Relikte.com
Zur StartseiteInfo über diese WebsiteÜbersicht der LiegenschaftenRelikte durchsuchenLiteratur-DatenbankHyperlink-DatenbankKontakt zum Webmaster
Rubrik: Luftabwehr Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Das Hawk-FlaRak-GOC Stolzenau (NL)
 Relikte des Kalten Krieges: 
Grundsätzliches über die Elemente und das Zusammenwirken im NATO-Luftverteidigungsgürtel ist auf der Themenseite nachzulesen.
Über Technik, Stellungen und Verbände des FlaRak-Systems Hawk berichtet eine weitere Seite.

Auf dieser Seite wird das Groeps Operatiën Centrum (GOC) der 5e Groep Geleide Wapens (GGW) der niederländischen Koninklijke Luchtmacht (KLU) vorgestellt. Ein GOC wurde bei anderen Nationen überwiegend unter der englischen Bezeichnung Battalion Operation Center (BOC) geführt. Die Aufgaben dieser Anlagen waren in den verschiedenen Armeen die gleichen.
Die Einrichtung eines GOC bei den Niederländern verfolgte allerdings ein anderes Konzept als beispielsweise in der Bundeswehr. Die Bundesluftwaffe brachte die BOC stets in einer FlaRak-Stellung des Bataillons mit unter, siehe dazu die Seite über das BOC des FlaRakBtl 37 in der FlaRak-Stellung Belum. Die Niederländer dagegen errichteten das GOC innerhalb der Kaserne der GGW - mehr dazu weiter unten.

Am 1. September 1966 wurde als letzte von drei Hawk-Gruppen der Niederländischen Luftwaffe die 5. GGW aufgestellt. Die Bildung des Grundstocks dieses Verbandes erfolgte am Standort Blomberg (NRW) durch Abgaben der 3. und 4. GGW.
Die 5. GGW sollte im Sektor Nr. 60 des NATO-Luftverteidigungsgürtels vier Hawk-Stellungen einrichten. Der Sektor lag zwischen Nienburg und dem Mittellandkanal. Zunächst war geplant, zur Unterbringung der Gruppe eine Kaserne in Nienburg zu bauen. Dort konnte man jedoch die benötigte Fläche nicht zeitig genug freimachen. So ist 17 km südwestlich an den Westrand der Kleinstadt Stolzenau ausgewichen worden.
Im Laufe des Jahres 1967 konnte die neue Kaserne schrittweise bezogen werden. Anders als in der Bundeswehr üblich, erhielt sie Zeit ihres Bestehens keinen Namen. Sie wurde schlicht im Niederländischen als Stolzenau Legeringskamp = Truppenlager bezeichnet.

In der Liegenschaft entstanden diverse Gebäude für die verschiedenen benötigten Funktionen. Das Personal der einzelnen FlaRak-Stellungen befand sich während des regulären, in Schichten durchgeführten Dienstbetriebes in den Objekten. Außerhalb dieser Zeit lebten die Truppen in Stolzenau. Die nördliche Hälfte der Kaserne diente hauptsächlich der Unterbringung der Soldaten. Hier gab es fünf Unterkunftsblocks für die vorgesehenen vier Squadrons plus Verbandsführung. Dazu einen Wirtschaftsbereich mit Küche, Speisesaal für die Mannschaften und Unteroffiziersheim. Nördlich des Wachgebäudes befand sich ein kleiner Bereich für die Betreuung und Bewirtschaftung der Liegenschaft, einschließlich Heizwerk.
Südlich der Wache lag das Offiziersheim. Daran anschließend der Sportplatz und eine Turnhalle. In westlicher Richtung folgte der Technische Bereich. Hier gab es eine Reparaturhalle für die Fahrzeug-Instandsetzung. Am Nordrand der größeren Fahrzeug-Abstellfläche stand der Bau mit Büros und Lager für die logistischen Dienste. Gleich daneben war der Sanitätsbereich. Westlich an den Technischen Bereich angrenzend befand sich das Funktionsgebäude der Direct Support Unit (DSU). Diese führte Wartungen und Reparaturen an der komplexen Technik des FlaRak-Systems Hawk durch.
Schließlich ist das Stabsgebäude der 5. GGW zu nennen. Es stand am ursprünglichen Westrand der Liegenschaft. Hierin arbeitete die Führung des Verbandes unter dem Gruppen-Kommandeur. Es stellte somit das Herz des Objektes dar.

Um die Familienangehörigen der Soldaten unterzubringen, hat man außerhalb der Kaserne umfangreich gebaut. Am Nordrand von Stolzenau entstand ein größeres neues Wohngebiet. Auch niederländische Schulen wurden hier eingerichtet. Die Militärpolizei Koninklijke Marechaussee (KMAR) bekam schließlich ihren Sitz in einem gewöhnlichen Reihenhaus in der Wilhelm-Busch-Straße. Nur 100 m vor dem Tor der Kaserne ist in der Herrendienststraße ein kirchlich geführtes Soldatenheim errichtet worden, das Katholiek Militair Tehuis (KMT).

