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Rubrik: Schießplätze / Übungsplätze Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Der Luft-/Boden-Schießplatz Nordhorn
 Bis 1945: 
Im Jahre 1913 ließ Bertha Krupp von Bohlen und Halbach über einen Mittelsmann ein großes Gebiet zwischen Nordhorn und Elbergen erwerben, bestehend aus Heide- und Ödland. Hier sollte ein weitläufiger Gutsbezirk für Land- und Forstwirtschaft entstehen. Im Nordwesten des Geländes wurde das Gut Klausheide errichtet, benannt nach ihrem Sohn Klaus von Bohlen und Halbach. Das Areal wird vom Ems-Vechte-Kanal durchzogen. Die Fläche nördlich davon ist in die geplante wirtschaftliche Nutzung übergegangen, der südliche Teil blieb dagegen brach liegen. Für die Beschäftigten des Gutes entstand die Siedlung Klausheide, die im Laufe der Zeit beständig wachsen sollte. Östlich der Siedlung ist 1928 ein Flugplatz angelegt worden. Er diente anfangs als Notlandeplatz, im II. Weltkrieg wurde er zum Einsatzhafen Klausheide ausgebaut.

Da Krupp keinen Bedarf an einer eigenen Nutzung des südlichen Geländes hatte, stellte man es ab 1933 der Wehrmacht als Übungsfläche zur Verfügung. Diese verwendete den Platz zunächst als „Artillerieschießplatz Engdener Wüste / Elberger Moor“. Spätestens ab Beginn des II. Weltkrieges kam als weiterer Nutzer die Luftwaffe hinzu, seinerzeit begann der Betrieb als Bombenabwurf- und Luftwaffenschießplatz.
Auf dem Areal entstand, wie auf den großflächigen Übungsplätzen üblich, nur wenig Infrastruktur. Es wurden einige Unterstände für Sicherheitsposten und Zielbediener errichtet. Dazu kam ein kleiner Administrationsbereich. Eine Besonderheit stellt das Zielschiff dar. Aus Holz wurde ein größeres Schlachtschiff nachgebaut, Bomberpiloten übten daran das gezielte Angreifen von schwimmenden Einheiten.
Bis zum Ende des II. Weltkrieges gab es keine nennenswerten Zerstörungen durch die Alliierten auf den Bombenabwurfplatz. Es war halt nichts Wichtiges vorhanden. So besetzten zum Kriegsende die Briten einen weiterhin nutzbaren Schießplatz.

 Ab 1945: 
Unmittelbar nach Kriegsende fand noch keine Verwendung als Bombenabwurfplatz statt. Das änderte sich am 11. Juli 1947. Gemäß den Besatzungsstatuten war es für die Briten seinerzeit kein Problem, die künftige militärische Nutzung festzuschreiben. Nun wurden durch Staffeln der Royal Air Force erneut Bomben auf dem Gelände abgeworfen. Das Areal ist durch Ankäufe und Anmietungen erweitert worden. Heute stehen insgesamt rund 2.200 ha zur Verfügung, aufgeteilt in gut 1.500 ha Gefahrenbereich und etwa 700 ha Sicherheitszone. Besitzer der meisten Fläche ist das Land Niedersachsen, das eigentliche Zielgebiet ist Pachtland.
Zu Beginn der 1950er Jahre stieg die Zahl der Anflüge deutlich an. Grund waren die verschiedenen weltweiten Konflikte in der Zeit, aber auch der Umstand, daß die Briten die Insel Helgoland 1952 als Bombenziel aufgegeben hatten. Durch die zunehmende Belastung der umliegend wohnenden Zivilbevölkerung kam es ab 1954 auch zu erstem Widerstand gegen den inzwischen „Nordhorn-Range“ genannten Platz. Es ergaben sich immer wieder Fehlabwürfe von Bomben außerhalb der Platzgrenzen, auch sind verschiedentlich Flugzeuge bei Übungen abgestürzt.
1955 errichteten die Briten in der Stadt Nordhorn eine kleine Kaserne zur dauerhaften Unterbringung des Personals der RAF-Station. Stand der Bombenabwurfplatz bislang nur den britischen Fliegern zur Verfügung, konnte er ab 1963 durch alle NATO-Partner genutzt werden. Im Laufe der 1960er Jahre nahm die Lärmbelastung der Umgebung ständig zu. Die damals eingeführten Jets, wie F-104 Starfighter und F-4 Phantom, waren wesentlich lauter als ihre Vorgänger.
Zu Beginn der 1970er Jahre führte die Belastung der Bewohner der Umgebung schließlich zu vielen Protestaktionen, Demonstrationen und Verhandlungen. Am 8. Juli 1971 gab es die erste Besetzung des Platzes durch Anrainer. Dadurch ruhte der Übungsbetrieb für 24 Stunden. Aus diesem Zusammenschluß bildete sich die „Notgemeinschaft gegen den Bombenabwurfplatz Nordhorn-Range“; sie war die erste Bürgerinitiative Deutschlands. Es folgten weitere Besetzungen und Demonstrationen, die teilweise durch Polizeiaktionen gewaltsam beendet wurden. Auf der Politik lastete damit der Druck, nach Alternativen zu suchen. So wurde geplant, einen neuen Bombenabwurfplatz in Gegenden mit geringerer Besiedlung einzurichten. Zur Debatte standen das Westermoor bei Ramsloh, das Teufelsmoor bei Worpswede und die Insel Knechtsand in der Wesermündung. Alle Planungen scheiterten am regionalen Widerstand, bzw. bei Knechtsand am Vogelschutz.
Für die Bevölkerung änderte sich in der Folgezeit nichts wesentliches, der Übungsbetrieb wurde fortgeführt. 1985 ist auf Staatskosten die kleine Siedlung „Im Erdbrand“, zu Lohne gehörend, abgesiedelt worden. Sie lag unmittelbar in der Anflugschneise. Medizinische Gutachten hatten ergeben, daß der dort vorherrschende Lärm gesundheitsschädigend ist. 41 Häuser an der Straße und 5 weitere in der Nähe wurden abgerissen, den Bewohnern eine neue Heimat geschaffen.

