Bis
1945:
Auf dem Gelände des späteren Konzentrationslagers Bergen-Belsen entstanden
im nördlichen Bereich ab 1936 Barackenunterkünfte für Bauarbeiter, die
das Ostlager, heute NATO-Lager Hohne, des Truppenübungsplatzes
Bergen, errichteten. Die Arbeitskräfte blieben hier bis 1941, ab 1940 kamen ca. 600
französische und belgische Kriegsgefangene eines Bau- und Arbeitsbataillons
dazu.
Der Komplex von Belsen kann in drei zeitlich teilweise parallel laufende
Phasen geteilt werden: die erste war das Kriegsgefangenenlager, die zweite
das Aufenthaltslager und die dritte Phase das Evakuierungslager. Am Ende
steht die Zahl von etwa 100.000 Toten, die in diesen Lagerbereichen umgekommen
sind!
Kriegsgefangenenlager:
Im Mai 1941 hat man das Arbeiter-Lager grundlegend umgewandelt, in den
bisherigen Baracken wurde ein Lazarett eingerichtet und südlich davon umzäunte
man eine große Freifläche um darin das Mannschaftsstammlager (Stalag) XI
C (311) einzurichten. Als im Juli 1941 die ersten sowjetischen Soldaten
eintrafen, fehlten hier, wie auch in den Stalag
X D Wietzendorf und Stalag XI D Oerbke, jegliche Behausungen für die Gefangenen! Im Herbst des Jahres befanden sich
schließlich ca. 20.000 Rotarmisten im Lager, die bis dahin in Erdhöhlen
ausharrten, erst jetzt konnten die Gefangenen mit dem Bau von Baracken
beginnen. Im Winter 1941/42 kam es wegen der schlechten hygienischen Verhältnisse
und völlig unzureichenden Ernährung zu einer Fleckfieberepidemie, während
der etwa 18.000 Insassen starben. Westlich des Lagers hat man einen Friedhof
für die Toten aus Stalag und Lazarett angelegt, zwischen 30.000 und 50.000
Opfer liegen dort begraben.
1943 wurde das Stalag XI C aufgelöst und das Gelände an die SS übergeben,
die hier das Konzentrationslager Bergen-Belsen einrichtete. Zu dieser Zeit
bestand weiterhin unter dem Kommando der Wehrmacht im nördlichen Bereich
das Lazarett, welches als Zweiglager des Stalag
XI B Fallingbostel weiterbetrieben wurde, es war das „Zentrale Lazarett für russische Kriegsgefangene“
in der Lüneburger Heide. Im Januar 1945 verlegte man schließlich auch diese
Einrichtung nach Fallingbostel und die freigewordenen Baracken gliederte
man ins KZ ein.
Konzentrationslager:
Im April 1943 übernahm die SS einen Teil des bisherigen Stalag und richtete
darin das „Aufenthaltslager Bergen-Belsen“ ein; hier wurden Juden eingewiesen,
die gegen im Ausland internierte Deutsche ausgetauscht werden sollten.
Während der Zeit bis Kriegsende gab es lediglich sechs Transporte bei
denen jüdische Häftlinge in die Freiheit entlassen wurden.
Ab März 1944 wandelte sich das KZ von einem Lager in dem die Häftlinge
noch gewisse Privilegien besaßen zu einem „normalen“ also brutalen Konzentrationslager.
Im März trennte die SS einen Teil des Lagers ab, um dort kranke Häftlinge
aus anderen KZ unterzubringen, der erste dieser Transporte kam am 27.
März vom KZ Mittelbau-Dora, nahe Nordhausen (Thüringen). Hierbei sind
auch erstmals nichtjüdische Gefangene nach Belsen gekommen. Die SS bezeichnete
das Lager zu diesem Zweck als „Erholungslager“, tatsächlich war es jedoch
als Sterbelager zu verstehen. Im August 1944 verlege man weibliche Häftlinge
aus dem KZ Auschwitz-Birkenau (Polen) nach Belsen, zum Teil wurden sie
an KZ-Außenkommandos in Norddeutschland weiterverteilt, zum Beispiel
an das Außenkommando Duderstadt des
KZ Buchenwald. Zur Unterbringung standen wiederum nicht genügend Baracken
zur Verfügung, es wurden im Südostbereich auf einer Freifläche lediglich
Zelte aufgestellt, die den Herbststürmen 1944 nicht standhielten.