Nach Aufstellung des Rumpfes der 5. GGW begann die Formierung der unterstellten FlaRak-Einheiten. Als Erste ist am 1. Mai 1967 die 500. Sqn aufgestellt worden. Sie betrieb die Stellung Borstel, welche gut 22 km östlich von Stolzenau lag. Bereits am 29. Mai folgte die 502. Sqn. Diese bezog die FlaRak-Stellung Hoysinghausen, gut 9 km westlich gelegen. Als dritte Squadron konnte schließlich am 19. Juni die 501. geformt werden. Ihre Stellung lag bei Winzlar, knapp 14 km in südöstlicher Richtung.
Im Jahr 1968 war die Aufstellung der vierten Hawk-Batterie der 5. GGW vorgesehen. Man hatte die 503. Sqn geplant, die im gut 7 km nordwestlich gelegenen Steyerberg eine Stellung beziehen sollte. Diese Anlage war baulich bereits fertiggestellt. Doch am 4. März 1968 ereignete sich ein Brandunglück in der Stellung Velmerstot (NRW), welche von der 326. Sqn der 3. GGW belegt war. Dabei ist eine Menge Material zerstört worden, darunter ein Radar, ein Verladefahrzeug und der komplette Ersatzteilbestand der Squadron. Wegen knapper finanzieller Mittel entschied das Niederländische Verteidigungsministerium, die für die 503. Sqn in Steyerberg vorgesehene Ausrüstung nach Velmerstot abzugeben. Die Bildung der neuen Einheit ist danach unterblieben. Die 5. GGW war daher für die nächsten Jahre die einzige Gruppe, die nur über drei Kampf-Batterien verfügte.
Erst am 1. Juli 1975 konnte der 5. GGW eine vierte Batterie unterstellt werden. Diese ist allerdings keine Neuaufstellung gewesen, sondern bedeutete die Unterstellung der vormals 423. Sqn der aufgelösten 4. GGW aus Hessisch Oldendorf. Die Einheit betrieb eine Stellung auf den Bückebergen bei Reinsdorf, 30 km südlich von Stolzenau. Sie erhielt nun die Bezeichnung 503. Sqn und bekam ihre Unterkunft im Stolzenau Legeringskamp.

Das Groeps Operatiën Centrum:
Der Einsatz der einzelnen Squadrons einer GGW mußte koordiniert werden. Diese Leitungsfunktion übernahm innerhalb des Verbandes das Battalion Operation Center (BOC). Jeder Hawk-Verband der am NATO-FlaRak-Gürtel teilnehmenden Nationen richtete ein solches ein. Die Niederländer verwendeten dafür die Bezeichnung in ihrer Landessprache Groeps Operatiën Centrum (GOC).
Bei der Stationierung dieser Center verfolgten die Nationen unterschiedliche Konzepte. Die Bundesluftwaffe hatte die BOC stets in eine der vier Stellungen des Bataillons integriert. Die Belgier errichteten für ihre BOC kleine separate Einsatzstellungen.
In der Niederländischen Luftwaffe hatte man die GOC anfangs auch in einer der Einsatzstellungen integriert. Doch bereits nach kurzer Zeit befanden die Kommandeure der Verbände, daß für sie die Einsatzsteuerung zu weit entfernt lag und ein direkter Zugriff nicht möglich war. Zur Abhilfe brachte man nun die GOC in unmittelbarer Umgebung des Kommandeurs unter, sie wurde am und im Stabsgebäude der GGW angesiedelt.

Diese Verlegung war grundsätzlich recht einfach zu verwirklichen. Die wesentlichen Elemente des GOC sind auf LKW verlastet gewesen. Darunter befanden sich die Kampfführungsanlage „Operation Central“ (OC) AN/TSQ-38, sowie der Gefechtsstandswagen als zweites Kampfführungsfahrzeug. Das dritte Fahrzeug war der Kommandowagen. Über ihn erfolgte die Steuerung der Einsätze im Wirkungsbereich der GGW.
Von besonderer Wichtigkeit sind die Fernmeldefahrzeuge gewesen. Neben dem Stabsgebäude stand ein LKW mit langem Funkmast. Er stellte Richtfunkverbindungen zu den Einsatzstellungen her. Von dort mußten auch die Daten über die die Luftlage zum GOC übermittelt werden. Schließlich gab es in Stolzenau kein eigenes Radargerät. Ergänzend sind die verlasteten Stromerzeuger zu nennen.
Das GOC wäre, wie alle Teile der Einsatz-Batterien auch, im Verteidigungsfall aus der Kaserne abgerückt und hätte eine Feldstellung bezogen.

