Aus
Darstellungsgründen werden auf dieser Seite viele militärische Abkürzungen
verwendet. Eine Erklärung erscheint, wenn man mit dem Mauszeiger auf
eine dieser Abkürzungen weist.
Relikte
des Kalten Krieges:
Auf dieser Seite wird die 3. Division der Bundesluftwaffe vorgestellt.
Sie war der älteste Großverband der Luftwaffe in Norddeutschland. Die
Division wurde im Jahre 1994 aufgelöst. Mit ihrem Ende ging die Ziffer
3 an die vormalige 5. Luftwaffendivision in Berlin-Gatow über. Dieser
jüngere Großverband steht dementsprechend nicht in der Traditionslinie
der hier vorgestellten alten 3. Luftwaffendivision.
Nach der politischen Entscheidung zur Aufstellung der Bundeswehr
entstand ein großer Druck auf die verantwortlichen Planer im Verteidigungsministerium.
Die Bundesregierung hatte den NATO-Partnern eine Armee von 500.000 Soldaten
zugesagt. Bundeskanzler Adenauer drängte auf eine rasche Umsetzung, um
seine Politik der Westintegration gegenüber den Allianzpartnern abzusichern.
Es begann eine Phase, die durch Improvisation und ständige Veränderungen
geprägt war. Das benötigte Material befand sich erst im Zulauf, die Infrastruktur
war in weiten Bereichen neu aufzubauen. Auf der Seite des Geräts bedeutete
es, daß die Masse aus dem Ausland eingeführt werden mußte. Insbesondere
die deutsche Luftfahrtindustrie brauchte schließlich Zeit, um sich neu
zu finden und das Know-how wieder zu erlangen. Mehrere Firmen konnten
bald durch Lizenzfertigung ausländischer Fabrikate wieder intensiv in
das Geschehen einsteigen.
Auf Seiten der Infrastruktur wurden ausschließlich Flugplätze in Betrieb
genommen, auf deren Fläche bereits im II. Weltkrieg eine militärische
Nutzung stattgefunden hatte. Außerdem hat man diverse weitere Kasernen
in einem umfangreichen Neubauprogramm errichtet.
Luftwaffenstruktur
1 (1956-1963):
In der Frühphase nach Aufstellung der Bundeswehr wurden in Nord- und
Süddeutschland je eine Luftverteidigungsdivision als Dachverband für
die neu gebildeten Einsatzverbände eingerichtet. Am 1. August 1957 ist
für den Norden in Münster, Nordrhein-Westfalen der Stab der 3. Luftverteidigungsdivision
aufgestellt worden.
Der Großverband bekam schnell einen bedeutenden Umfang mit einer vielfältigen
Ausstattung. Im Folgenden werden die Verbände der 3. Luftverteidigungsdivision
mit Stand erste Hälfte des Jahres 1960 dargestellt:
Die Anzahl der unterstellten Verbände sollte jedoch bald reduziert
werden. Am 1. April 1960 wurde die 4. Luftwaffendivision aufgestellt. Zum 1. August folgte die Luftwaffendivision Nord, als Dachverband
sämtlicher Verbände der Bundesluftwaffe in Schleswig-Holstein. Mit beiden
ist der Weg zur Luftwaffenstruktur 2 bereitet worden.
Zur Ausrüstung:
Nach Aufstellung der Bundeswehr mußten die benötigten Waffensysteme für
die Luftwaffe sämtlich von den NATO-Partnern bezogen werden. Als Jagdflugzeug
ist eine Anzahl des Musters Canadair CI-13B Sabre aus kanadischer Fertigung
eingeführt worden. Dazu kam eine größere Zahl Jagdbomber vom Typ Republic
F-84F Thunderstreak, sowie einige Aufklärer Republic RF-84F Thunderflash.
Während Flugabwehrraketenverbände mit dem System
Nike ausgestattet werden konnten, besaßen Luftwaffenflugabwehrbataillone anfangs
noch die für ihre Aufgaben nicht mehr zeitgemäßen Flugabwehrkanonen.
Von den Einheiten der Radarführung sind
mehrere, zum Teil schon seit Jahren von den NATO-Partnern betriebene
Stellungen mitsamt Gerät übernommen worden.
Luftwaffenstruktur
2 (1963-1968):
Bereits Anfang der 1960er Jahre begann eine Umorganisation der Luftwaffe.
Neue Konzepte sahen vor, daß jedem Luftverteidigungssektor eine weitgehend
autarke Division zugeordnet werden sollte. Dazu bekam jeder Großverband
fliegende Staffeln, Flugabwehrbataillone sowie Abteilungen der Radarführung.
Die für Norddeutschland zuständige 2 ATAF der
NATO mit Sitz in Mönchengladbach (Nordrhein-Westfalen,) verfügte über
Sektoren mit den Kommandozentralen SOC 1 in Brockzetel und SOC 2 in Uedem (Nordrhein-Westfalen).
Dem Sektor 1 ist die 4. Division zugeordnet worden, Sektor 2 die 3. Division.
