Rubrik: Explosivstoffproduktion | Translation: |
Eibia GmbH - Anlage „Weser“, Dörverden |
Bis
1945: Im Februar 1937 begannen die Vorarbeiten für die Errichtung des ersten Werkes der Eibia GmbH, welches nicht am Stammsitz der Gesellschaft in Bomlitz gebaut werden sollte. Nach den Anlagen „Waldhof“, „Walo I“ und „Walo II“ war die Anlage „Weser“ in Dörverden das vierte Werk, 1938 folgte als fünftes „Karl“ in Liebenau. Der eigentliche Baubeginn war im Jahre 1939. Die Dörverdener Anlage ist als Schattenwerk geplant gewesen, das heißt sie sollte im Mobilmachungsfall ihren Betrieb aufnehmen. Der Beginn des II. Weltkrieges lag aber weit vor der Vollendung der Fabrik, so wurde gleich nach der Fertigstellung im Oktober 1941 die Produktion aufgenommen. Auf einer Waldfläche von rund 385 ha sind 273 Gebäude errichtet worden. Davon hat man 7 unterirdisch, 68 mit Erdwall und 198 oberirdisch ausgeführt. Vom Bahnhof Dörverden kam ein Anschlußgleis der Reichsbahn zum Werk, innerhalb der Eibia sind über 21 km Schienenstrecke verlegt worden. Der immense Wasserverbrauch des Produktionsbetriebes konnte über den Zulauf von Flußwasser aus der Weser und über 41 Tiefbrunnen auf dem Werksgelände gedeckt werden. Die Abwässer hat man in die Weser abgeleitet. Die ursprünglichen Planungen sahen für Dörverden eine Kapazität von 950 Monatstonnen (moto) Nitrocellulosepulver vor. Bereits 1940 stellte sich aber heraus, daß bei weitem nicht soviel NC-Pulver benötigt werde, die Baumaßnahmen beschränkten sich daraufhin auf eine Kapazität für 450 moto. Eben aus diesem Grund ist das Kraftwerk II nicht vollendet worden. Auch die reduzierte Leistung des Werks wurde bis zum Kriegsende nie voll ausgenutzt. Das Pulver wurde in unterschiedlicher Weise hergestellt. In Dörverden sind hauptsächlich Sorten für Pistolen- und Langwaffenpatronen erzeugt worden, daneben aber auch weitere für andere Zwecke. Eine hiesige Besonderheit war das „A-Pulver“, es handelte sich dabei um einen chemischen Kampfstoff. Ab 1943 ist dafür im besonders abgesperrten AP-Bereich NC-Pulver mit der Arsenverbindung Azin bzw. Adamsit vermischt worden. Während der Betriebszeit kam es zu verschiedenen Explosionsunglücken in der Anlage. Ein besonders schweres ereignete sich am 10. Oktober 1942. Hierbei ist durch Entzündung von Pulverstaub das Trockenhaus 365/2 bis auf die Bodenplatte vernichtet worden. Ein benachbartes Gebäude fing Feuer und ein mit Pulver beladener Transportkarren explodierte in der Folge. Sieben ausländische Arbeitskräfte kamen hierbei ums Leben, mehrere weitere Personen wurden verletzt. Die Belegschaft des Werks bestand, je nach Zeitpunkt, aus 1.200 bis 1.800 Kräften. Darin enthalten ist die Zahl von bis zu 1.400 Fremd- und Zwangsarbeitern sowie Kriegsgefangenen, die meist in den gefährlichsten Produktionsbereichen eingesetzt wurden. Über die unmittelbar angrenzende Abteilung Diensthop berichtet eine separate Seite. Die weiteren Einrichtungen außerhalb des Kerngeländes, Verwaltung und Arbeitslager, sind auf der Seite Außenanlagen beschrieben. Anfang April 1945 ist der Betrieb des Werks eingestellt worden, ein Befehl zur Zerstörung der Anlage wurde nicht ausgeführt. Britische Truppen besetzten die fast vollständig erhaltene Anlage, damit endete hier der II. Weltkrieg. Ab
1945: Zustand: Zugang: Hinweis: |
Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps: Fotos:
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Energieanlagen: | ||||
Das gesprengte 7.500 KVA leistende Kraftwerk I zeigt heute noch eindrucksvoll seine frühere Größe |
Impressionen aus dem Kraftwerk I |
Hier teilen sich die Abgasschächte zu zwei aus Luftschutzgründen in rund 100 m Entfernung befindlichen einklappbaren Schornsteinen |
Durchblick zur Kohlenschüttung |
Am Boden sind noch Gleise für Loren sichtbar |
In der Kohlenschüttung |
Hier der Einlauf vom Anschlußgleis |
Vom nicht fertiggestellten Kraftwerk II zeugen nur noch geringe Betonreste in einer großen Sanddüne |
Die Trafostation 120/4 ist noch vorhanden |
Das Kohlenlager ist heute stark überwachsen |
Wasseranlagen: | ||||
Größtes mehr oder weniger erhaltenes Gebäude im zugänglichen Bereich ist die ehemalige Reinwasserfilterstation |
Die Reinwasserfilterstation steht leer |
Das Reservepumpenhaus wird heute forstwirtschaftlich genutzt |
Ein Zugang zu einem in 2002 zugeschütteten unterirdischen Raum neben einer Brunnenanlage |
Dieses Gebäude in der Kaserne beherbergte eine Trinkwasseranlage |
Produktionsanlagen - NC-Bereich (Nitrocellulose): | ||||
Die ehemalige Kocherhalle ist heute die größte Ruine innerhalb der Kaserne, im Standortjargon „Kaiserbunker“ genannt. |
Eines von insgesamt sechs Alkoholverdränger-Gebäuden, alle sind erhalten. |
Eines der beiden erhaltenen NC-Mischer-Gebäude, die größten Eibia-Bauten in der Kaserne. |
Dieser Bau enthielt einen Wasserverdränger |
Am Ostrand der Kaserne steht die Ruine der Rektifikation |
RP-Bereich (Rauchloses Pulver): | ||||
Dieses Lager für feuchte Wolle diente als Unterkunft |
Weiteres Lagerhaus für feuchte Wolle |
Lagerhaus für feuchte Wolle, insgesamt hatte die Anlage „Weser“ sechs baugleiche Häuser, alle sind noch vorhanden |
Ein gesprengtes Kistenlager |
Auf dem Dach des Trockenhauses 365/1 |
Reste vom Trockenhaus 365/2, Ort des schweren Explosionsunglücks vom 10.10.42. |
Das Dach eines Waschhauses mit Belüftungsschächten |
Polierwerk mit geschützter Zuwegung davor |
Rest eines Polierwerks |
Es befanden sich verschiedene unterirdische Verbindungsgänge im Produktionsbereich, hier eine Verbindung zwischen Polierwerken. |
In diesem Gebäude befand sich eine Alkoholaufbereitungsanlage |
Dieses Gebäude beherbergte eine Vakuum-Maschinenanlage |
Ein Vakuumschrankgebäude |
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AP-Bereich (A-Pulver): | ||||
Das Press- und Schneidgebäude für den chemischen Kampfstoff „A-Pulver“ ist nur noch in Fragmenten erhalten |
Auch im AP-Bereich befinden sich diverse Vakuumschrankgebäude |
Eine weitere gesprengte Vakuumschrankanlage |
Vom Schrägtrommelgebäude stehen nur noch einige Wände |
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Quellenangabe: - Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945 - Band 2: Niedersachsen I - Olaf Bennefeld u.a.: Nur keine schlafenden Hunde wecken, Wettbewerbsbeitrag zum Schülerwettbewerb „Deutsche Geschichte“ - Niedersächsisches Umweltministerium: Gefährdungsabschätzung von Rüstungsaltlasten in Niedersachsen - Christine Mussel, Ursula Philipp: Beteiligung von Betroffenen bei Rüstungsaltlasten, Entwicklung eines standortbezogenen Beteiligungsmodells Teil 2 Empelde, Dörverden, Liebenau - drei Fallstudien - Klaus Schütte: Das Steinlager Dörverden - Archiv F. Hübner - Transportbataillon 11, Dörverden-Barme |
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