Rubrik: Verbände | Translation: |
NATO-Manöver in Niedersachsen |
Relikte
des Kalten Krieges: Allgemeine Informationen über die während des Kalten Krieges in Niedersachsen stationierten Heerestruppen sind auf der Seite Landstreitkräfte in Niedersachsen zu finden. Auf dieser Seite soll über die Manöver der Großverbände berichtet werden, welche in den Jahrzehnten der Ost-West-Konfrontation in großer Anzahl durchgeführt worden sind. Während die Ausbildung bis zur Bataillons-Ebene auf den größeren Truppenübungsplätzen stattfinden konnte, war es nötig das Zusammenwirken der Kräfte beim Einsatz von Großverbänden bis hinauf zur Korpsebene, in freilaufenden Übungen außerhalb dieser Plätze zu trainieren. Große Manöver zeigten den Einsatz zehntausender Soldaten auf einer Fläche, die mehrere tausend Quadratkilometer umfassen konnte. Für
die Allgemeinheit wurde die während des Kalten Krieges große Anzahl,
an im Lande stationierter Streitkräfte vor allem während der Manöver
ersichtlich. Aus heutiger Perspektive ist es kaum noch vorstellbar, daß
Massen an Militär durch die zivile Landschaft rollten. Größere Städte
wurden von den Übungen meist gemieden, ansonsten fanden Bewegungen in
allen Gebieten statt. Für die Durchführung von großen Manövern waren Kommandobehörden,
wie Korps- oder Divisionsstäbe, teilweise auch Brigadestäbe verantwortlich.
Als ausführende Kräfte sind meistens auch Verbände eingesetzt worden,
die diesen Stäben nicht unterstanden. Außerdem bot sich hier eine gute
Gelegenheit, die Truppen verschiedener Nationen zusammen trainieren zu
lassen. So waren in die meisten Übungen Verbände von NATO-Partnern aktiv
eingebunden.
Dazu kamen weitere Manöver der unterstellten Divisionen, hier beispielhaft von der 11. Panzergrenadierdivision aus Oldenburg:
Natürlich führten auch die anderen Divisionen des I. Korps
weitere Übungen durch. Schließlich kam eine große Anzahl der von den
NATO-Partnern Großbritannien, Niederlande und Belgien sowie USA veranstalteten
„Field Training Exercises“ (FTX) dazu.
Zählt man nun noch die diversen Luftwaffenübungen und die kleineren Verlege- und Marschübungen, die zu jeder Jahreszeit stattfinden konnten dazu, wird deutlich, wieviel Militär in der freien Fläche anzutreffen war. Die Auflistungen zeigen auch, daß die Manöver vor allem im
Herbst angesetzt waren. Damit wurde Rücksicht auf die Landwirtschaft
genommen. Die Ernte sollte zuvor von den Feldern eingefahren werden können.
Es galt während des Kalten Krieges der Begriff: Herbstzeit = Manöverzeit. Manöver
„Trutzige Sachsen“: Von der realen Bedrohungssituation aus dem Osten hatte man
bei dem Übungsszenario völlig abgewichen. Die Karte unten zeigt die imaginären
Machtblöcke. In Schleswig-Holstein und Nordniedersachsen befand sich
der hypothetische „Nordpakt“. Der größere Rest Niedersachsens war Land
des „Westpaktes“. Der im Osten liegende „Ostpakt“ blieb im Szenario neutral. Die Übungstruppe „Rotland“ bestand schwerpunktmäßig aus der 3. Panzerdivision der Bundeswehr aus Buxtehude. Ihr wurden zusätzlich die Panzergrenadierbrigade 17 der Bundeswehr aus Hamburg-Rahlstedt, von der US Army die 3rd Brigade/2nd Armored Division aus Garlstedt, und Teile der niederländischen 41e Pantserbrigade aus Seedorf unterstellt. Dazu kamen verschiedene Korpstruppen des I. Korps. Die Übungstruppe „Blauland“ bildete die 1. Panzerdivision der Bundeswehr aus Hannover. Diese bekam Verstärkung durch die britische 4th Armoured Brigade aus Münster, sowie von der Bundeswehr durch die Luftlandebrigade 27 aus Iserlohn und die Heimatschutzbrigade 52 aus Lingen. Auch weitere Teile der deutschen Korpstruppen kamen hinzu. In der Schlußphase trat schließlich der Stab der 6. Panzergrenadierdivision aus Neumünster zu „Blauland“. Beide Parteien erhielten Luftunterstützung von der 2nd Allied
Tactical Air Force aus Mönchengladbach. Einheiten der 4. Luftwaffendivision aus Aurich, sowie der niederländischen Flugabwehrraketengruppe 5e Groep Geleide
Wapens aus Stolzenau leisteten Unterstützung, im Rahmen der integrierten Luftverteidigung. Übungsschwerpunkte sollten sein: Die Zusammenarbeit von Feld- und Territorialheer sowie die Zusammenarbeit von Land- und Luftstreitkräften. Außerdem war die Kooperation mit den Alliierten zu vertiefen. Zu diesem Zweck sind einige Verbände multinational durchmischt worden. Und schließlich sollten auch die logistischen Dienste mit der Durchführung der Versorgung besonders gefordert werden. Die Übung umfaßte drei aneinander anschließende Phasen:
Bereits in der Aufmarschphase wurde eine besondere Übungseinlage eingefügt. Die aus Schleswig-Holstein und Hamburg kommenden „Rotland“-Verbände sammelten sich westlich von Hamburg an der Elbe. Sie wurden dann mit Fähren der Flußpioniere des Pionierkommandos 800 bei Glückstadt und bei Wedel nach Niedersachsen übergesetzt. Dabei sind rund 400 Ketten- und 800 Radfahrzeuge mit 3.500 Soldaten über den hier sehr breiten Fluß gebracht worden. Nachdem Verteidiger „Blauland“ seine Ausgangsposition an einer
Linie von Bremervörde bis Lüneburg bezogen hatte, begann am Dienstag,
dem 16. September 1985 der Angriff von „Rotland“ Richtung Süden. Aufgabe
von „Blau“ war es nun, die Angriffswucht zu verzögern. Unter starkem
Druck mußten die Verteidiger weit nach Süden bis zur Aller zurückweichen.