Die Großverbände trugen fortan die einheitliche Bezeichnung Luftwaffendivision.
Schleswig-Holstein hatte wegen seiner besonderen Lage bereits bei den
Heerestruppen eine Sonderstellung mit umfangreicheren Truppen. Auch die
Luftwaffe sah sich veranlaßt, für das nördlichste Bundesland einen eigenen
Großverband bereitzustellen. Am 1. April 1963 wurde die Luftwaffendivision
Nord mit Sitz in Schleswig in 7. Luftwaffendivision umbenannt.
Mit der Umverteilung der in Norddeutschland stationierten
Luftverteidigungskräfte auf nunmehr drei Divisionen, reduzierte sich
entsprechend der Umfang der 3. Luftwaffendivision deutlich. Hier deren
unterstellte Verbände im Jahr 1964:
Auch diese Struktur sollte keinen langen Bestand haben. In
der zweiten Hälfte der 1960er Jahre wurde eine fachliche Zusammensetzung
der Divisionen als die geeignetste Form angesehen. Damit sind schon nach
kurzer Zeit die Weichen Richtung Luftwaffenstruktur 3 gestellt worden.
Zur Ausrüstung:
Während der Luftwaffenstruktur 2 kamen Waffensysteme zur Truppe, die
teilweise gravierende Leistungssteigerungen brachten. Sowohl als Jäger,
und auch als Jagdbomber ist das überschallschnelle Muster Lockheed
F-104G Starfighter eingeführt worden. Dazu kam der auf dem gleichen
Typ basierende Aufklärer RF-104G.
Für die Luftnahunterstützung auf dem Gefechtsfeld beschaffte man die
Fiat G.91. Die mit diesem System ausgerüsteten Jagdbombergeschwader wurden
fortan als leichte Kampfgeschwader bezeichnet.
Die Flugabwehrverbände verfügten mit dem System
Hawk nun auch für den Wirkungsbereich in niedrigeren Flughöhen über eine moderne
Waffe.
Luftwaffenstruktur
3 (1968-1991):
Mit der dritten Struktur wurde für die Bundesluftwaffe eine Gliederungsform
gefunden, die sich auf Dauer bewährte. Schließlich konnte sie mehr als
zwei Jahrzehnte - bis zum Ende des Kalten Krieges - gültig bleiben.
Das wesentlichste Merkmal war die fachliche Ausrichtung der Divisionen.
Während man in der 3. Luftwaffendivision die Luftangriffsverbände zusammenzog,
ist die 4. Luftwaffendivision Großverband der Luftverteidigungskräfte
geworden.
Als Luftangriffsverbände wurden Geschwader geführt, die feindliche Objekte,
auch im Hinterland des Gegners, durch Bombardierung oder den Einsatz
von Kurzstreckenraketen bekämpfen sollten. Das schloß die Option eines
möglichen Einsatzes von Atomwaffen im
Rahmen der „Nuklearen Teilhabe“ ein.
Auch die leichten Kampfgeschwader zur Unterstützung der Bodentruppen
auf dem Gefechtsfeld fielen in die Kategorie Luftangriffsverbände. Außerdem
waren die Aufklärer bei diesen Truppen zu finden.
Dementsprechend mußten nun die Verbände zwischen der 3. und
4. Luftwaffendivision verschoben werden. Die Sonderlösung für Schleswig-Holstein
hob man auf. Am 1. April 1968 wurde die 7. Luftwaffendivision wieder
aufgelöst. Deren Geschwader und Bataillone sind, je nach Fachaufgabe,
den verbleibenden Großverbänden unterstellt worden.
Der Stab der 3. Luftwaffendivision konnte im Januar 1970 von
Münster nach Kalkar (Nordrhein-Westfalen) in die neu errichtete Von-Seydlitz-Kaserne
verlegen.
Im Jahre 1971 ist der Division als Besonderheit die WaSLw 10
in Upjever unterstellt worden. Dieser Verband hatte als Aufgabe die „Europäisierung“ frischgebackener
Starfighter-Piloten. Die Flugzeugführerausbildung führte die Bundesluftwaffe
in den USA durch. Die Piloten mußten danach mit den Wetter- und Fluggebiets-Gegebenheiten
in Mitteleuropa vertraut gemacht werden. Dieses führte die Schule in
Upjever durch. 1983 wechselte die Aufgabe zur Waffensystemschulung auf
Tornado. Zeitgleich erhielt der Verband die Bezeichnung JaboG 38.
Zur Ausrüstung:
Schon zu Beginn der Luftwaffenstruktur 3 liefen Planungen für ein neues
Mehrzweck-Kampfflugzeug, welches den Starfighter ablösen sollte. Die
Realisierung des späteren Panavia PA-200 Tornado zog sich jedoch über
einen langen Zeitraum hin. Erst 1983 konnte man bei den Einsatzgeschwadern
mit der Umrüstung auf diesen Typ beginnen.
