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Der Einsatzhafen Nordholz |
Bis
1945: Die Geschichte der Militärfliegerei auf dem heutigen Marinefliegerhorst Nordholz ist eine der längsten in ganz Niedersachsen. Die Nutzung als Flugplatz begann bereits 1912, wurde aber nach den Weltkriegen jeweils für mehrere Jahre völlig unterbrochen. So gibt es bis heute drei Epochen der militärischen Verwendung, die derzeitige ist die mit Abstand andauernste davon. Im Jahre 1912 kaufte die Kriegsmarine Ländereien bei Nordholz auf, um hier den bedeutendsten ihrer Luftschiffhäfen aufzubauen. Die Anlage wurde sehr weitläufig ausgelegt. Standen 1914 bereits rund 800 ha zur Verfügung, wuchs der Platz bis zum Kriegsende auf etwa 1.000 ha Grundfläche. Am 14. August 1914 verlegte der Stab der Marine-Luftschiffer-Abteilung von Hamburg nach Nordholz, damit wurde hier endgültig das Zentrum der Marine-Luftschiffahrt angesiedelt. Der Stabsbereich befand sich in einem aufgegebenen Ferienheim außerhalb der Anlage in der Nähe des Bahnhofs. Am Südwestrand des Platzes ist ein großes Gaswerk für das Traggas errichtet worden, welches nach Erweiterungen ab 1916 täglich etwa 30.000 m³ produzieren konnte. Weiterhin gab es bombensichere Hochdrucklager für rund 125.000 m³ Gas auf dem Gelände. Ein Gleisanschluß wurde vom Bahnhof zum Platz gelegt, mit Anbindung der Hallen und des Gaswerkes. Von den insgesamt 75 deutschen Luftschiffen des I. Weltkrieges
waren 42 hier in Nordholz stationiert. Natürlich nicht gleichzeitig,
da durch Verluste und Neuzugänge eine ständige Fluktuation herrschte.
Am 2. September 1914 landete das erste Luftschiff auf dem Platz, das
L3. Es bezog die gerade fertig werdende Drehhalle „Nobel“. Diese galt
als technisches Meisterwerk und war für die damalige Zeit eine erstaunliche
und eindrucksvolle Ingenieurleistung. Der Sinn der Drehhalle lag in der
Eigenheit der Luftschiffe. Diese mußten zur Gewichtsersparnis äußerst
fragil gebaut werden und wurden dadurch extrem empfindlich gegen Berührungen
mit Hindernissen. So konnten bei Seitenwinden Luftschiffe ihre Hallen
nicht verlassen. Um dem zu entgegnen wurde die Drehhalle entwickelt,
mit der auf jede Windrichtung reagiert werden konnte. Die Halle „Nobel“
blieb aber die einzige drehbare in Nordholz, sie war zur Aufnahme von
zwei Luftschiffen geeignet. Dazu besaß sie gewaltige Dimensionen: Länge 200m, Breite
70m und Höhe 30m, Gewicht rund 4.600 t. Die Holzkonstruktion lief auf
acht Wagengestellen mit Elektroantrieben. Bereits am 25.12.1914 fand der einzige Luftangriff auf den
Platz durch englische Flugzeuge statt, es kam aber zu keinen Schäden.
Als Folge hat man 1915 eine Fliegerstation auf dem Gelände eingerichtet,
in der 10-12 Jagdflugzeuge für die Platzverteidigung stationiert wurden.
Auch Abwehrgeschütze wurden installiert. Die Schuppen zum Abstellen dieser
Flugzeugen standen im Nordosten, zwischen den Hallen Normann und Nora.
