Rubrik: Munitionsdepots / Versorgungsdepots | Translation: |
Sondermunitionslager und Standortmunitionsniederlage 254/1 Diensthop |
Relikte
des Kalten Krieges: Die Thematik der Bereitstellung von Atomwaffen für die Bundeswehr und weitere NATO-Partner durch die USA wird auf dieser Seite betrachtet: Atomwaffenlager für das Heer in Niedersachsen. Wichtige Aspekte über Divisions-Sondermunitionslager sind auch auf der Seite über Dünsen zu finden. Für jede Division der Bundeswehr wurde Anfang der 1960er Jahre ein Raketenartilleriebataillon
aufgestellt. So auch am 1. April 1961 für die 3. Panzerdivision: das RakArtBtl 32. Dem Verband ist als Heimatstandort die Garnison Dörverden
zugewiesen worden. Die Waffen-Ausstattung bestand Anfangs aus dem schweren
Artillerieraketensystem Honest John, welches im Verteidigungsfall ausschließlich
für den Verschuß atomarer Sprengköpfe eingeplant war. Standort für das erste Sondermunitionslager der 3. Panzerdivision wurde die frühere Heeresmunitionsanstalt Walsrode. Sie lag rund 3 km südlich der namensgebenden Stadt, bei der Siedlung Beetenbrück. Das Objekt ist zuvor bereits vom Territorialheer zum Munitionsdepot Walsrode (MunDp WAL) ausgebaut worden. Innerhalb der weitläufigen Liegenschaft konnte ein entsprechend geschützter Bereich für die Atomwaffen abgeteilt werden. Im Verwaltungsbereich der Muna standen mehrere Unterkunftsgebäude, die als Kaserne geeignet waren. Die Einheiten: Nachdem bei Diensthop ein neues Sondermunitionslager gebaut
worden ist, konnte im Dezember 1971 die Verlegung der Einheiten von Beetenbrück
nach Dörverden erfolgen. Größere Veränderungen ergaben sich am 1. Juli 1980, als das System Honest John ausgemustert wurde. Die Begleitbatterie wurde in 4./RakArtBtl 32 umbenannt. Das Raketenartilleriebataillon verfügte nun aber über keine Waffensysteme mehr, die atomare Sprengköpfe verschießen konnten. Konsequenterweise sind mit Einnahme der Artilleriestruktur 85 am 1. Oktober 1987 die Begleiter aus dem Bataillon ausgegliedert worden. Sie bildeten nun die eigenständige Begleitbatterie 3, die unmittelbar dem Artillerieregiment 3, Stade unterstellt war. Das Sondermunitionslager: Während die anderen Sondermunitionslager in Niedersachsen stets abgeschirmt innerhalb größerer militärischer Sicherheitsbereiche lagen, hatte dieses Objekt eine exponierte Lage. Landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Nutzflächen sowie Feldwege reichten bis unmittelbar an den Atomwaffen-Bereich heran. Entsprechend der Gefährlichkeit der Atomwaffen, aber auch
deren eigener Gefährdung, hatte man einen besonderen Aufwand zur Sicherung
der Munition betrieben. Das Lager wurde mit doppeltem Zaun abgegrenzt.
Zwischen den Zäunen standen in den vier Ecken Wachtürme, zunächst in
einfacher Holzbauweise. Nach Außen blendende Scheinwerfer erhellten nachts
das gesamte Areal. Die Vegetation wurde kurz gehalten. Somit war eine
permanente lückenlose Überwachung möglich. Für den Zugang zum Lager stand
nur ein Tor zur Verfügung, das mit einer Schleuse ausgestattet war. Im Laufe der Nutzungszeit hat man mehrere Maßnahmen zur Erhöhung
der Sicherheit durchgeführt. Die Umfangreichste war das Ende der 1970er
Jahre begonnene Long Range Security Program (LRSP). Dabei ist am Tor
ein neues Wachgebäude in massiver Betonbauweise errichtet worden, NATO-Bezeichnung
Site Security Control Center (SSCC). Hier konnten nun deutsches und US-Militär
gemeinsam untergebracht werden. Im Inneren blieb es jedoch bei einer
Trennung. An das Gebäude schloß ein Wachturm in ebenfalls massiver Bauweise
an. Das SSCC war klimatisiert und mit einer Schutzbelüftungsanlage ausgestattet.
