Rubrik: Luftabwehr | Translation: |
Die Nike-FlaRak-Stellung und GOC Vörden (NL) |
Relikte
des Kalten Krieges: Grundsätzliches über die Elemente und das Zusammenwirken im NATO-Luftverteidigungsgürtel ist auf der Themenseite nachzulesen. Über die Entwicklung des FlaRak-Systems Nike sowie dessen Verbände und Stellungen berichtet eine weitere Seite. Auf dieser Seite wird eine niederländische Stellung vorgestellt. Als Besonderheit war in Vörden ein Groeps Operatiën Centrum (GOC) eingerichtet, im NATO-Englisch als Battalion Operation Center (BOC) bezeichnet. Für die grundlegende Aufteilung einer Nike-Stellung ist auch die Seite über die Stellung Ristedt interessant. Im direkten Vergleich fällt auf, daß zwar viele Komponenten an beiden Orten zu finden waren. Im Detail gab es allerdings zahlreiche Unterschiede. In der Aufstellungsphase der niederländischen und der deutschen Nike-Verbände
verhielt es sich bei beiden ähnlich. Man wählte ehemalige Fliegerhorste
und Einsatzhäfen aus dem II. Weltkrieg zum Aufbau von Stellungen. Größter
Vorteil war, daß die Flächen sich bereits im Staatsbesitz befanden. Außerdem
boten die weitläufigen Flugplätze die Möglichkeit, den Feuerleitbereich
und den Abschußbereich mit mindestens 1 km Abstand zueinander einzurichten. Der Niederländischen Luftwaffe fiel die Aufgabe zu, zwei Sektoren
des Nike-FlaRak-Gürtels zu besetzen. In jedem Sektor waren vier Stellungen
aufzubauen. Pro Sektor wurde ein Verband stationiert, der über dementsprechend
vier Batterien befehligte. Das Flugfeld in Vörden diente bereits seit Jahren den Britischen
Streitkräften aus Osnabrück als Übungsgelände. 1960 begannen auf Randbereichen
des Platzes die Arbeiten zum Aufbau der FlaRak-Stellung. Das frühere
Flugfeld wies noch zahlreiche Bombenkrater aus dem II. Weltkrieg auf.
Die Flächen mußten zunächst entmunitioniert werden, was anscheinend,
wie sich später zeigte, nicht tiefgreifend vorgenommen wurde. Am Nordrand des Flugfeldes, auf halber Strecke zwischen IFC und LA, wurde ein kleiner Unterkunftsbereich errichtet. Das 509th US Army Artillery Detachment (USAAD) bezog diese „Miniatur-Kaserne“. Neben dem Stab des Detachments war auch dessen Bravo-Team mit rund 30 US-Soldaten hier einquartiert. Die auch als Custodial-Team bezeichnete Truppe hatte die Schlüsselgewalt über die im Abschußbereich vorhandenen Atomsprengköpfe der Nike-Hercules. Über die Thematik dieser Atomwaffen in Niedersachsen berichtet eine weitere Seite. Im November 1961 konnte die Stellung Vörden in Betrieb genommen
werden. Sie war damit die erste permanente Nike-Stellung in Niedersachsen.
Der Einsatz in Vörden lief über Jahrzehnte hinweg relativ ungestört.
Bei den niederländischen Flugabwehrverbänden ergaben sich 1975 aus finanziellen
Gründen einige grundlegende Umstrukturierungen. Vier von acht Nike-Squadrons
wurden aufgelöst. Die 118 Sqn in Vörden war von dieser Aktion jedoch
nicht betroffen. Zu den einzelnen Teilen der Stellungsbereiche: Um den Radargeräten einen möglichst weiten Horizont zu bieten,
hatte man einen fast 200 m langen Wall aufgeschüttet. Darauf befanden
sich vier Plattformen auf denen die Geräte fixiert wurden: Rundsuchradar
„Low-Power Acquisition Radar“ (LOPAR) mit 230 km Reichweite, Raketenführungsradar
„Missile Tracking Radar“ (MTR), Zielfolgeradar „Target Tracking Radar“
(TTR), und das Zielentfernungsradar „Target Ranging Radar“ (TRR). Die Standard-Ausstattung der IFC umfaßte ein kleines Bereitschaftsgebäude, ein Administrationsgebäude, ein Generatorengebäude und eine Trafostation für die Versorgung aus dem öffentlichen Stromnetz. Herzstück war das Verbindungsgebäude. Die anfangs vier einzelnen Anhänger mit Kabinenaufbau standen über Schleusen an diesen Bau angedockt. In den Kabinen war die Elektronik des Systems installiert. Die Fahrzeuge waren: Kampfführungsanlage, Radarleitstand, Feuerleitstand und ein Werkstattanhänger. Dazu kam in der Nähe ein Fernmeldeverbindungswagen. Für das Groeps Operatiën Centrum stand direkt neben dem HIPAR ein weiteres Gebäude. Ein Bau für Generatoren befand sich gegenüber. Andernorts existierte ein separates HIPAR-Elektronik-Gebäude. Aus Platzgründen wurden diese Komponenten in Vörden in das GOC-Bauwerk integriert. Abschußbereich / Launching Area (LA): In der Stellung Vörden sind, wie in niederländischen und deutschen
Stellungen üblich, drei Abschuß-Sektionen gebaut worden. Die Sektionen
Alpha und Bravo befanden sich im südwestlichen Bereich der LA. Sektion
Charlie lag nördlich abgesetzt zwischen Administration und Assembly Area.
