Bis
1945:
Das auf dieser Seite vorgestellte Objekt trug in jeder Epoche eine andere
Bezeichnung. Zur Einweihung hieß es Königliche Werft, der Gründung des
Deutschen Kaiserreiches folgend ab 1872 Kaiserliche Werft. Nach dem I.
Weltkrieg galt von 1919 bis 1921 der schlichte Name Marinewerft. In der
Weimarer Republik zunächst Reichswerft, dann ab 1923 Marinewerft Wilhelmshaven.
Während der NS-Zeit lautete von 1935 bis 1945 die offizielle Bezeichnung
Kriegsmarinewerft Wilhelmshaven. Dem wurde nach Kriegsende von den Alliierten
der Zusatz Naval Dockyard angehängt. 1950 endete die militärische Nutzung
zunächst. 1957 richtete die neuaufgestellte Bundeswehr in der Liegenschaft
das Marinearsenal Wilhelmshaven ein.
Die
Garnison Wilhelmshaven:
Das Königreich Preußen erwarb 1853 vom Großherzogtum Oldenburg ein 313 ha großes
Gebiet am nördlichen Ende des Jadebusens, auf beiden Seiten der Jade.
Die Fläche wurde benötigt, damit Preußen einen neuen Kriegshafen aufbauen
konnte. Zur offiziellen Übernahme am 23. November 1854, ist die Verwaltung
des zunächst Jadegebiet genannten Areals auf die preußische Admiralität
übertragen worden.
Umgehend begannen die Planungen, um hier das „Marine-Etablissement an
der Jade“ einzurichten. Es sollte zunächst ein Bauhafen geschaffen werden,
in dem man eine Reparaturwerft ansiedelte. Auch Liegeplätze für die Schiffe
der neuen preußischen Flotte waren vorgesehen. Um unabhängig vom hier
3,8 m messenden Tidenhub zu sein, mußte eine Schleuse die Hafenanlage
von der Jade trennen.
Entsprechend dieser Konzeption erfolgte die Errichtung des Bauhafens.
Er lag rund 700 m westlich der seinerzeitigen Linie des Heppenser Seedeiches.
Die Deichlinie wurde noch weitere 700 m Richtung Osten verlegt. Der Grund
für die Ansiedlung des Bauhafens recht weit im Hinterland entstammte
den frühen Planungen. Durch diese Lage sollte verhindert werden, daß
feindliche Schiffe von See her die Liegenschaft mit ihren Kanonen erreichen
konnten. Zur Verbindung mit der Jade entstand der Hafenkanal. Am Deich
erfolgte der Anschluß zum Fluß, und damit zur Nordsee, über eine große
Schleuse.
Ab 1858 liefen die Bauarbeiten. Zunächst mußten 1.500.000 m³ Schlick
ausgehoben werden; in der damaligen Zeit noch ohne Baumaschinen. Die
Stadt erhielt später den Beinamen „Schlicktau“, angelehnt an die chinesische
Stadt Tsingtau aus Kolonialzeiten. Bis heute ist vor Ort das daraus abgewandelte
„Schlicktown“ gebräuchlich.
Am 17. Juni 1869 wurde der neugeschaffene Hafen in Anwesenheit des preußischen
Königs Wilhelm I. offiziell eingeweiht. Ihm zu Ehren erhielt das Areal
den Namen Wilhelmshaven. Eine Nutzung der Anlage war zu diesem Datum
noch nicht möglich. Der Durchstich der Seeschleuse, und die damit verbundene
Flutung der Hafenbecken, erfolgte erst am 2. April des Folgejahres.
Die Zahl der vor Ort angesiedelten Dienststellen stieg beständig
an. Am 8. April 1873 wurde ein Vertrag über eine Gebietserweiterung zwischen
Oldenburg und Preußen wirksam. Diesmal erwarb Preußen 112 ha. Das Gelände ist benötigt worden für den Bau von Kasernen, Depots, Schießständen
und einem großen Exerzierplatz. Zur Abwehr feindlicher Angriffe hat man
nun begonnen, einen Festungsgürtel weiträumig um die militärischen Anlagen
aufzubauen. Auch die Hafenanlagen erfuhren Erweiterungen. Der bisherige
Hafenkanal bekam eine deutliche Verbreiterung, damit entstand der Ausrüstungshafen.
Es zeigte sich nun, daß die vorhandene Schleuse zu klein dimensioniert
war. Das Schleusenbecken hatte zwar eine große Fläche, aber die Schleusentore
bildeten für modernere Schiffe eine nicht zu passierende Engstelle. Daher
begannen nun Arbeiten an einer zweiten Schleuse, während der Bauphase
noch II. Einfahrt genannt. Zu deren Einweihung 1886 hat man die Namen
getauscht. Die neue war nun die I. Einfahrt, die alte die II. Einfahrt.
