Bis
1945:
Die Kasernenanlage der Stadt Rotenburg (Wümme) wurde ab 1936 errichtet.
Dafür ist ein Gelände rund 4 km nordwestlich des Stadtzentrums herangezogen
worden. Noch heute liegt die Anlage mit einem deutlichen Abstand zur Stadt.
Noch
im Dezember des Jahres 1936 konnte für die ersten Gebäude das Richtfest
gefeiert werden. Und schon am 30. Januar des Folgejahres zogen die ersten
Soldaten in die Kaserne ein. Die Liegenschaft sollte ein Luftzeugamt
beherbergen, daran angebunden wurde ein Fliegerhorst errichtet. Als Deckname
für den Flugplatz legte man „Seebad“ fest.
Der südliche Teil des Areals ist zum Flugfeld ausgebaut worden. Der Flugbetrieb
wurde auf Grasnarbe abgewickelt. Nördlich an das Flugfeld angrenzend
entstand der Hallenbereich mit fünf Hangars und einer Werfthalle. Der
Vorfeldbereich war betoniert. Hinter den Hallen baute man den Arbeitsbereich
mit diversen Gebäuden, die Werkstätten beherbergten. Daran schloß sich
in der Osthälfte der Verwaltungs- und Wohnbereich an. Hier sind unter
anderem Stabsgebäude, Unterkunftsblocks, Heizwerk, Fernmeldebunker und
auch ein Freibad gebaut worden.
Am westlichen Rand errichtete die Luftwaffe einen Depotbereich mit Lagerhäusern
für den Bedarf des Luftzeugamtes. Auch in der nördlichen Ecke der Liegenschaft
wurden weitere Lagerhäuser gebaut.
Zum Schutz gegen feindliche Luftangriffe ist im weiteren Umfeld der Anlage
eine Flak-Stellung errichtet worden. Sie befand sich auf dem Bullerberg
bei Westerholz, ca. 4 km nordöstlich des Flugplatzes gelegen.
Das Luftzeugamt verlegte bereits 1939 nach Legnitz in Schlesien.
Danach verblieben an logistischen Einrichtungen nur die Flugzeugwerft
und ein Flak-Park in Rotenburg. Nun folgte aber erstmals die Belegung
mit fliegenden Verbänden. Vom November 1939 bis zum Januar 1940 lag hier
die III. Gruppe des Sturzkampfgeschwader 2 „Immelmann“, ausgerüstet mit
Junkers Ju 87. Vom 15.12.1939 bis 15.2.1940 befand sich auch die Kampfgruppe
100 mit Heinkel He 111H Bombern in Rotenburg.
Für die Zeit danach sind keine weiteren Belegungen verzeichnet. In der
letzten Hälfte des II. Weltkrieges befanden sich dagegen fast ständig
Jagdverbände auf dem Horst. Die permanent zunehmende Bedrohung durch
einfliegende alliierte Bomberflotten war Anlaß dafür. Die Belegung länger
stationierter Gruppen im Einzelnen:
25.12.1943 - 26.2.1944 II./JG 3 „Udet“ mit Messerschmitt Bf 109G Jägern,
29.2.1944 - 6.6.1944 I./JG 11 mit Focke-Wulf Fw 190A,
12.7.1944 - 11.8.1944 III./ JG 4 mit Bf 109G.
Mit dieser Ansammlung von Jagdmaschinen kam der Flugplatz
selbst natürlich auch in das Visier der Alliierten. Einen Tag nach Pfingsten
1944 wurde ein schwerer Luftangriff auf den Flugplatz geflogen. Neben
größeren Sachschäden waren über 100 Tote zu beklagen.
Der II. Weltkrieg endete für Rotenburg mit dem Einmarsch britischer Truppen.
Der Flugplatz wurde am 22. April 1945 besetzt.
Ab 1945:
Nach Ende des Krieges übernahm eine britische Nachschubeinheit die Liegenschaft.
Während dieser neuen Nutzungszeit wurden verschiedene bauliche Veränderungen
vorgenommen. Einige Bauten, darunter die alten Flugzeughallen, sind
abgerissen worden.
Nach Aufstellung der Bundeswehr sollte die Kaserne wieder
in deutsche Nutzung überführt werden. Am 15. August 1958 traf ein Vorkommando
des Heeres ein und übernahm die Anlage von den Briten. Die Bundeswehr
wollte die Liegenschaft so nutzen, wie es die vorhandene Infrastruktur
anbot. So wurden Heeresflieger und Logistiktruppen stationiert.
Für den aufzunehmenden Flugbetrieb mußten diverse Anlagen erst wieder
aufgebaut werden. Alle Flugzeughallen und die Flugleitung wurden neu
errichtet. Man baute eine befestigte Startbahn. Die Instandsetzungstruppe
konnte mit den alten Werkstätten und Lagerhäusern geeignete Bauwerke
übernehmen. Der Flugplatz erhielt die Kennung EDCR.
Im nördlichen Depotbereich wurden die meisten Gebäude abgerissen, das
Gelände ist dann zum Standortübungsplatz Luhne umgewandelt worden.
Im Laufe der folgenden Jahre wuchs die Kaserne zu einem bedeutenden
Standort heran. Dafür wurde die Infrastruktur über die Zeit beständig
ausgebaut. Am 18. Juli 1964 bekam die Anlage den Namen Lent-Kaserne.
Die stationierten Einheiten hatten nur teilweise gemeinsame Leitverbände,
sie unterstanden verschiedenen Großverbänden.
Das I.
Korps aus Münster brachte einige Korpstruppen unter:
Ab 1959 lag das Fernmeldebataillon 120 (EloKa) hier. Dieser Verband betrieb
die Elektronische Kampfführung durch abhören oder stören gegnerischen
Funkverkehrs. Für diese Zwecke wurde am Nordrand des StOÜbPl eine Antennenanlage