Die drei Sektionen waren nach dem gleichen Schema aufgebaut. Eine große
Lenkgeschoß-Lagerhalle diente zur geschützten Aufbewahrung der fertig
montierten Nike-Hercules-Flugkörper. Maximal 10 Raketen hätten darin
Platz gehabt. Genaue Zahlen liegen nicht vor, die Niederländische Luftwaffe
hatte vermutlich nur 6-8 Flugkörper je Sektion gelagert. Die Sektionen Alpha und Bravo wurden für die Bestückung mit
Atomsprengköpfen ausgebaut. Die Sicherheitsbestimmungen der NATO für
diese Objekte waren sehr streng. Durch einen zusätzlichen Zaun erfolgte
eine Abschirmung gegen die übrige Liegenschaft. Zu dieser Secure Area
bestand Zugang nur durch eine Torkontrolle, die mit US-Soldaten des Custodial-Teams
besetzt war. An vier Ecken standen Wachtürme, besetzt mit niederländischen
Soldaten. In den 1980er Jahren bahnte sich auch in der Koninklijke Luchtmacht der Wechsel auf das modernere FlaRak-System Patriot an. Die KLU wollte das neue System deutlich weiter ostwärts stationieren. Vörden stand somit für die Niederländer als auslaufend fest. Die 118 Sqn wurde als letzte Nike-Einheit der KLU am 31. März 1988 deaktiviert. Die Stellung hat man geräumt und aufgegeben. Die Bundeswehr hatte abweichende Vorstellungen von der Dislozierung der Flugabwehrverbände. Sie sah die Notwendigkeit, die Grundstruktur mit dem östlichen FlaRak-Gürtel für niedrige Höhen und dem westlichen Gürtel für größere Höhen beizubehalten. Die Bundesluftwaffe strebte an, diverse Nike-Stellungen zu Einsatzstellungen für Patriot umzubauen. Diese Planungen sahen vor, die Stellung Vörden mit der 4. Batterie des FlaRakBtl 25 aus Lohne zu belegen. Untersuchungen ergaben jedoch eine zu große Munitionsbelastung aus Zeiten des II. Weltkrieges. Mit dem kurz darauf folgenden Ende des Kalten Krieges erübrigten sich ohnehin weitere Pläne für FlaRak am Standort Vörden. Die Umzäunung der Anlage wurde entfernt und IFC und LA dem Standortübungsplatz der Briten einverleibt. Im Laufe der Jahre sind einige Bauten abgerissen worden. Darunter waren das historische Bereitschaftsgebäude aus dem II. Weltkrieg und die Unterkunft der US-Soldaten. Einige Anlagenteile blieben stehen, sie zeugen bis heute von der vergangenen Präsenz der Niederländischen Luftwaffe auf der Liegenschaft Vörden. Zustand: Zugang: Hinweis: |
Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps: IFC: Fotos:
Das Groeps Operatiën Centrum:
Abschußbereich / Launching Area:
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Sektion Bravo, wie Alpha seinerzeit mit Atomwaffen bestückt. |
In der Sektion Charlie gab es dagegen ausschließlich konventionelle Sprengköpfe. |
In der Halle lagerten die Nike-Raketen auf Schiebegestellen. |
Der Launch-Bunker neben dem Vorfeld der Sektion Bravo. |
Der Eingang. |
Innen ein nur 9 m² messender Raum. In der Ecke stand der Launching Section Selector. |
Der Launch-Bunker durchquert den Erdwall. |
Am hinteren Ende ein kleiner Anbau. |
Daneben das Generatorengebäude für die Versorgung der Sektion. |
Die beiden Bauten standen in den Sektionen Bravo und Charlie spiegelbildlich. |
Etwas abgesetzt das Heizhaus, welches das Raketenlager anwärmen konnte. |
Die Kabelkanäle führten vom Launch-Bunker zu den drei Abschußgestellen. |
Dunkel sind hier die Verschraubungspunkte der Abschußgestelle zu erkennen. |
Am Zugang zur nuklear bestückten Secure Area stand das US Guard Building. |
Am Boden ist der Verlauf der zusätzlichen Abzäunung der Secure Area nachvollziehbar. |
Unterkunft des USAAD | ||||
Spuren der Unterkunft des 509th USAAD. |
Nur noch die Bodenplatte ist erhalten. |
Sockel des Flaggenmastes. |
Untrügliches Merkmal für die Anwesenheit von US-Soldaten: Ein Basketball-Feld. |
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Quellenangabe: - Rinus Nederlof: Blazing Skies - Wilhelm von Spreckelsen, Wolf-Jochen Vesper: Blazing Skies - Karl-Anweiler: Fahrzeugtypenkatalog der Bundeswehr - Nike-Ajax / Nike-Hercules - R. Goerigk: http://www.nikesystem.de/Pages/Niederlande/nl_nike_voerden.htm - The Nike Historical Society: https://nikemissile.org - Ed Thelen: https://www.ed-thelen.org - N. de Leeuw: http://www.angelfire.com/nd/12GGW/hishoofd.htm - R. Dorenbos |
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