Am 2.12.44 übernahm Josef Kramer das Kommando in Bergen-Belsen, er war
vorher Leiter des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Mit ihm begann
die menschenverachtendste Zeit in Belsen. Zum Zeitpunkt seines Antritts
befanden sich 15.257 Gefangene im Lager. Im Januar 1945 übernahm die
SS das freigezogene Lazarett als Frauenlager und war ab da allein Verantwortlich
für die gesamte Liegenschaft. Zu dieser Zeit begann auch die Verlegung
großer Zahlen von Häftlingen aus frontnahen Konzentrationslagern nach
Bergen-Belsen, dies führte zu einer hoffnungslosen Überbelegung der Anlage.
Am 15.1.45 lauteten die Belegungszahlen: 16.475 Frauen und 5.811 Männer.
Ab hier begann ein Massensterben unter den Insassen, die Toten wurden
in Massengräbern auf dem Lagergelände verscharrt.
In der zweiten Woche des April 1945 verlegte die SS ca. 15.000 Häftlinge
aus dem aufzulösenden KZ Mittelbau-Dora nach Belsen, dazu kamen weitere
Transporte aus anderen evakuierten KZ. Sie wurden in einen Teilbereich
der Wehrmachtskasernen untergebracht, bezeichnet als Lager II. Kurz vor
Kriegsende sind noch mehrere tausend jüdischer Austauschhäftlinge in
Richtung KZ Theresienstadt (Tschechien) in Marsch gesetzt worden, das
Ziel erreichten sie aber nicht mehr.
Am Kriegsende hatten deutsche Unterhändler mit den vorrückenden britischen
Verbänden des 8th Corps ausgehandelt, daß um das Lager eine „neutrale
Zone“ geschaffen wird, in der es keine Kampfhandlungen geben solle. Die
Unterhändler hatten gegenüber den Briten das KZ als ein Interniertenlager
bezeichnet, in dem Typhus ausgebrochen wäre. Am 13. April 1945 marschierte
die Britsh Army außerhalb der neutralen Zone zum Lager Hohne und besetzten
die Kasernen. Erst am 15. April betraten sie auch das Gebiet des Konzentrationslagers
und erkannten erst jetzt das Ausmaß des Horrors. An Überlebenden fanden
sie etwa 28.000 Frauen und 12.000 Männer; ca. 10.000 unbeerdigte Tote
wurden aufgefunden.
Ab 1945:
Die überlebenden KZ-Häftlinge des Lagers wurden von den Briten in das
Lager Hohne verlegt, es diente ab da als Lazarett. Zwischen 21. April
und 21. Mai 1945 brachten sie ca. 29.000 in die Wehrmachtskasernen.
Trotz aller Bemühungen verstarben in den nächsten Monaten noch zahlreiche
Opfer, die Qualen der Haft wirkten auch körperlich noch lange nach.
Diese etwa 13.000 Toten sind auf einem Friedhof innerhalb des NATO-Lagers
beerdigt. Bis 1950 befand sich in einem Teil des Lagers Hohne ein „Displaced
Persons Camp“, hier verblieben die befreiten Häftlinge und weitere
ehemalige Fremd- und Zwangsarbeiter bis zur Rückkehr in ihre Heimat
oder andere Länder. Mit über 12.000 Einwohnern entstand hier das größte
jüdische DP-Camp im Nachkriegs-Deutschland. Am 5. August 1951 schloß
schließlich auch das jüdische Lager Bergen-Belsen im Camp Hohne endgültig.