Damit ist eine Bezifferung von Südwest nach Nordost begonnen worden,
die auch bei den folgenden Schleusen weitergeführt wurde.
Wichtig war der Aufbau von Verbindungen ins Hinterland. 1867 konnte eine
neu errichtete Eisenbahnstrecke von Bremen über Oldenburg nach Wilhelmshaven
eingeweiht werden. Zwischen 1880 und 1888 entstand der Ems-Jade-Kanal.
Über ihn sollte mit Binnenschiffen Kohle aus dem Ruhrgebiet in größeren
Mengen nach Wilhelmshaven gebracht werden, lange Zeit für die Schiffe
der wichtigste Brennstoff.
Im Jahr 1900 startete eine dritte Aufbauphase, die bis 1909
die bedeutendsten Erweiterungen erbrachte. Am Südrand der wachsenden
Garnison entstanden neue Hafenanlagen, die sich rund 4 km Richtung Westen
ausdehnten. Diese teilten sich in drei große Hafenbecken, von Ost nach
West: Großer Hafen, Zwischenhafen und Westhafen. Wieder reichten die
beiden vorhandenen Schleusen nicht aus, für die immer größer werdenden
Schiffe. Daher wurde die III. Einfahrt begonnen, sie konnte am 15. Oktober
1909 ihren Betrieb aufnehmen. Um 1905 ist westlich der neuen Häfen das Marine-Artilleriearsenal aufgebaut worden. 1913 hat man auf dem neuen südlichen Seedeich einen Flugplatz
für Seeflugzeuge eingerichtet.
Trotz der vorangegangenen Aufrüstung der Deutschen Kriegsflotte
war sie bei Beginn des I. Weltkrieges im Sommer 1914 der britischen Royal
Navy weiterhin zahlenmäßig deutlich unterlegen. Daher suchte Deutschland
keine Entscheidungsschlacht zur See. Erst 1916 kam es zu einer großen
Seeschlacht im Skagerrak, nördlich von Dänemark. Am 31. Mai und 1. Juni
des Jahres standen dort zusammen rund 250 Schiffe im Kampf. Die Briten
zogen mit den größeren Verlusten aus der Schlacht, auf den Verlauf des
I. Weltkrieges hatte dieses aber keinen Einfluß.
Obwohl im Herbst 1918 von der deutschen Heeresleitung bereits eine Beendigung
des Krieges vorbereitet wurde, wollte die deutsche Admiralität zu der
Zeit eine letzte Seeschlacht durchführen. Dagegen meuterten am 27. Oktober
1918 zunächst einzelne Schiffsbesatzungen von vor Wilhelmshaven auf Reede
liegenden Kriegsschiffen. Zwei Tage später widerrief man den Auslaufbefehl
und beorderte die Verbände zurück in ihre Heimatstandorte. Ausgehend
von diesen Schiffsbesatzungen entwickelte sich ein großer Matrosenaufstand,
der in die Novemberrevolution mündete, welche am 9. November das Ende
des Deutschen Kaiserreiches brachte. Zwei Tage später ist der Waffenstillstandsvertrag
geschlossen worden.
Für die Marine enthielt dieser Vertrag die Verpflichtung,
die deutsche Hochseeflotte zu internieren. Das Endziel für die Festsetzung
lag im nördlichen Schottland. Zwischen den Orkney-Inseln befindet sich
die Bucht Scapa Flow. Am 27. November 1918 trafen dort die letzten deutschen
Schiffe ein.
Bis in den Juni 1919 liefen in Frankreich die Verhandlungen für den offiziellen
Friedensvertrag. Es wurde erkennbar, daß darin die entschädigungslose
Übergabe der Flotte an die Siegermächte beschlossen werden sollte. Diesen
Umstand nahm der deutsche Befehlshaber in Scapa Flow zum Anlaß, für seine
Schiffe einen Befehl zur Selbstversenkung zu erteilen. Am 21. Juni 1919
setzten die Schiffe den Befehl um. Die überraschten Briten konnten das
Versinken nicht mehr verhindern.
Der Friedensvertrag wurde am 28. Juni 1919 in Versailles geschlossen.
Dieser enthielt für die Marine den Verzicht auf Schlachtschiffe und U-Boote,
sowie die Reduzierung der Truppenstärke auf 15.000 Mann. Für die Garnison
Wilhelmshaven bedeutete dies erhebliche Reduzierungen.