Im Jahre 1916 verlegte auch die Luftschifferschule der Marine von Hamburg-Fuhlsbüttel
nach Nordholz. Am 11. November 1918 trat der Waffenstillstand in Kraft. Die
verbliebenen Luftschiffe hat das Personal ohne Traggas in den Hallen
aufgehängt. Am 23. Juni 1919, zwei Tage nach der Selbstversenkung der
deutschen Flotte in Scapa Flow, zerstörten die Besatzungen auch die restlichen
fünf Luftschiffe durch kappen der Haltetaue. Am 11. Januar 1920 folgte
als letzter Akt schließlich die Auflösung der Marine-Luftschiff-Abteilung. Ab 1935 hatte das Militär aber bereits wieder das Gelände
für sich beansprucht, dieses Mal errichtete hier die Luftwaffe einen
Einsatzhafen. Der Deckname der Anlage lautete „Neckar“. Bis 1937 mußten
alle Siedler das Gebiet verlassen. Für den Flugbetrieb entstanden drei
befestigte, als Triangel angelegte Startbahnen auf dem westlichen Teil
der Liegenschaft. Ein Munitionsdepot für die fliegenden Verbände wurde
im Süden eingerichtet. Die Verbindung des Platzes zum Einsenbahnnetz
hat man über eine neue, mehr als 4 km lange Strecke vom Bahnhof Altenwalde
geschaffen. Am Nordostrand richtete die Kriegsmarine 1939 ein Tanklager ein, in dem 45 erdversenkte Tanks geplant waren. 24 davon wurden fertiggestellt. Über eine Pipeline war die Anlage mit dem Umschlagpunkt im Hafen von Cuxhaven-Groden verbunden, dort befanden sich weitere 6 Tanks. Die Leitung folgte weitgehend dem Verlauf der Eisenbahnstrecke und des Anschlußgleises des Flugplatzes. Während des II. Weltkrieges wurde der Flugplatz mit verschiedenen
Einheiten belegt, darunter Jagdgeschwader mit Messerschmitt Bf 109 oder
Focke-Wulf Fw 190-Jägern, später auch Nachjagdgeschwader mit Junkers
Ju 88. Als Exot ist die II. Gruppe der Trägergruppe 186 zu nennen, die
vom November 1939 bis März 1940 her stationiert war. Diese war mit Messerschmitt
Bf 109E ausgerüstet und sollte auf dem Flugzeugträger „Graf Zeppelin“
eingesetzt werden, welcher nie fertiggestellt wurde. Vom Januar bis in
den April 1945 lagen auch Teile des JG 400 mit dem Raketenjäger Me 163
Komet in Nordholz. Ab 1945: Wieder begann eine zivile Nutzung des Flugplatzgeländes. Zwischen
1948 und 1958 konnte das Areal landwirtschaftlich genutzt werden. Zwei
Krankenhäuser wurden in den Liegenschaften aufgebaut. Im vor dem Krieg
als Kinderheim genutzten alten Stabsbereich, hinter dem Bahnhof, wurde
des DRK-Krankenhaus Nordholz eingerichtet. Im eigentlichen Unterkunftsbereich
des Einsatzhafens hat man die DRK-Krankenanstalt Wursterheide in Betrieb
genommen. Im August 1958 begannen, diesmal nun wieder durch die Marine,
die Bauarbeiten für die dritte militärische Epoche des Gebietes, der
Marinefliegerhorst Nordholz entstand. Der Aufbau dauerte mehrere Jahre,
alle Einrichtungen für den Flugbetrieb mußten neu errichtet werden. Der Marinefliegerhorst Nordholz war zunächst zur Aufnahme
des Marinefliegergeschwaders (MFG) 2 vorgesehen. Die gerade Ziffer zeigt,
daß der Verband schwerpunktmäßig für den Einsatz über der Nordsee eingeplant
war. Nordholz blieb der einzige Marinefliegerhorst in diesem Abschnitt,
so war die Stationierung hier am Ort folgerichtig. Der Fliegerhorst Nordholz war von der NATO als Einsatzflugplatz für heranzuführende Kampfstaffeln der US Air Force eingeplant. Diese Doppelbelegung wurde im NATO-Englisch als Collocated Operating Base (COB) bezeichnet. Staffeln der 354th Tactical Fighter Wing, ausgerüstet mit A-10 Thunderbold-Erdkampfflugzeugen, aus Myrtle Beach (South Carolina/USA) war zur Verlegung nach Nordholz vorgesehen. Bei REFORGER-Übungen wurde dies trainiert. Im Südbereich des Fliegerhorstes sind einige eigene Betriebsanlagen für die US Air Force eingerichtet worden. Nach Ende des Kalten Krieges wurde 1994 die COB-Funktion beendet. Der Flugplatz und das MFG 3 bleiben weiterhin aktiv. 1999 wurde ein Abkommen über eine zivile Mitbenutzung des Marinefliegerhorstes geschlossen. Im Jahre 2000 begannen in der Südostecke des Platzes Bauarbeiten für eine zivile Flugabfertigung. Von hier sollen jetzt die Flüge nach Helgoland und weiterer Charter- und Frachtflüge abgewickelt werden. Weiterhin liegt am Westrand des Fliegerhorstes, parallel zur Betonstartbahn, direkt angrenzend die Graspiste eines Sportflugplatzes. Zustand: Zugang: Hinweis: Titel: Schiffe am Himmel Autor: Hein Carstens Verlag: Heimatbund der Männer vom Morgenstern, Bremerhaven |
Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps: Fotos:
II. Weltkrieg - Einsatzhafen:
Kalter Krieg - Marinefliegerhorst:
Offbase-Tanklager:
|
Violett:
Äußere Platzgrenze im I. Weltkrieg und Standorte der Luftschiffhallen. |
Quellenangabe: - Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen - Karl Ries, Wolfgang Dierich: Fliegerhorste und Einsatzhäfen der Luftwaffe - Hein Carstens: Schiffe am Himmel - Bundeswehr Nordholz: Standortbroschüren - Jörg M. Hormann: Zeppeline, Marineluftschiffe und Marineflieger - Aeronauticum Nordholz - G. Wildfang - Michael Holm: http://www.ww2.dk |
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