Rubrik: Fabrikationsanlagen | Translation: |
Neuero - Muster-Schutzbauten in Wilsum |
Relikte
des Kalten Krieges: Die kleine Gemeinde Wilsum liegt im Landkreis Grafschaft Bentheim. Der Landstrich Niedergrafschaft Bentheim bildet eine deutliche Ausbuchtung Niedersachsens nach Westen in die Niederlande. Nur 10-15 km nördlich, westlich und südlich von Wilsum verläuft die deutsche Landesgrenze. Im Gemeindegebiet stehen an zwei getrennten Orten ungewöhnliche Schutzbauten. Diese haben eindeutig ein militärisches Aussehen. Sie befinden sich aber nicht in einer aktiven oder ehemaligen militärischen Liegenschaft. Weder Bundeswehr noch NATO-Partner haben mit den Objekten etwas zu tun. Auch zum gut 2 km entfernten Gerätedepot Itterbeck, einschließlich benachbartem Teildepot Munition mit seinen zahlreichen Munitionsbunkern, gab es keine Beziehungen. Dementsprechend entstanden im Umfeld einige Gerüchte über die Hintergründe. Die sind aber, wie so oft, überwiegend abseits der Wahrheit. Dieser Bericht soll nun die Fakten nennen. Seit Jahrzehnten ist in Emlichheim die Firma Neuero aktiv. Zeit ihres Bestehens gab es diverse eigenständige Betriebe, mit wechselnden Bezeichnungen. Neben Emlichheim ist auch im östlich von Osnabrück liegenden Melle ein Standort gewesen. Heute ist in Emlichheim die Neuero Railtec GmbH aktiv. Ein Schwerpunkt von Neuero lag auf der Produktion von Silos, hauptsächlich für den Bedarf der Landwirtschaft. Das Portfolio ist im Laufe der Zeit erweitert worden, nach eigenen Angaben schließlich auch um „militärische Schutzbauten (Shelter)“. Um potentiellen Kunden solche Schutzbauwerke in Originalgröße vorstellen zu können, wurden mehrere Muster-Bauten erstellt. Die sind an zwei verschiedenen Orten in der Gemeinde Wilsum entstanden. Beide liegen gut 10 km vom Firmenstandort in Emlichheim entfernt. Östlich steht das ältere Objekt einzeln, fast 4 km weiter westlich findet man zwei Shelter und einen Schutzraum. Der Schutzraum: Die Multi Purpose Shelter: Der im Osten stehende Multi Purpose Shelter soll das ältere
Muster-Bauwerk sein. Die Grundfläche ist hier größer. Bei einer Breite
von ca. 12 m, betrug die Länge etwa 30 m. Das große Tor an der Front
ist 4,8 m breit und 4 m hoch. Auffällig gegenüber den anderen Bauten
ist das fehlende Vordach über der Front. Auffällig ist an allen auf dieser Seite vorgestellten Schutzbauten der gleichartige Anstrich. Es handelt sich um eine für das Militär obligatorische matte Tarnfarbe. Allerdings ist der Farbton Sandgelb – für die hiesige Gegend recht ungeeignet. Die Farbe deutet aber auf die anvisierten Kunden hin: Staaten im arabischen Raum. Bereits in den 1970er Jahren gab es Projekte deutscher Firmen
für den Aufbau militärischer Infrastruktur in arabischen Staaten, mit
Zustimmung der damaligen Sozial-Liberalen Bundesregierung. Zu der Zeit
wurden in Libyen Bunker dieser Art gebaut. Ein weiterer Großauftrag folgte
im Irak. Zwischen 1982 und 1984 sind in dem Land 1.000 der Multi Purpose
Shelter von Neuero errichtet worden. Dort hat man hauptsächlich zwei
Größen gebaut. Der Typ VIII hatte eine innere Breite auf Höhe des Bodens
von 8 m, Typ X war entsprechend 10 m breit. Außerdem sollen in Bahrain
diese oder ähnliche Bunker gebaut worden sein. Für den unterirdischen
Schutzraum haben sich, nach weiteren Angaben, keine Kunden gefunden. Es liegen keine Angaben darüber vor, wann die Muster-Bauten errichtet wurden, und bis wann man sie als Vorführobjekte genutzt hat. Auf jeden Fall sind sie durch die Witterungseinflüsse der vergangenen Jahrzehnte heute nicht mehr vorzeigbar. Interessant ist ein aktueller Blick auf das Werk von Neuero in Emlichheim. Auf dem Betriebsgrundstück stehen zwei großen Stahlhallen, die stark an die Shelter in Wilsum erinnern. Sowohl die als Dach genutzten Rundbögen, als auch die mit Klammern verbundenen Stahlelemente an den Enden, haben den gleichen Ursprung. Zustand: Zugang: Hinweis: |
Fotos:
Der Schutzraum:
Die Multi Purpose Shelter:
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Am hinteren Ende ragt der Belüftungsschacht aus der Erdüberdeckung. |
Im Westen stehen zwei weitgehend baugleiche Shelter nebeneinander. |
Der rechts stehende mit Tor zeigt sich weitgehend komplett. |
Ein näherer Blick auf das große vorgewölbte Tor. |
Hier befindet sich der Personeneingang rechts, darüber eine Belüftung. |
Auch an diesem Bunker wurden die Elemente mit Klammern verbunden. |
Das Tor von der Innenseite. Mit dem Hebel Mitte unten wird im geschlossenen Zustand eine Dichtleiste angepreßt. |
Die Anzahl der verbauten Rundbögen bestimmt die Länge der Halle. |
Oben in der Rückwand die Belüftungsöffnung, von der ein Kamin zur Oberseite führt. |
Auf dem Bunker ist am hinteren Ende der Kamin zu finden. |
Blick ins Innere. |
Der Boden der Bunker konnte mit solchen Stahlplatten ausgelegt werden. |
Der links stehende Shelter. |
Bei ihm fehlt das große Tor. Unklar, ob nie vorhanden oder später entfernt. |
Auffällig ist an diesem Bau, daß hier die Elemente nicht mit Klammern verbunden, sondern verschweißt sind. |
Die Rundbögen schirmen die Vorderseite des Bunkers ein Stück weiter ab. |
Die Frontseite, erkennbar sind wieder Ösen für den schnellen Aufbau mit Kränen. |
Blick auf die Rückseite der Vorderfront. |
Hier eine Verbindungsklammer im Detail. |
Die Vorderfront ist über solche Schraubspindeln mit den Rundbögen verbunden. |
Blick Innen Richtung Eingang. |
Die entgegengesetzte Perspektive. |
Oben wieder die Öffnung zum Entlüftungsschacht. |
Der Luftschacht auf dem Bunkerdach. |
Erkennbar sind links die Front und rechts oben der Kamin. Mit nur 15 m sind diese Muster-Bauten recht kurz. |
Quellenangabe: - Quick 07.02.1991, Heft 7 - Neuero: Internationale Patentschrift Schutzraum WO 89/08179 vom 8. September 1989 - https://www.neuero-railtec.com/unternehmen/historie - J. Rottmann |
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