Nach ihrer Machtergreifung 1933 begannen die Nationalsozialisten
zügig mit einem Aufrüstungsprogramm, das auch die Marine schnell wieder
zu großer Bedeutung bringen sollte. Am 1. Juni 1935 erfolgte die Umbenennung
der Reichsmarine in Kriegsmarine. In Wilhelmshaven begannen erhebliche
Ausbauten der gesamten militärischen Infrastruktur. Die großen Hafenbecken
bekamen neue Namen: Der Große Hafen wurde zum Hipper-Hafen, der Zwischenhafen
zum Scheer-Hafen und der Westhafen zum Tirpitz-Hafen.
Die Stadt Wilhelmshaven:
Seit 1860 stieg über die Jahrzehnte die Zahl der im Umfeld Beschäftigten
beständig an. Dementsprechend mußten neue Wohnquartiere gebaut werden.
In der Frühzeit galt eine besondere Einschränkung für das Umfeld des
Hafens auf preußischem Gebiet. Hier durften nur Personen wohnen, die
direkt mit dem Bau der Anlagen oder mit der Versorgung der Flotte zu
tun hatten. Als Folge entstanden neue Siedlungen gleich außerhalb des
preußischen Territoriums.
Nördlich lagen die oldenburgischen Gemeinden Heppens und westlich Neuende.
Beide wuchsen deutlich auf. Auch Gastwirtschaften mußten aus den zuvor
genannten Gründen auf diese Gebiete ausweichen. Sie zogen die Hafenarbeiter
in großer Zahl an. Aus der ursprünglich Belfort genannten Siedlung wurde
1879 die neue Gemeinde Bant gebildet. 1902 faßte man die oldenburgischen
Gemeinden unter dem Amt Rüstringen zusammen, 1911 bekam dieses den Status
einer Stadt. Erst am 1. April 1937 sind Rüstringen und Wilhelmshaven
zur Stadt Wilhelmshaven vereinigt worden. In der NS-Zeit gab es Planungen,
die Stadt für bis zu 500.000 Einwohner auszubauen. Tatsächlich erreichte
man 1940 den Höchststand von rund 133.000, immerhin gegenüber der heutigen
Einwohnerzahl 75% mehr Menschen.
Die Marinewerft:
Früheste Planungen sahen vor, in Wilhelmshaven nur einen geschützten
Liegeplatz für die Flotte einzurichten. Aber bereits 1856 folgte die
Anordnung, einen Werftbetrieb aufzubauen. Dieser war hauptsächlich
als Reparaturwerft vorgesehen, es sollten zusätzlich auch neue Schiffe
gebaut werden.
Die Arbeiten im Bauhafen starteten 1864. Im Folgejahr begann der Aushub
der Docks I-III am Westufer des Hafenbeckens, sie wiesen eine Länge von
115 m bzw. 130 m auf. Später folgten nördlich daran anschließend die
Hellinge 1 und 2. Ab 1870 entstanden die eigentlichen Werkstätten, hauptsächlich
im westlichen und südlichen Teil der Liegenschaft.
Der Betrieb konnte 1871 aufgenommen werden. Am 19. August des Jahres
wurde unter der Baunummer 1 die Aviso Loreley zu Wasser gelassen. Allerdings
war dieses kein Neubau, sondern der grundlegende Umbau eines bereits
12 Jahre alten Schiffes. Es folgten diverse Neubauten. Als letztes Schiff
im I. Weltkrieg hat man 1917 mit der Baunummer 35 den Kreuzer Hindenburg
in Dienst gestellt.
Der Betrieb wuchs über die Jahre beständig auf, damit sind Erweiterungen
erforderlich geworden. Am Nordufer des Bauhafens hat man die Docks IV-VI
mit 192 m Länge gebaut. Dazu wurde die Grundstücksgrenze Richtung Norden
bis zur Flensburger Straße verschoben. 1905 konnte als erstes Kraftwerk
in der Nordwestecke des Areals die Nordzentrale in Betrieb genommen werden.
Zu der Zeit kamen vermehrt modernere Techniken zum Einsatz, die schon
nach kurzer Zeit einen höheren Energiebedarf erforderten. Daher begannen
1908 die Arbeiten zur Errichtung eines deutlich größeren Kraftwerks,
südöstlich außerhalb des Bauhafens. Diese Anlage mit der Bezeichnung
Südzentrale fand ihren Standort direkt östlich neben der Kaiser-Wilhelm-Brücke.
Sie lieferte ab 1911 Strom.
Die am Bauhafen vorhandene Fläche reichte inzwischen für erforderliche
Ergänzungen nicht mehr aus. Um 1880 entstand rund 700 m entfernt als
Reparaturbetrieb eine neue Torpedoboot-Werft. Sie lag auf der Südseite
des Verbindungshafens, gleich westlich der I. Einfahrt. Zwischen 1910
und 1914 ist über 3 km weiter westlich im Westhafen die große Untersee-
und Torpedobootwerft (UTO-Werft) aufgebaut worden, ebenfalls ein Reparaturbetrieb.