Schließlich konnte der Angriff gestoppt werden. Anschließend führte „Blau“
an mehreren Stellen Gegenangriffe durch, mit denen „Rot“ am 20. September
bis über die fiktive Grenze zurückgeschlagen werden konnte. Der Leitungsgefechtsstand des Manövers hatte in der Niedersachsen-Kaserne
in Dörverden-Barme sein Quartier genommen. In Neustadt-Luttmersen, Wilhelmstein-Kaserne, wurde
der Presse- und Gästestab untergebracht. Er betreute die rund 2.000 Gäste
und 300 Journalisten. Wie bei allen Großübungen üblich, hatte man auch
bei „Trutzige Sachsen“ Manöverbeobachter eingeladen. Aus 16 Nationen
waren insgesamt 30 KSZE-Beobachter anwesend. Die Abkürzung steht für
Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Unter anderem
ist ein sowjetischer Generalmajor zugegen gewesen. Damit den Besuchern typische Gefechtsausschnitte zeitlich und vor allem räumlich kompakt zusammengefaßt vorgeführt werden konnten, hatte man eine entsprechende Darstellung auf dem nahe am Manövergebiet liegenden Truppenübungsplatz Bergen durchgeführt. Dort zeigte die 105 Minuten dauernde Demonstration „Kampf der verbundenen Waffen“ das ganze Spektrum der im Manöver eingesetzten Waffensysteme, bis hin zur Luftunterstützung durch leichte Jagdbomber Alpha Jet von der Bundesluftwaffe und Erdkampfflugzeuge A-10 Thunderbold von der US Air Force. Die Fotos dieser Seite könnten den Eindruck erwecken, daß
das Wetter während des Manövers recht gut war. Dieses täuscht allerdings,
tatsächlich gab es in den Tagen sehr viele Niederschläge. „Trutzige Sachsen
holen sich schmutzige Haxen“ titelte dementsprechend eine Zeitung. Die
Luftstreitkräfte konnten wegen des schlechten Wetters die geplanten 150
Sorties Tagesleistung nicht erreichen. Große Manöver dienten öfter auch der Erprobung von Neuerungen.
Während „Trutzige Sachsen“ ist erstmalig die Artilleriestruktur 85 erprobt
worden. Mit ihr hatte man die Artillerieverbände grundlegend umgegliedert.
Unter anderem bedeutete dies den Fortfall von Rohrartillerie auf Korpsebene,
bei gleichzeitiger Stärkung der Brigadeartillerie. |
Fotos:
Bilder des Manövers „Trutzige Sachsen“ von 1985. Die Fotos sind überwiegend im Gebiet zwischen Rotenburg, Verden und Soltau entstanden. Sie stehen in chronologischer Reihenfolge.
|
|||
Im Ort steht ein Brückenlegepanzer M 48A2 AVLB von der Panzerpionierkompanie 170 aus Lübeck. |
Kampfpanzer Leopard 1 von „Rotland“ bewegen sich durch das Dorf Neu Wehnsen Richtung Süden. |
Schützenpanzer Marder begleiten die Kampfpanzer. |
Während die Marder einen Halt einlegen, kommt ihnen ein Leopard 1 entgegen. Dieser ist durch weiße Markierung als Fahrzeug der Leitungstruppe erkennbar. |
Auf einem Feld bei Wehnsen sammeln sich die Truppen in aufgelockerter Form. |
Südlich von Jeddingen sichern Leopard 1 das Gelände. |
Ein weiterer Kampfpanzer Leopard 1 von „Rotland“ am Südrand von Jeddingen beim Sichern. |
Über dem Manövergebiet flogen die Luftstreitkräfte Unterstützung für beide Parteien. Die Silhouette läßt den Alpha Jet eines Jagdbombergeschwaders der Bundesluftwaffe erkennen. |
Das
Manövergebiet der Heeresübung „Trutzige Sachsen“. |
Quellenangabe: - Arbeitsgemeinschaft Truppendienst: Die Armeen der NATO-Staaten - Alfred Mechtersheimer, Peter Barth: Militarisierungsatlas - Korpskommando I. Korps: 30 Jahre I. Korps 1956-1986 - Korpskommando I. Korps: Sachsen-Spiegel - Europäische Wehrkunde: 10/85 - Truppendienst: 6/1985 - Loyal: 10/85 - Sven Karp: http://www.m136.de - J. Dreifke |
||
Copyright:
© by „Relikte in Niedersachsen und Bremen“. Impressum & Datenschutz |
Seitenanfang |