Noch in den 1960er Jahren wurde klar, daß aufgrund der langen Vorlaufzeit
für den Tornado eine Übergangslösung gebraucht wurde. Diese stellte die
Phantom II dar. Als Aufklärer wurde sie in der Version RF-4E ab 1971
eingeführt. Die Version F-4F konnte als Jäger und Jagdbomber eingesetzt
werden. Damit sind ab 1974 die ersten Verbände ausgerüstet worden. Die
„Übergangslösung“ bewährte sich so gut, daß man die letzen Phantom erst
2013 ausmusterte.
Als leistungsstärkerer Nachfolger für die Fiat G.91 wurde ab 1980 der
Alpha Jet eingeführt. Nach dieser Umrüstung ist für die bisherigen leichten
Kampfgeschwader wieder die Bezeichnung Jagdbombergeschwader verwendet
worden.
Die Verbände:
Im Folgenden soll die 3. Luftwaffendivision in der Luftwaffenstruktur
3 mit sämtlichen Truppenteilen aufgelistet werden. Dazu ist die jeweilige
Unterbringung angegeben.
Erläuterung:
Die Strukturen der Division und ihre Standorte unterlagen ständigen Veränderungen.
Auch innerhalb einer Luftwaffenstruktur wurde aufgestellt, verlegt
und aufgelöst. Daher kann die folgende Auflistung nur einen zeitlichen
Ausriß darstellen. Die folgenden Daten beziehen sich auf den Zeitraum
Mitte der 1980er Jahre.
Divisionsstab: |
Stab/StKp 3. LwDiv |
Kalkar (NRW), Von-Seydlitz-Kaserne |
Jagdbombergeschwader: |
JaboG 31
„Boelcke“
(PA-200
Tornado) |
Nörvenich (NRW), Fliegerhorst
Nörvenich (Basis Nörvenich) |
JaboG 36
(F-4F Phantom
II) |
Rheine
(NRW), General-Wever-Kaserne (Basis Hörstel-Dreierwalde [Hopsten])
|
JaboG 38
(PA-200
Tornado) |
Schortens-Upjever, Fliegerhorst
Upjever (Basis Upjever) |
JaboG 41
(Alpha Jet) |
Husum (SH), Julius-Leber-Kaserne (Basis
Schwesing) |
JaboG 43
(Alpha Jet) |
Oldenburg-Dietrichsfeld, Fliegerhorst
Oldenburg (Basis Oldenburg) |
Aufklärungsgeschwader: |
AG 52
(RF-4E Phantom
II) |
Stadum (SH), General-Thomson-Kaserne (Basis
Leck) |
Flugkörpergeschwader: |
FKG 2
(Pershing
I) |
Geilenkirchen (NRW), Selfkant-Kaserne (QRA-Stellung
Wegberg-Arsbeck) |
Verbleib:
Bald nach Ende des Kalten Krieges begann eine Phase grundlegender Umstrukturierungen
der Bundeswehr. Zunächst war der Schwerpunkt die Truppenreduzierung
nach Fortfall des Ost-/West-Konfliktes. Danach mußte die Truppe auf
neue Aufgaben, mit Einsätzen in aller Welt eingestellt werden. Auf
dem Weg dorthin sind zahlreiche der früheren Verbände aufgelöst worden.
Am 1. April 1994 erfolgte die Außerdienststellung des Stabes
der 3. Luftwaffendivision. Gleichzeitig wurde am Standort Kalkar das
Luftwaffenkommando Nord aufgestellt. Dieser Großverband bildete nun die
Korpsebene über zwei Divisionen der neu strukturierten gesamtdeutschen
Bundesluftwaffe. Bereits 2001 kam auch für dieses Kommando das Ende.
An seine Stelle trat das Kommando Operative Führung Luftstreitkräfte.
Die Auflösung der 3. Luftwaffendivision bedeutete nicht gleichzeitig
das Ende der unterstellten Geschwader. Übrig gebliebene Verbände sind
anderen Großverbänden zugeordnet worden.
Hinweis:
Über einen ehemaligen Verband der 3. Luftwaffendivision gibt es eine Website
im Internet:
JaboG 43: https://fliegerhorst-oldenburg.de
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Fotos:
Von 1964 bis 1993 Sitz des leichten Kampfgeschwaders bzw. Jagdbombergeschwaders
43 - der frühere Fliegerhorst Oldenburg.
Traditionspflege: Ein leichter Jagdbomber Fiat G.91 als Sockelflugzeug
im früheren Fliegerhorst Oldenburg. Ehemaliger Standort des leichten
Kampfgeschwaders 43.
Einige Waffensysteme
aus der Geschichte der Division.
Jagdbomber:
Republic F-84F Thunderstreak,
ab 1957 in JaboG.
Panavia PA-200 Tornado,
ab 1983 in JaboG.
Aufklärer:
McDonnell Douglas RF-4E Phantom II,
ab 1971 in AG.
Flugkörper:
FKSys Pershing
I,
ab 1963 in FKG.
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