Das Ende des I. Weltkrieges brachte für die Marinewerft eine
starke Einschränkung ihrer Tätigkeit. Der größte Teil der Kriegsflotte
mußte an die Siegermächte ausgeliefert werden. Militärische Neubauten
standen nicht mehr an. Die Werft im Bauhafen konnte in reduziertem Umfang
weiterhin Reparaturen für die verbliebene Flotte durchführen. In geringerer
Zahl baute man aber auch zivile Schiffe, meist Fischdampfer, Fracht-
und Passagierschiffe. Der erste militärische Neubau nach dem Krieg war
mit der Baunummer 100 der Leichte Kreuzer Emden, dessen Stapellauf am
7. Januar 1925 erfolgte. Hiernach sind weitere Kriegsschiffe, darunter
12 Torpedoboote und 3 Leichte Kreuzer gebaut worden. Ab 1931 entstanden
die Panzerschiffe Admiral Scheer und Admiral Graf Spee.
Die UTO-Werft ging 1920 an die Deutsche Werke AG mit der Bezeichnung
Werk Rüstringen über. In dem Konzern wurden mehrere vormals staatliche
Rüstungsbetriebe zusammengefaßt, um fortan im zivilen Sektor tätig zu
sein. Neben dem Neubau von Fischereifahrzeugen sind dort sogar elektrische
Haushaltsgeräte hergestellt worden. Ein größerer Zweig beschäftigte sich
bis 1924 mit der Überholung von 500 Lokomotiven. Zum Ende des Jahres
hat man aufgrund mangelnder Auftragslage den Betrieb geschlossen. Zwischen
1925 und 1934 lief eine weitere zivile Zwischennutzung. Danach konnte
die frühere UTO-Werft unter dem Namen Westwerft wieder der Kriegsmarinewerft
unterstellt werden.
Der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 folgte ein
umfangreiches Aufrüstungsprogramm, das einen enormen Aufwuchs aller Teilstreitkräfte
bedeutete. Die Regierung entwickelte für die Kriegsmarine den „Z-Plan“.
Dieser erbrachte für die Kriegsmarinewerft Wilhelmshaven den Auftrag,
zwei Schlachtschiffe zu bauen. Von 1934 bis 1939 entstand die Scharnhorst.
Sie verfügte über eine maximale Verdrängung von 38.100 t, bei 235 m Länge.
Und von 1936 bis 1941 wurde die Tirpitz gebaut. Sie hatte eine maximale
Verdrängung von 53.500 t, bei 250 m Länge. Mit diesen Dimensionen war
es das größte Kriegsschiff der Deutschen Marine.
Aus dem „Z-Plan“ ergab sich, daß in Deutschland weder die Baukapazitäten
noch die Reparaturmöglichkeiten für eine derart große Flotte ausreichen
würden. Daher liefen in den 1930er Jahren Planungen im Zeichen des in
der NS-Zeit gängigen Gigantismus. Es sollte mit dem Projekt „Nordwerft“
in Wilhelmshaven eine gewaltige Erweiterung der Kriegsmarinewerft nordöstlich
des Bauhafens erfolgen. Im März 1936 starteten die ersten Arbeiten. Dort
sollten das Baudock VII und die zwei Reparaturdocks VIII-IX entstehen,
alle mit rund 360 m Länge. Weiteres über dieses Vorhaben ist auf einer separaten
Seite zu finden.
Der „Z-Plan“ brachte für Wilhelmshaven im Mai 1939 den Auftrag
zum Bau des Schlachtschiffs „L“. Es sollte 62.500 t verdrängen und eine
Länge von 278 m aufweisen. Dieses hätte aufgrund der Größe nur im neuen
Baudock der Nordwerft realisiert werden können. Aber bereits kurz nach
Beginn des II. Weltkrieges folgte die Annullierung der Order. Auch das
Projekt „Nordwerft“ hat man gestoppt. Die Ausstattung der Marine mit
großen Schiffen wurde zurückgestellt. Statt dessen sollten nun insbesondere
U-Boote gebaut werden.
Sie waren von 1940 bis zur Beendigung im August 1944 die einzigen Neubauten
der Werft. Unter den Baunummern 134 bis 162 entstanden 29 U-Boote des
Typs VII C. Nachfolger sollte ab Herbst 1944 der Typ
XXI werden. Für dessen Herstellung wurde eine moderne Sektionsbauweise vorgesehen.