Durch die weltweite Entspannung nach Ende des Kalten Krieges, und der danach folgenden massiven Abrüstung und Truppenreduzierung, ergab sich eine deutliche Verminderung der Anflüge auf Nordhorn-Range. Trotzdem wurde an die Schließung des Platzes noch nicht gedacht. Noch 1995 sind die Kontroll- und Leiteinrichtungen eingehend modernisiert worden. Aber schon im Folgejahr kündigte die Royal Air Force an, daß sie den Platz aufgeben werde. Im Jahre 2001 war es schließlich soweit, die Briten übergaben die Anlage der Bundeswehr.
Damit war keineswegs das Ende des Übungsbetriebes erreicht. Nun wird die Liegenschaft als „Luft-/Boden-Schießplatz Nordhorn“ in unveränderter Funktion weitergeführt. In jüngster Zeit gibt es für die weiterhin lärmgeplagten Anwohner Hoffnung auf eine Entlastung. Der geplante Übungsplatz Wittstock soll zu einer gerechteren Verteilung der Belastungen führen.

 Zustand: 
Da der Schießplatz weiterhin in der Nutzung steht, wird das Gebiet ständig instand gehalten. Allerdings ist kaum Infrastruktur vorhanden, es steht hauptsächlich eine ausgedehnte Fläche zur Verfügung. Historische Spuren aus früheren Nutzungszeiten sind somit nicht zu finden.

 Zugang: 
Das Gelände des Luft-Boden-Schießplatzes Nordhorn ist Militärischer Sicherheitsbereich und darf dementsprechend natürlich nicht betreten werden.

Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:
Die folgenden Bilder wurden freundlicherweise von Herbert Welmers zur Verfügung gestellt:

Administrationsbereich
Der Administrationsbereich im Nordwesten des Schießplatzes

Zielscheiben
Zielscheiben mit Stoffbespannung

Container
Massive Ziele werden heute durch Container dargestellt

Jaguar
Ein interessanter Blick aus dem Cockpit eines Jagdbombers Jaguar der Royal Air Force beim Anflug auf Nordhorn-Range

Die folgenden Bilder wurden freundlicherweise von Jörg Santel zur Verfügung gestellt:

Richtung Süden
Blick vom Tower Richtung Süden

Einschläge
Einschläge im Zielgebiet

Thunderbold
Rechts ein anfliegendes Kampfflugzeug A 10 Thunderbold der US Air Force, links bei den Zielscheiben die Rauchwolke der Einschläge.

Kontrolltower
Der moderne Kontrolltower im Administrationsbereich

Im Kontrolltower
Im Kontrolltower

Arbeitsplatz
Ein Arbeitsplatz mit Blick auf das Zielgebiet

Gelände
Blick über das Gelände

Markierungen
Hier sind einige Markierungen im Zielgebiet zu erkennen

Der genannte Einsatzhafen Klausheide existierte nur während des II. Weltkrieges
Karte

Quellenangabe:
- Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen
- Herbert Wagner: Militär in der Region
- Sabine Eckstein: Nordhorn-Range
- Jörg Santel
- Herbert Welmers
 
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