Bis
1945:
Der zivile Luftverkehr von Braunschweig wurde ursprünglich auf dem Flugplatz Braunschweig-Broitzem abgewickelt.
Nachdem das Reichsluftfahrtministerium diesen übernahm und schließlich
zum Fliegerhorst erklärte, sollte ein neuer ziviler Flugplatz entstehen.
Ein geeignetes Gelände wurde zwischen der gerade in Bau befindlichen Autobahn
A2 und dem Stadtteil Waggum gefunden.
Am 18. Februar 1935 begannen die Erdarbeiten für den neuen Flughafen Braunschweig-Waggum.
Ein repräsentatives Empfangsgebäude ist am Südrand des Flugfeldes errichtet
worden. Eingeweiht wurde es am 5. Mai 1939. Richtung Westen schloß sich
der technische Bereich mit Flugzeughallen und Werkstätten an. Die Hallenvorfelder
wurden betoniert. Das Flugfeld selbst erhielt allerdings lediglich eine
Grasnarbe. Östlich des Empfangsgebäudes siedelte sich das Institut für
Luftfahrtmeßtechnik und Flugmeteorologie an. Einige Firmen errichteten
am Flugplatz Arbeitsstätten. Darunter das Luther Flugzeugwerk, welches
Lizenzfertigungen durchführte, sowie das Flugzeugreparaturwerk Braunschweig
mbH (Grotrian-Steinweg). Dazu kam am Nordwestrand bei Bienrode die Mühlen-
und Industriebauten-AG (MIAG). Die Technische Hochschule Braunschweig brachte
flugtechnische Institute am Platz unter.
Bereits am 28. September 1935 landete zum ersten Mal ein Flugzeug in Waggum.
Offiziell ist der Platz am 18. Mai des Folgejahres vom Luftfahrtamt Hannover
abgenommen worden. Nachdem Braunschweig von 1929 bis 1936 nicht an das
Luftverkehrsnetz angeschlossen war, nahm man die Stadt 1937 wieder darin
auf.
Aber
auch der neue Zivilflugplatz fiel der Militarisierung des III. Reiches
nach kurzer Zeit wieder zum Opfer. Am 27. August 1939 übernahm die Luftwaffe
die Anlage, um hier einen weiteren Fliegerhorst einzurichten. Der neue
Militärflugplatz erhielt den Decknamen „Weißkohl“.
Es wurden diverse Erweiterungen vorgenommen. Am Nordrand des Flugfeldes
entstanden zwischen Bienrode und Waggum Splitterschutzboxen und ein Einschießstand
für Bordwaffen. Östlich davon, direkt am Rande von Waggum, baute man
weitere Hallen und Werkstätten. Im Süden ist entlang der Autobahn die
spätere Tannenberg-Kaserne mit Verwaltungs- und Unterkunftsblocks gebaut
worden. Östlich abgesetzt wurden am Waldrand weitere Abstellmöglichkeiten
für Flugzeuge geschaffen, darunter ein größerer Hangar.
Für die Versorgung mit Kraftstoff hatte man eine Verbindung zur Treibstoffleitung
hergestellt, die vom Hafen am Mittellandkanal in Thune zum Lufttanklager
Ehmen verlief. Zur Täuschung bei gegnerischen Bombenangriffen ist 5 km nordöstlich
bei der Ortschaft Grassel ein Scheinflughafen angelegt worden. Auf der
anderen Seite der Autobahn errichtete die Wehrmacht ab 1938 die Husaren-Kaserne.
Im Januar 1940 wurde in Waggum die Segelflugschule der Luftwaffe aufgestellt.
Der Verband war mit Junkers Ju 52 sowie Lastenseglern DFS 230 ausgerüstet.
Er verlegte im September nach Neuhausen. Nachfolger in Braunschweig wurde
bis 1942 die III. Gruppe des Luftlandegeschwader 1, wieder eine Truppe,
die mit Lastenseglern ausgestattet war. In der folgenden Zeit befanden
sich im ständigen Wechsel verschiedene Einsatzverbände und auch Flugzeugführerschulen
auf dem hiesigen Flugplatz. Dadurch waren die unterschiedlichsten Flugzeugmuster
in Waggum zu sehen, von der leichten Schulmaschine bis zum großen Bomber.