Dabei sollten die Boote durch das Zusammenfügen von acht vorgefertigten
Segmenten in Serie produziert werden. In Wilhelmshaven begann man im
Bereich der Nordwerft mit dem Bau einer geschützten Fertigungsstätte,
des U-Boot-Bunkers „Wespe“. Die Arbeiten daran sind aber schon früh wieder eingestellt worden.
Die Anzahl der auf und im Umfeld der Werft Beschäftigten schwankte
über die Jahrzehnte deutlich. Insbesondere bei Baumaßnahmen mußten temporär
viele Bauarbeiter eingesetzt werden. Vor dem II. Weltkrieg kamen die
auf Werft und Baustellen benötigten Kräfte überwiegend aus eigener Initiative
nach Wilhelmshaven.
Während des in der NS-Zeit vorangetriebenen Aufwuchses sind aus dem Reichsgebiet
zusätzliche Kräfte dienstverpflichtet worden. Zum Kriegsbeginn befanden
sich 7.300 Arbeiter und 11.000 Dienstverpflichtete vor Ort. In den folgenden
Jahren standen aufgrund von Einberufungen immer weniger Deutsche zur
Verfügung. Zur Abhilfe rekrutierte man in den besetzten Ländern Arbeitskräfte.
Zunächst gelang das teilweise noch auf freiwilliger Basis, es wurde aber
vermehrt Zwang ausgeübt. Außerdem kamen nun zahlreiche Kriegsgefangene
zum Einsatz, 1941 waren es 4.300. Am 31.12.1944 waren zusammengerechnet
fast 7.900 Fremdarbeiter und Kriegsgefangene eingesetzt. Über das Stadtgebiet
verteilt errichtete man mehrere Arbeitslager. Bereits seit 1938 bestand
am Westrand der Stadt, am Alten Banter Weg, ein größeres Barackenlager.
In einem Teil davon wurde vom 17. September 1944 bis 5. April 1945 ein
Außenlager des KZ Neuengamme betrieben.
Hier brachte die SS etwa 1.300 Männer unter. Sie waren auf der Kriegsmarinewerft
beschäftigt, führten aber auch nach Bombenangriffen Aufräumungsarbeiten
im Stadtgebiet durch.
Für die Alliierten war Wilhelmshaven über die gesamte Kriegsdauer
ein wichtiges Angriffsziel. Dementsprechend flogen sie mehr als 100 Luftangriffe
auf den Ort, davon 16 Großangriffe. Die Stadt war als Luftschutzort 1.
Ordnung klassifiziert. Als aktive Gegenmaßnahme stationierte man diverse
Batterien mit Flugabwehrkanonen im Umfeld der Stadt. Die passive Gegenmaßnahme
bestand aus dem Bau zahlreicher Luftschutz-Anlagen im gesamten Stadtgebiet.
Rund 140 bombensichere Luftschutz-Bauten wurden errichtet. Auch die Marine-Liegenschaften
und Werften bekamen eigene Bunker. Am Ende des II. Weltkrieges lagen
60% der Wohnbebauung in Trümmern.
Im Frühling 1945 rückten die Bodentruppen der Alliierten beständig
Richtung Wilhelmshaven vor. Bemerkenswert ist das Schicksal des Leichten
Kreuzers Köln. Das Schiff ist von 1926 bis 1930 in der hiesigen Marinewerft
mit der Nummer 116 gebaut worden. Seit Januar 1945 lag es beschädigt
zur Reparatur wieder in dieser Werft. Bei einem Bombenangriff am 31.
März sank das Schiff an der Ostkaje gerade stehend auf den Boden des
Bauhafens. Ein großer Teil ragte weiterhin aus dem Wasser. Zumindest
die beiden hinteren Drillingstürme blieben einsatzbereit. Mit ihnen wurde
Anfang Mai auf Truppen der Alliierten gefeuert, die bei Bockhorn und
Neuenburg standen, 6 km südwestlich vom Schiff entfernt.
Zum Ende des Krieges kämpften sich kanadische und polnische
Truppen Richtung Wilhelmshaven vor. Am 5. Mai 1945 kapitulierten die
verbliebenen deutschen Verbände in der Region. Dementsprechend konnten
am folgenden Tag Teile der 1. Polnischen Panzerdivision ohne Widerstand
in Wilhelmshaven einmarschieren. Damit endete der II. Weltkrieg für die
Stadt.
Ab 1945:
Die polnischen Verbände zogen bald ab, um innerhalb der Britischen Zone
als Sondergebiet die Polnische Besatzungszone zu beziehen. Diese bestand
von 1945 bis 1948 im westlichen und nordwestlichen Niedersachsen. Nachfolger
in Wilhelmshaven war die British Army.
