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Rubrik: Fabrikationsanlagen Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Nerag - Destillationsanlage „Ofen I und II“ in Bögerhof
 Bis 1945: 
Die Anlage befindet sich wenige hundert Meter hinter der Landesgrenze bereits in Nordrhein-Westfalen, sie soll hier dennoch vorgestellt werden.

Die Beschaffung von Kraft- und Schmierstoffen wurde für das Dritte Reich zum größten Problem in der zweiten Hälfte des II. Weltkrieges. Es war klar, daß durch den Rückzug der Wehrmacht immer mehr Ölfördergebiete verlorengingen. Auch die Alliierten erkannten, daß die Vernichtung der deutschen Ölindustrie die verbliebenen Verbände der Wehrmacht immer mehr lähmen würde. Im Jahre 1944 begannen die US Air Force und die Royal Air Force massive Angriffe gegen die ölverarbeitende Industrie in Deutschland. Die große und bedeutende Raffinerie der Deurag-Nerag in Hannover-Misburg wurde bei mehreren Angriffen sehr stark beschädigt, am Kriegsende glich die Anlage einer Trümmerwüste.
Der Vernichtung der Industrie versuchte man sich durch Verlagerungen in weniger gefährdete Bereiche zu entziehen. Es wurde damit begonnen, größere Betriebe in unterirdische Stollensysteme umzusiedeln. Eine andere Möglichkeit war, die Funktionen auf zahlreiche kleinere Anlagen zu verteilen, die in Steinbrüchen eine Deckung finden sollten. Diese letztgenannte Variante mündete in den Aufbau diverser Kleindestillationsanlagen mit dem Tarnnamen „Ofen“. Zur Unterscheidung der Standorte ist der Tarnbezeichnung eine laufende Nummer zugefügt worden. Es wurden überwiegend zwei Produktionseinheiten an einem Ort zusammengefaßt. Daher entstanden Anlagen mit dem Namen „Ofen I & II“ bis hin zu „Ofen 43/44“. Die Standorte lagen über das damalige Reichsgebiet verstreut, in geeigneten Gebirgs- und Mittelgebirgsregionen. Einige Anlagen konnten auch in Höhlen oder Stollen integriert werden.
Aufgabe dieser Kleindestillationsanlagen war die Herstellung von Kraftstoffen. Aus dem angelieferten Rohöl wurden durch erhitzen in Röhrenöfen Ottokraftstoff und Dieselöl gewonnen. Eine Doppelanlage war darauf ausgelegt monatlich 6.000 t Rohmaterial zu verarbeiten. Aus dieser Menge gewann man ca. 700 t Benzin und ca. 2.000 t Diesel. Diese Sorten mußten für den Gebrauch jedoch noch in anderen Werken weiter veredelt werden. Beim Destillieren blieben etwa 3.000 t Produktionsrückstände über. Auch diese sollten weiter verwertet werden. Sie wären in unterirdischen Raffinerien mit der Tarnbezeichnung „Dachs“ zu Schmierstoffen aufbereitet worden. In Norddeutschland sollte dazu die Raffinerie „Dachs I“ im Jakobsberg bei Porta Westfalica in Betrieb gehen.

Die Destillationsanlage Ofen I & II ist im Jahre 1944 nahe Bögerhof errichtet worden. Bögerhof ist keine Ortschaft, es handelt sich hierbei um einen alten Gutshof im Extertal, rund 7 km südlich von Rinteln. Die Einrichtung liegt kurz hinter der Landegrenze im heutigen Nordrhein-Westfalen. Details der Anlage sind nicht bekannt. Lediglich die heute aufzufindenden Spuren und der Vergleich mit anderen Ofen-Anlagen lassen einige Rückschlüsse zu. Betreiber war die in Hannover ansässige Raffinerie Deurag-Nerag.
Östlich der Landesstraße L758 befand sich ein kleiner Steinbruch. Hier standen die eigentlichen Destillationsanlagen. Direkt nördlich an den Steinbruch anschließend ist ein Bereich für die Tanks angelegt worden. An dieser Stelle wurden vier große aufrecht stehende Betontanks errichtet. Direkt daneben stellte man mehrere liegende Stahltanks auf. Die Betonbehälter dienten zur Lagerung des angelieferten Rohöls. In die Stahltanks kamen die Fertigprodukte. Direkt gegenüber den Tanks befand sich früher der Bahnhof Bögerhof der Extertalbahn. Damit war die seinerzeit unbedingt nötige Anbindung an das Eisenbahnnetz gegeben. Über diesen Bahnhof konnte das Rohöl herangefahren und die Fertigprodukte sowie Rückstände abtransportiert werden. Zwischen dem Produktionsbereich, den Lagertanks und dem Bahnhof verliefen Rohrleitungen für den Transport der Stoffe.
Da der Standort Bögerhof von der Numerierung her die erste Ofen-Anlage war, wird sie dementsprechend auch zu den ersten gehört haben, die in Betrieb gegangen sind. Produktionsstart der Destillation wird im September 1944 gewesen sein. Vermutlich konnte der Betrieb bis zum Kriegsende fortgesetzt werden, vorausgesetzt es wurde Rohöl angeliefert.
In den Unterlagen ist für Bögerhof ebenfalls die Anlage „Jakob V“ verzeichnet. Der Tarnname „Jakob“ wurde für Krack-Anlagen verwendet. Das in den „Ofen“-Anlagen gewonnene Benzin mußte durch das Kracken auf höhere Klopffestigkeit gebracht werden. Ob „Jakob V“ fertiggestellt wurde bzw. in Betrieb ging, ist unbekannt.
Rund 50 km südöstlich ist die nächste „Ofen“-Anlage errichtet worden: „Ofen III & IV“ bei Brunkensen.

 Ab 1945: 
Die Betontanks sind gesprengt worden, die Stahltanks wurden fortgeschafft. Eine weitere Nutzung für diesen Bereich ergab sich nicht, so konnten die Reste die Zeit bis in die Gegenwart überdauern.

 Zustand: 
Es sind einige Betriebsgebäude sowie die recht großen Lagertanks erhalten.

 Zugang: 
Das Areal ist zugänglich, Privatgrundstücke natürlich ausgenommen.
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Betriebsgebäude
Diese Betriebsgebäude blieben erhalten

Rückseite
Die Rückseite des größten Gebäudes

Luftschutzbunker
Ein kleiner Luftschutzbunker

Sockel
Auf diesen Sockeln waren die Stahltanks für die Fertigprodukte abgelegt

Betontanks
Blick über die vier in Reihe stehenden Betontanks

Behälter
In diesen Behältern wurde das Rohöl gelagert

Wände
Nur ein Tank hat noch rundum vollständige Wände

Violett: die heutige Landesgrenze Niedersachsen/Nordrhein-Westfalen
Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- 7grad.org: http://7grad.org/Exkursionen/U-Verlagerungen/Zeolith/zeolith.html
- Geheimprojekte.at: http://www.turbo.at/geheimprojekte/b_geilenb.html
 
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