An der Vorderseite des Bauwerks gab es eine Personenschleuse mit Vereinzelungsanlage,
für den Einlaß in den inneren Bereich des Munitionslagers. Als Erweiterung des LRSP wurde das Programm Weapons Access Denial System (WADS) durchgeführt. Es war hauptsächlich eine Reaktion auf die Gefährdung der Atomwaffenlager durch Terrorismus. Die Munitionslagerhäuser erhielten käfigartige Vorbauten aus Stahl. Innerhalb der Bunker wurde ein zweites Stahltor eingebaut. Die Tore bekamen spezielle Verriegelungen. Vor und über den Atomwaffen brachte man Stacheldraht-Bewehrungen an, die auf die Einlagerung abgesenkt werden konnten. Die Munition ist in Käfigen mit spezieller Verzurrung untergebracht worden. Ergänzend wurden Lautsprecher zur Abschreckung durch Lärm sowie Nebelerzeuger aufgestellt. Neben den Sprengköpfen für Honest John ist im Laufe der 1960er Jahre auch atomare Munition für Rohrartillerie in Diensthop eingelagert worden. Für Artilleriegeschütze der Kaliber 155 mm und 203 mm gab es entsprechende Granaten. Die grundlegendste Änderung ergab sich 1980 mit der Ausmusterung der Honest John. Danach waren nur noch die Geschoße für die Rohrartillerie der 3. Panzerdivision deponiert. Während die erste Hälfte der 1980er Jahre in Bezug auf den Kalten Krieg noch sehr hitzig verlief, setzte in der zweiten Hälfte eine deutliche Entspannung ein. Nun wurden die Montebello-Beschlüsse der Nuklearen Planungsgruppe von 1983 umgesetzt. Danach sollten die Atomwaffen-Bestände in Westeuropa bis 1988 um 1.400 Sprengköpfe reduziert werden. Als Folge hat man in Diensthop bereits im September 1988 die atomaren Sprengköpfe abgezogen - mehr als ein Jahr vor dem Fall der innerdeutschen Mauer. Das Sondermunitionslager konnte nun endgültig deaktiviert werden. Die Standortmunitionsniederlage: In einem kleineren Bereich am Südrand des Lagers war die StOMunNdlg
Typ K eingerichtet. Umgangssprachlich nannten die Soldaten oft die gesamte
Standortmunitionsniederlage K-Lager, und interpretierten K als Abkürzung
für Konventionell. Tatsächlich ist mit den Buchstaben A bis K lediglich
die Auslegung einer StOMunNdlg angegeben worden. Mit Ausmusterung der Honest John im Jahr 1980 entfiel die
Einlagerung der Raketenmotoren. Die Lagerfläche konnte aber gleich für
andere Zwecke genutzt werden. Das RakArtBtl 32 verfügte schließlich über
den Mehrfachraketenwerfer 110 SF, dessen Munition auch zu deponieren
war. Nach Ende des Kalten Krieges wurde eine Bevorratung von Munition
in der Nähe der einsetzenden Verbände aufgegeben. Anfang der 1990er Jahre
konnte daher auch die StOMunNdlg 254/1 geschlossen werden. Der Komplex
befand sich für viele Jahre nicht mehr in militärischer Nutzung. Zwischenzeitlich
hatten landwirtschaftliche Betriebe Munitionsbunker als Lagerraum angemietet. Zustand: Zugang: Hinweis: |
Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps: Fotos:
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Mit WADS erhielten die MLH einen käfigartigen Vorbau. |
Äußeres und inneres Tor. |
Der Schutzkäfig im Detail. |
Der Torbereich von Innen. |
Der Lagerraum, an der Decke Befestigungen für Stacheldraht. |
Bilder von der aktiven Nutzung, freundlicherweise von T. Kyntschl zur Verfügung gestellt: | ||||
Die zwei MLH. Die Stangen auf dem Gelände dienten zum Schutz gegen feindliche Luftlandungen. |
Blick in den Turm 2. |
Maschinengewehr auf einem Posten. |
Die Unterkunft der Begleitbatterie in Barme, davor Fahrzeuge des Bereitschaftszuges. |
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Standortmunitionsniederlage: | ||||
Die Haupteinfahrt mit dem Wachgebäude. |
Ein Lagerhaus für Raketenmotoren. |
Später landwirtschaftlich genutzt. |
Und schließlich abgerissen. |
Ein früherer Blick nach Innen. |
Munitionslagerhaus mit 25 m² Nutzfläche. |
Angaben zur Einlagerung am Tor. |
Eines von 12 MLH mit 50 m² Nutzfläche. |
Auch von den kleineren MLH blieben nur Erdhügel. |
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Kaserne: | ||||
Die Unterkunft der Begleitbatterie 3 kurz vor dem Abriß der Niedersachsen-Kaserne. |
Die Unterkunft des 25th USAFAD in Barme in früheren Zeiten. |
Der typische Funkturm des USAFAD. |
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Quellenangabe: - Exposé StOMunNdlg Diensthop - Hammerich, Kollmer, Rink, Schlaffer: Das Heer 1950 bis 1970 - Robert P. Grathwol, Donita M. Moorhus: Building for Peace - U.S. Army Engineers in Europe 1945-1991 - Alfred Mechtersheimer, Peter Barth: Militarisierungsatlas - Bundeswehr: Standort Dörverden-Barme - Tag der offenen Tür 24. Juni 1989 - https://www.usarmygermany.com - J. Diercks - T. Kyntschl - Jörg - „Alterfritz“ |
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