Die Briten übernahmen nun die Führung über den Werftbetrieb, um ihn für
deren Zwecke zu nutzen. Die Alliierten veranlaßten, daß in den Monaten
nach der Kapitulation nach und nach die meisten noch fahrbereiten deutschen
Kriegsschiffe Wilhelmshaven anliefen. Hier wurden sie hergerichtet um
an die Siegermächte ausgehändigt zu werden. Die Alliierten verlosten
untereinander diese Kriegsbeute, im März 1946 verließ das letzte Schiff
den Hafen.
Danach begann der Abbau aller Werfteinrichtungen, die gesamte Ausstattung
ist der Sowjetunion als Reparation zugesprochen worden. Mit insgesamt
38 Frachtschiffsladungen transportierten sie bis 1949 sämtliche Gegenstände
ab, nur die Ruinen der Gebäude blieben stehen. Ursprünglich hatten die
Alliierten geplant, einen größeren Teil Wilhelmshavens durch Rückverlegung
der Deichlinie in den Fluten versinken zu lassen, um den Kriegshafen
für alle Zeiten unbrauchbar zu machen. Sie konnten von dem Vorhaben jedoch
abgebracht werden.
Bis 1949 wurden jedoch fast alle Gebäude der Werft gesprengt und abgerissen,
einschließlich sämtlicher Docks, Hellinge und Kajen, das Werftgelände
glich danach einer Mondlandschaft. Am 1. April 1950 verließen die letzten
Beschäftigten ihre alte Wirkungsstätte, damit endete der militärische
Betrieb zunächst.
Auch weitere Einrichtungen der Marine in Wilhelmshaven mußten geräumt
und teilweise zerstört werden, darunter die Torpedoboot-Werft und die
Westwerft. Die II., III. und IV. Einfahrt hat man durch sprengen und
zuschütten unbrauchbar gemacht, nur die I. Einfahrt blieb betriebsfähig.
Am Übergang vom Großen Hafen zum Zwischenhafen wurde ein fester Damm
aufgeschüttet. Damit entfielen die beiden westlichen Hafenbecken fortan
für eine maritime Nutzung, der Bereich bekam den Namen Banter See.
In vielen Liegenschaften konnten sich nun zivile Betriebe ansiedeln.
Den größten Teil der Schiffbauhalle am Bauhafen vereinnahmte die Firma
Basalan-Isolierwolle für ihre Produktion. Auch im dortigen Lehrlingshochhaus
saßen zivile Mieter.
Am 12. November 1955 wurde die Bundeswehr gegründet. Damit
begann der Wiederaufbau der Garnison Wilhelmshaven. Hier sollte der größte
Standort der Bundesmarine entstehen. Als erste Dienststelle in der Stadt
übernahm die Standortverwaltung am 1. Dezember 1955 Räumlichkeiten in
der Ebkeriege-Kaserne. Auch auf dem Gelände der früheren Kriegsmarinewerft
siedelten sich nun Verwaltungsstellen an. Im Werfttor I war ab Februar
1956 die Freiwilligen-Annahmestelle der Marine beheimatet, dazu kam die
Stammdienststelle der Marine. Noch waren die Liegenschaften in größeren
Teilen zivil belegt. Es mußten Mietverträge gekündigt werden, die Freimachung
zog sich teilweise bis weit in die 1960er Jahre hin.
Für das Gelände am Bauhafen begannen im Jahre 1957 die Planungen
zur Einrichtung eines Reparaturwerkes für die Marine. Eine eigene Bauwerft
sollte die Bundeswehr nicht betreiben. Militärische Schiffe konnten anfangs
aus dem Ausland angekauft oder später von der einheimischen Wirtschaft
produziert werden. Als Teil der zivil geführten Bundeswehrverwaltung
hatte man zwei Marinearsenale (MArs) gegründet, eines an der Nordsee
in Wilhelmshaven und eines an der Ostsee in Kiel. 1974 erfolgte eine
Umorganisation. Danach gab es nur noch ein Marinearsenal als Dachorganisation,
dem die zwei Standorte als Arsenalbetriebe unterstanden. Sie verfügen
über umfangreiche Kapazitäten zur Materialerhaltung von Schiffen und
Booten.