Von den Briten ist das KZ in aller Welt bekannt gemacht worden, zahlreiche
Berichte wurden hier verfaßt und über BBC verbreitet. So ist heute noch
Bergen-Belsen überall ein Synonym für den brutalsten Nazi-Terror.
Die verhafteten SS-Wachmannschaften und Kapos sind in Lüneburg vor ein
britisches Gericht gestellt worden. Kramer und zehn weitere Mittäter
wurden in Hameln gehenkt, andere mit Gefängnis bestraft.
Um das Ausbreiten von Seuchen zu verhindern, sind sämtliche Baracken
des KZ Bergen-Belsen, gleich nach der Verlegung der letzten Insassen
in die Kasernenanlage, am 21. Mai 1945 niedergebrannt worden.
Die Steingebäude der früheren Verwaltung im Ostteil des Komplexes nutzten
bis 1955 Vertriebene aus den Ostgebieten als Notunterkunft, danach riß
man auch diesen Bereich ab.
Im November 1945 errichteten Überlebende auf dem Lagergelände ein erstes
Mahnmal, in der Folgezeit wurde die Anlage zu einer Gedenkstätte. 1952
übergaben die Briten die Anlage in Belsen an das Land Niedersachsen.
Im Jahre 1966 ist südlich der früheren Lagergrenze ein Dokumentationszentrum
errichtet worden.
Jahrzehnte lang wirkte die Gedenkstätte, abgesehen von ihrer tragischen
Bestimmung, wie eine gepflegt Parkanlage, keinerlei Original-Relikte
zeugten von der Vergangenheit. Dieses wurde Anfang der 1990er Jahre schließlich
als Mißstand erkannt und es begann eine Freilegung durchaus noch vorhandener
Spuren. Im Rahmen von Work-Camps beschäftigen sich seit 1991 vor allem
Jugendliche mit dem Ausgraben verschütteter Objekt, wie Barackenfundament
und Feuerlöschteiche. Neben diesen größeren Anlagen fallen dabei immer
wieder kleine Gegenstände aus dem Alltagsleben des Lagers, wie Kochtöpfe
oder auch Schuhe, in ihre Hände.
Zustand:
Einige zugeschüttete bauliche Überreste sind wieder freigelegt worden.
Es sind Barackenfundamente, ein Teilstück der Lagerstraße und Feuerlöschteiche
auffindbar. Südlich der Gedenkstätte sind die verfallenen Erdwälle
der Schießanlage der Wachmannschaften erkennbar. Am Fußweg vom KZ zum
Friedhof sind Reste der Kläranlage aus der Zeit des Baulagers zu sehen.
Zugang:
Die Gedenkstätte ist frei begehbar, das Dokumentationszentrum ist täglich
von 9:00 bis 18:00 Uhr geöffnet.
Hinweis:
Über das KZ gibt es eine weitere Web-Site:
https://bergen-belsen.stiftung-ng.de
Es existiert auch diverse Literatur z.B.:
Titel: Bergen-Belsen - Begleitheft
zur Ausstellung
Verlag: Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung |
Titel:
After the Battle - Number 89
Verlag: Battle of Britain Press |
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Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Fotos:
Der Bereich des früheren Haupttores mit der zentralen Lagerstraße heute
Ein kleines Teilstück der früheren Lagerstraße wurde freigelegt
Fundament von Baracke 10, der vordere Bereich war Sonderlager für polnische
Juden, der hintere Bereich für ungarische Juden.
Unterbau der Entlausungsbaracke (Gebäude 314)
Fundament von Baracke 9, ein Lager und Werkstattgebäude.
Wasserzisterne bei der ehemaligen Küche B
Ehemaliger Feuerlöschteich im Lazarett, später Frauenlager des KZ.
Eines von 15 Massengräbern in der Gedenkstätte mit Opfern des Konzentrationslagers
Erdwälle des Schießstandes der Wachtruppen
Reste des Klärwerks
Eisenbahn-Verladerampe Bergen-Lagerbahnhof
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