUNA Lübberstedt e.V. bietet jedoch regelmäßig Führungen durch
das Gelände an.
Hinweis:
Der Verein Arbeitskreis MUNA Lübberstedt e.V. informiert ausführlich
im Internet:
https://muna-luebberstedt.de
Über die Muna Lübberstedt war ein Buch mit detaillierter Beschreibung
der Anlage erschienen:
Titel: Lw. 2/XI - Muna Lübberstedt
Autoren: B. Hillman, V. Kluge und E. Kramer
Verlag: Edition Temmen
ISBN: 3-86108-254-3
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Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Fotos:
Die Haupteinfahrt zur Muna Lübberstedt im heutigen Zustand.
Das kleine Wachgebäude nutzt jetzt der Arbeitskreis MUNA Lübberstedt
e.V.
Rechts hinter dem Tor die alte Kommandantur, hier noch von der Bundeswehr
genutzt.
Die Kommandantur heute.
Links hinter dem Haupttor der Unterkunftsbereich.
Ein weiterer Kasernenblock.
Das Wirtschaftsgebäude.
Am Ostrand des Unterkunftsbereichs steht das frühere Sozialgebäude, später
Krankenrevier.
Die 3./FlaRakBtl 36 nutzte ab 1976 eine modernere Unterkunft.
Am Nordrand entstand für die FlaRak-Batterien ein neuer Technischer Bereich.
Die Dienststelle MunDp hatte einen eigenen kleinen T-Bereich.
Die Betriebswerkstatt.
Später war darin Annahme und Versand untergebracht.
Die Baracke der Feuerwehr.
Nebengebäude der Feuerwache.
Der alte Gasprüfraum wurde von der Bundeswehr weiter genutzt.
Südlich der Unterkünfte ein Wasserwerk.
Der jüngere Bau des Wasserwerks.
Die Füllanlage im Süden hatte ein eigenes Wasserwerk.
Das von der Bundeswehr errichtete Heizwerk.
Die Übergabestation für die Stromversorgung aus dem öffentlichen Netz.
Hinter den Mauern befindet sich geschützt eine alte Stromverteilung.
Der Lokschuppen wurde nach dem Krieg neu aufgebaut.
Innenansicht.
Umfangreiche Gleisanlagen erschlossen die Muna.
Eine Verladerampe am Gleis.
Ein gut erhaltenes Schanzzeughaus.
Hier wird der zunehmende Verfall deutlich.
Ein kleineres Exemplar in der ehemaligen Füllanlage.
So wurde an mehreren Stellen Feuerlöschgerät bereitgehalten.
Historische Luftschutzsirene.
Es gab mehrere Zisternen für Löschwasser.
15 Löschteiche sind über das gesamte Gelände verteilt.
Aus einer alten Sandgrube wurde von der Bundeswehr das Biotop Rosensee
geschaffen.
Die Bundeswehr schirmte den inneren Schutzbereich mit den Munitionsbunkern
separat ab.
Die Pulvermühle im Süden blieb als Ruine erhalten.
Blick von der anderen Seite.
Trümmer in der Füllanlage.
Die Ruine des Kohlenlagers am Ostrand der Füllanlage.
Das Fallschirmhaus im nördlichen Fertigungsgebiet.
Der Bau hat heute nur noch etwa die Hälfte seiner ursprünglichen Größe.
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