Auf dem Arsenalgelände in Wilhelmshaven standen aus früheren Nutzungszeiten
nur das Verwaltungsgebäude mit Tor I, das Lehrlingshochhaus, die Schiffbauhalle
sowie einige kleinere Bauten, wie die Feuerwache. Alles andere mußte
neu aufgebaut werden. Somit konnte das benötigte nach modernen Gesichtspunkten
entstehen. Innerhalb von 15 Jahren sind auf dem Areal neun große Werkstatt-
und Lagerhallen sowie diverse weitere Betriebs- und Verwaltungsgebäude
errichtet worden. Die Kajen mußten komplett neu gebaut werden. Als Kernstück
des Arsenals entstand 1961-62 die Südkaje. Am Ort der ehemaligen Docks
I-III schuf man eine große Freifläche mit Parkplätzen. An der Position
der früheren Helling 2 wurde ein kleines Becken ausgehoben, das als Liegeplatz
für Betriebsboote dienen sollte. An der nordwestlichen Ecke des Bauhafens
ist nach Beseitigung der Reste des Docks IV ein Liegebecken geschaffen
worden, unter anderem findet
dort das Schwimmdock seinen Platz.
Über die Jahrzehnte erfolgten immer wieder Ausbauten und Sanierungen.
Der vor dem Krieg noch dicht zivil und militärisch bebaute Bereich im
Nordosten blieb allerdings weitgehend als Brache liegen. Am Ostrand entstand
1978 als Klappbrücke die neue Jachmannbrücke, die einzige Passage für
den Zivilverkehr auf der Ostseite des MArs. Vorher gab es hier lediglich
eine provisorische Pontonbrücke für Fußgänger und Radfahrer.
Die außerhalb des Bauhafens liegenden ehemals militärischen
Einrichtungen erfuhren die grundlegendsten Veränderungen. Die Mehrzahl
der Kasernen und Dienstgebäuden wurden zivil genutzt oder komplett beseitigt.
Die Torpedoboot-Werft übernahm das Wasser- und Schiffahrtsamt, einen
Teilbereich nutzt seit 1998 das Deutsche Marinemuseum. Die Westwerft
war von 1949 bis 1990 Sitz der Kammgarnspinnerei Wilhelmshaven (KSW).
Das große Elektrizitätswerk Südzentrale lieferte ab 1947 wieder Strom.
Zunächst versorgte es die Stadt, nach dessen Wiederaufbau auch das Marinearsenal.
1993 hat die Betreiberfirma die Produktion eingestellt. Nach jahrelangem
Leerstand und Verfall erfolgte bis 2016 der Abriß des imposanten Bauwerks.
Als Hafeneinfahrt stand längere Zeit nur die I. Einfahrt zur Verfügung.
1964 ging die neu aufgebaute IV. Einfahrt in Betrieb, anschließend endete
die Nutzung der I. Einfahrt. An der IV. Einfahrt begannen 1964 die Bauarbeiten
für den großen Marinestützpunkt Heppenser Groden. 1968 erfolgte die Einweihung
des Marinestützpunktes.
Dem Ende des Kalten Krieges folgte bald eine deutliche Reduzierung
der Bundeswehr und damit entsprechend auch der Marine. Das hatte Folgen
für das Marinearsenal. Allerdings konnte sich der Standort Wilhelmshaven
behaupten, 2015 wurde der Betrieb Kiel reduziert. So konzentrierte man
die Kapazitäten auf Wilhelmshaven. Inzwischen steigen die Anforderungen
wieder deutlich an. Dazu wächst der Standort Kiel wieder auf. Und im
Jahr 2022 ist als neuer Betrieb die ehemalige MV Werften Rostock-Warnemünde
als Warnowwerft übernommen worden.
Zustand:
Durch die weitgehende Zerstörung der Werft nach dem II. Weltkrieg sind
dort nur noch wenige historische Spuren zu finden. Auf dem Werksgelände
haben die Sprengungen nur das Werfttor I, das Lehrlingshochhaus und
ein paar kleinere Gebäude überstanden. Die Schiffbauhalle aus den 1930er
Jahren steht ebenfalls noch, hat aber durch Umbauten ihr ursprüngliches
Aussehen weitgehend verloren. Am Nordrand des Bauhafens zeugen weiterhin
größere Trümmer von den früheren Docks V und VI.
Bei den ehemaligen Betrieben Torpedoboot-Werft und Westwerft stehen noch
mehrere historische Bauten. Die Auslegungen der I., II. und III. Einfahrt
sind trotz Rückbau und teilweises zuschütten weiterhin deutlich erkennbar.
Zugang:
Das heutige Marinearsenal
ist als Militärischer Sicherheitsbereich nicht zugänglich. Von der Jachmannbrücke kann der Bauhafen jedoch eingesehen werden. Auch die
meisten der weiteren auf dieser Seite vorgestellten Objekte in den Häfen
von Wilhelmshaven sind erreichbar.