errichtet.
Es befanden sich auch Fernmeldeausbildungskompanien in Rotenburg. In
der Heeresstruktur IV, in den 1980er Jahren, waren diese die FmAusbKp
4/I und 5/I.
Für die Betreuung der Infrastruktur des Flugplatzes war die Heeresflugplatzkommandantur
104 zuständig. Instandsetzungsarbeiten an den Luftfahrzeugen führte die
Heeresfliegerinstandsetzungsstaffel 102 durch. Für die Grundausbildung
technischen Personals war die Heeresfliegerausbildungsstaffel 8/I zuständig.
Für die 3.
Panzerdivision aus Buxtehude war Rotenburg ein wichtiger Standort von Divisionstruppen:
Bereits ab Übernahme der Anlage von den Briten war die Heeresfliegerstaffel
3 hier beheimatet. Neben Verbindungs- und Beobachtungshubschraubern vom
Typ SE 3130 Alouette II waren in den ersten Jahren auch Flächen-Flugzeuge
Dornier Do 27 in Rotenburg eingesetzt.
Ebenfalls ein Verband der ersten Stunde war das Instandsetzungsbataillon
3.
Ab August 1959 befand sich hier auch die 3. Kompanie des Nachschubbataillon
3 aus Stade.
Zum Bereich der Elektronischen Kampfführung gehörte die Fernmeldekompanie
3 (EloKa).
Auch die 11.
Panzergrenadierdivision aus Oldenburg hatte Divisionstruppen in Rotenburg:
Die Heeresfliegerstaffel 11 kam 1972 von Celle-Wietzenbruch hierher.
Die FmKp 11 (EloKa) befand sich ab 1978 in der Lent-Kaserne.
Schließlich kann noch die FmKp 1 (EloKa) erwähnt werden. Diese
Einheit unterstand der 1. Panzerdivision aus Hannover und war von Oktober 1984 bis Oktober 1988 in Rotenburg, bevor sie
nach Neu Tramm verlegte.
Selbst die Luftwaffe hatte eine Einheit in der Lent-Kaserne
untergebracht. Das Flugabwehrraketenbataillon 31 aus Westertimke stationierte hier ab 1964 die 2. Batterie, damit sie näher an ihrer Einsatzstellung
Eversen lag. Diese gehörte zum Hawk-Luftverteidigungsgürtel.
Nach Ende des Kalten Krieges folgten für die Bundeswehr mehrere
tiefgreifende Umstrukturierungen, die die Auflösung diverser Verbände
bewirkten. Auch in Rotenburg hinterließen diese Maßnahmen tiefgreifende
Einschnitte.
Die Heeresflieger-Verbände wurden bis 1994 aufgelöst, danach konnte der
Großteil der Flugbetriebsfläche in eine zivile Nutzung überführt werden.
Heutige Hauptnutzer der Lent-Kaserne sind das Fernmelderegiment 1 und
das Logistikbataillon 3.
Zustand:
Der alte Kern der Kasernenanlage ist weitgehend in gutem Zustand erhalten.
Viele Unterkünfte, Betriebsgebäude und Lagerhäuser befinden sich noch
im Aussehen der Anfangszeit. Der Flugbetriebsbereich besteht dagegen
überwiegend aus moderneren Einrichtungen.
Im zugänglichen nördlichen Depotbereich, dem heutigen Standortübungsplatz,
hat man fast sämtliche Gebäude abgerissen. Im Wald sind noch diverse
Bombenkrater der Luftangriffe zu erkennen.
Von der Flakstellung bei Westerholz ist heute noch der Rest des Leitstandes
erhalten.
Zugang:
Die Kaserne ist
militärischer Sicherheitsbereich und darf nicht betreten werden, das
Flugfeld ist ebenfalls nicht zugänglich. Der Standortübungsplatz ist außerhalb von Übungszeiten frei begehbar.
Hinweis:
Der heutige zivile Flugplatz Rotenburg/Wümme im Internet:
http://edxq-mail.de
Für alle Flugplätze gilt:
Über die Flughäfen der Luftwaffe ist ein Buch mit zahlreichen zeitgenössischen
Standort-Skizzen erschienen:
Titel: Fliegerhorste
Autoren: Karl Ries und Wolfgang Dierich
Verlag: Motorbuch
ISBN: 3-613-01486-6
In diesem Buch ist vom Flugplatz Rotenburg eine Skizze
enthalten!
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Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Fotos:

Die Haupteinfahrt am Ostrand der Kaserne

Die historischen Gebäude sind abweichend zu anderen norddeutschen Fliegerhorsten
sämtlich nicht in Klinkerbauweise errichtet worden

Ein Unterkunftsgebäude aus der Anfangszeit

Die Turnhalle aus den 1930er Jahren

Auch dieses Heizwerk stammt aus den Anfangstagen des Flugplatzes

Die modernen Unterkünfte sind in Klinkerbauweise ausgeführt

Der historische Garagenhof weist noch Spuren der britischen Nutzung auf

Way in
Einfahrt

Way out
Ausfahrt

Eine Reparaturhalle des ehemaligen Luftzeugamtes

Zugang zum Kellergeschoß über eine befahrbare Rampe

Die verschiedenen historischen Reparaturhallen konnten später als Lagerhäuser
verwendet werden

Ein umfangreiches Gleisnetz erschloß Flugbetriebsbereich und Lagerhäuser

Dieses historische Gebäude am Rand des Flugfeldes beherbergte früher
die Flugplatzfeuerwehr

Für den Flugbetrieb der Bundeswehr wurden alle Hangars neu errichtet

Seit 1980 regelt dieser Tower den örtlichen Flugverkehr
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