Im Laufe der jahrelangen Nutzung ergaben sich mehrere Veränderungen für den Standort Stolzenau. Der größte Umbruch stand in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre an. Das wesentlich weiter westlich stationierte FlaRak-System Nike war inzwischen veraltet. Zu seiner Ablösung wurde von Deutschland und den Niederlanden das neue System Patriot beschafft. Während in der Bundeswehr nur vormalige Nike-Verbände darauf umrüsteten, lösten die Niederländer aus finanziellen Gründen ihre Nike-Einheiten komplett auf. Die Patriot lief nun den Hawk-Verbänden zu. Von den vier Squadrons einer GGW gaben zwei das System Hawk ab und erhielten dafür Patriot.
In der 5. GGW wurden die 502. Sqn in Hoysinghausen und die 503 Sqn in Reinsdorf umgerüstet. Dazu war, neben einer aufwendigen Umschulung des Personals, auch der grundlegende Umbau der Einsatzstellungen erforderlich. Schließlich benötigte Patriot eine andere Infrastruktur als Hawk. In der etliche Monate dauernden Umbauphase verlegten die betroffenen Einheiten auf den Fliegerhorst Wunstorf, um dort auf dem östlichen Teil des Flugfeldes eine temporäre Einsatzstellung zu betreiben. Die 502. Sqn war davon 1987 betroffen, die 503. im Jahr 1988.

Auch für die Garnison Stolzenau ergaben sich nun einige Veränderungen, die Auswirkungen auf die Infrastruktur hatten. Das Gelände der Kaserne wurde an der Westseite um gut 2 ha vergrößert. Auf der Fläche entstand ein neues Gebäude zur Unterbringung des GOC. Hier konnten die Führungs- und Fernmeldefahrzeuge direkt angedockt werden. Damit stand nun endlich ein vollwertiger Gefechtsstand für die 5. GGW zur Verfügung.
Der Bau der Direct Support Unit erfuhr einige Ergänzungen. Die Technik der Patriot war deutlich anspruchsvoller als die der Hawk. Dementsprechend stieg hier auch der Aufwand bei Wartung und Instandsetzung.

Bislang hatten die Niederländer in Westfalen und im westlichen Niedersachsen durch das System Nike bedeutendere Garnisonen. Daraus ergab sich in deren Umfeld die Ansiedelung zweier Verwaltungseinheiten. In Greven (NRW) befanden sich die Deutschland-Hauptquartiere der niederländischen Militärpolizei „District Koninklijke Marechaussee BRD“, sowie der Liegenschaftsverwaltung „District Geniedienst BRD“. Mit Fortfall der dortigen Standorte hat man die Verlegung der Dienststellen nach Stolzenau beschlossen. Dazu wurden am Nordrand des Ortes in der Straße Sandbrink 1988 zwei neue Komplexe errichtet.

Nach Ende des Kalten Krieges entfiel der Sinn der Stationierung von niederländischen Flugabwehrkräften in Deutschland. So folgte am 1. Juli 1995 die Auflösung der 5. GGW in Stolzenau. Die unterstellten Squadrons wurden mit Einheiten der 3. GGW vereinigt und nach De Peel in die Niederlande zurück verlegt.

Nach Freigabe des Kasernengeländes durch die Bundesvermögensverwaltung übernahm die Gemeinde Stolzenau das Areal. Sie wandelte die Fläche zum Gewerbegebiet Stolzenau-West um. So konnte Ende der 1990er Jahre eine zivile Nutzung des ehemaligen Militärgeländes beginnen.

 Zustand: 
Die Bauten der Kaserne sind überwiegend noch im Originalzustand erhalten. Durch verschiedene Nachnutzungen wird sich dieser Zustand im Laufe der Zeit sicher weiter verändern.

 Zugang: 
Das Areal der ehemaligen Kaserne ist zugänglich, Privatgrundstücke dürfen natürlich nicht betreten werden.

 Hinweis: 
Dieses Buch stellt die Niederländischen Groepen Geleide Wapens in Deutschland detailliert vor:
Titel: Blazing Skies Niederländisch
Autor: Rinus Nederlof
Verlag: Sdu Uitgevers, Den Haag
ISBN: 90-12-09678-2
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Haupteinfahrt
Die Haupteinfahrt der Kaserne Stolzenau.

Unterkünfte
Unterkünfte für die Squadrons der 5. GGW.

Unterkünfte
Nahezu sämtliche Gebäude in der Kaserne wurden in eingeschossiger Bauweise errichtet.

Wirtschaftsbereich
Wirtschaftsbereich mit Küche und Speisesälen für Mannschaften und Unteroffiziere.

Büros
Büros von Instandsetzung und Nachschub.

Werkstatthalle
Werkstatthalle im Technischen Bereich.

Abschmierrampe
Zwei Abschmierrampen blieben erhalten.

DSU
Gebäude der Direct Support Unit.

DSU
Am DSU-Gebäude wurden Werkstattfahrzeuge angedockt.

Groeps Operatiën Centrum (GOC) der 5e Groep Geleide Wapens (5. GGW):

Stabsgebäude
Das Stabsgebäude der 5. GGW, auch das GOC war anfangs hier untergebracht.

GOC
Später ist für das GOC ein separater Bau errichtet worden.

GOC
Das ehemalige GOC wurde zum Bus-Depot umgebaut und hat dadurch sein Aussehen stark verändert.

Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Rinus Nederlof: Blazing Skies
- Eddy Niessen: http://www.5ggw.nl
- https://www.grondgebondenluchtverdediging.nl
 
Copyright: © by „Relikte in Niedersachsen und Bremen“.
Impressum & Datenschutz
Seitenanfang