Hinweis:
Diese Website beschreibt die Geschichte der Marine in Wilhelmshaven ausführlich:
https://www.kaiserlichemarine-wilhelmshaven.de
|
Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Fotos:
Das Wahrzeichen der Werft ist das 1876 fertiggestellte Werfttor I, es
hat sich seitdem äußerlich kaum verändert.
Ein weiterer Blick auf das Torgebäude.
Im linken Torbogen vom Werfttor I befindet sich der historische Postkasten
„Kaiserliche Werft“.
Die Feuerwache der Werft zeigt noch heute weitgehend ihren ursprünglichen
Zustand.
Auch das Lehrlingshochhaus mit Baujahr 1938 hat die Abrißaktionen nach
dem II. Weltkrieg überstanden.
Am Giebel die alte Beschriftung „Ausbildungswerkstätten“.
Die in der 1930er Jahren errichtete Schiffbauhalle hat sich durch Umbauten
und Modernisierungen optisch deutlich verändert.
Blick auf die Rückseite der Schiffbauhalle an der Gökerstraße.
Am Ort der ersten Docks I-III von 1865 sind heute diese Freifläche und
Parkplätze zu finden.
An dieser Stelle befand sich früher Helling 2, das Schlachtschiff Tirpitz
wurde hier gebaut. Später hat man dort einen Liegeplatz für Betriebsboote
geschaffen.
Am Nordostrand des Bauhafens sind Trümmer der früheren Docks V und VI
zu sehen.
Ein weiterer Blick auf die Betontrümmer.
Die Südkaje des Bauhafens mit zwei fahrbaren Kränen.
Hier zeigt der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ eindrucksvoll seine Größe
gegenüber den Hallen an der Südkaje.
Blick über die Südkaje nach Westen.
Und der Blick nach Osten.
An der Westkaje steht ein einzelner Hafenkran. Er kann die gesamte Kaje
entlang gefahren werden, auch über die Brücke, die den Betriebshafen
abtrennt.
Blick auf die Ostkaje.
Viele Bauten mußten beim Aufbau des Marinearsenals neu errichtet werden.
Ein kleines nach Bundeswehr-Standard gebautes hölzernes Feldhaus.
Im weitläufigen Südbereich stehen diverse Hallen.
Hier ist im Hintergrund die Jachmannbrücke zu sehen. Darüber kann der
zivile Verkehr am Ostrand der Stadt den militärischen Bereich überqueren.
Auf der Jachmannbrücke, sie kann für Durchfahrten größerer Schiffe hochgeschwenkt
werden.
Im Schwimmdock 3 befindet sich hier die Fregatte „Schleswig-Holstein“.
Der große Arsenal-eigene Schwimmkran Griep.
Hinter dem Haupttor hat man dieses Kleinst-U-Boot vom Typ „Seehund“ aufgestellt.
Es wurde 1945 im Westhafen von seiner Besatzung versenkt und 1969 vom
MArs geborgen.
An der Ostkaje werden ausgemusterte Schiffe aller Arten bis zur Veräußerung
festgemacht.
Einrichtungen der
Werft im Umfeld:
Direkt an die Werft angrenzend steht in der Gökerstraße der älteste Wasserturm
Wilhelmshavens. Er versorgte die Stadt und die Marine ab 1870.
An der Südwestecke des Geländes lag das Werft-Arbeiteramt. Bis Anfang
der 2000er Jahre war das Kellergeschoß erhalten.
500 m südwestlich des Bauhafens steht das ehemalige Werft-Krankenhaus.
Das Kraftwerk Südzentrale ist 2015 abgerissen worden.
Heute sind dort noch größere Fragmente zu sehen.
Ein für Wilhelmshaven typischer Rundbunker auf dem Gelände der Südzentrale.
Die Torpedoboot-Werft hatte ihren Platz neben der Südstrand-Promenade.
Eine Teilfläche nutzt heute das Deutsche Marinemuseum.
Das größte erhaltene Gebäude der Torpedoboot-Werft wurde für neue Nutzungen
grundlegend umgebaut.
Ein weiterer Bau der Torpedoboot-Werft.
Die Einfahrt zur früheren UTO- bzw. Westwerft.
Das 1911 errichtete Gerätelagerhaus der UTO-Werft.
Auf dem Gelände der UTO-Werft blieben mehrere historische Bauten erhalten.
Am früheren Liegeplatz des 40.000 t-Schwimmdocks der UTO-Werft im Zwischenhafen.
Am Rand der Dock-Bucht sind Betontrümmer zu finden.
Über 20 km entfernt hatte die Marinewerft bei Spolsen ein Lehrlingsheim
errichtet.
Ebenfalls bei Spolsen wurde 1930 dieser Bau von der Marinewerft für die
Lehrlingsvereinigung als Wochenendhaus errichtet.
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