Der Flugplatz blieb trotz Bombardierungen bis zum Kriegsende aktiv. Am
12. April 1945 besetzten Einheiten der US Army die Stadt und den Flugplatz.
Ab 1945:
Vereinbarungsgemäß übergaben die USA am 5. Juni 1945 Braunschweig an
die Briten. Von denen sind die rein militärisch genutzten Einrichtungen
des Flugplatzes Waggum abgerissen worden. Der Luftverkehr lag vorerst
brach.
Anfang der 1950er Jahre gaben die Alliierten zunächst den
Segelflug wieder frei. Am 5. Mai 1955 wurde auch der Motorflug wieder
erlaubt. Für den Flugplatz Waggum folgte gleich danach die Zulassung
als Verkehrslandeplatz.
Die Voraussetzungen für Flugverkehr in Braunschweig waren nun aber deutlich
ungünstiger als noch vor dem Krieg. Früher lag die Stadt recht zentral,
nun war sie durch die geringe Entfernung zur innerdeutschen Grenze von
30 km in eine Randposition geraten. Erschwerend kam hinzu, daß am 10.
September 1957 von der NATO die Air Defense Identification Zone (ADIZ)
eingerichtet wurde. Diese war ein Streifen entlang der Grenze zum Warschauer
Pakt, in den auch Braunschweig fiel. Hier bestand eine intensive Radar-Überwachung
jeglicher Flugbewegungen um schnellstmöglich auf Verletzungen des Luftraumes
durch gegnerische Kräfte reagieren zu können. Für den Flugbetrieb in
Waggum bedeutete das erhebliche Auflagen und Einschränkungen. Da diese
die Entwicklungsmöglichkeiten zu stark beschränkten, konnte am 10. Februar
1958 die Ausklammerung des Flugplatzes aus der ADIZ erreicht werden.
Die ursprüngliche Frequentierung konnte ohnehin nicht wieder erreicht
werden, dafür bekam Waggum eine neue überregionale Bedeutung. Der Bundesminister
für Verkehr entschied, das Luftfahrtbundesamt (LBA) hier anzusiedeln.
Am 1.5.1955 nahm das Amt im rechten Flügel des Empfangsgebäudes seinen
Dienst auf. Heute sitzt das LBA in einem 1998 errichteten modernen Gebäude
auf dem ehemaligen Kasernengelände. An Stelle des Institutes für Luftfahrtmeßtechnik
und Flugmeteorologie richtete das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt
(DLR) neue Institute ein.
Der Kasernenbereich am Südrand des Flugfeldes wurde von der
Bundeswehr übernommen und wieder zur Unterbringung von Truppen genutzt.
Während des Kalten Krieges lag hier für längere Zeit als Teil der in
Braunschweig stationierten PzBrig 2 (früher PzGrenBrig 2) deren Nachschubkompanie
20. Außerdem war der direkt dem I. Korps in Münster unterstellte Spezialverband Fernspähkompanie 100 von 1973 bis 1986
in der Tannenberg-Kaserne beheimatet. Letzter militärischer Nutzer der
Anlage war ab 1986 das PzBtl 23.
Im Rahmen der Abrüstung nach Ende des Kalten Krieges wurde die Kaserne
aufgegeben. Im November 1991 hatte die Bundeswehr die Liegenschaft geräumt.
Auf dem Areal wurden die Blocks nun zivil genutzt, dazu sind einige neue
Bauwerke entstanden.
Für den Flugbetrieb ist am 31. Oktober 1967 eine asphaltierte
Startbahn von 1.200 m Länge in Betrieb genommen worden. Sie wurde später
auf 1.680 m verlängert. Inzwischen hat ein weiterer Ausbau auf 2.300
m begonnen. Außerdem stehen parallel eine 900 m Grasbahn und ein 950
m Segelflugstreifen zur Verfügung. Finanziert wurden die Ausbauten zum
Teil von der Volkswagen AG. Sie hat in Braunschweig die konzerneigene
Flugzeugflotte stationiert, Wolfsburg ist lediglich 20 km entfernt.
Die hauptsächlichen Nutzer des Flughafens waren früher Flugsportvereine
und Hobbypiloten. Auch die akademische Fliegergruppe der Technischen
Universität Braunschweig ist hier aktiv. Vor der Wiedervereinigung Deutschlands
hatte Waggum auch für Berlin eine besondere Bedeutung. Sportpiloten aus
der Metropole konnten dort wegen des Viermächte-Abkommens nicht fliegen.
Für sie war Braunschweig der am schnellsten zu erreichende Flugplatz,
einige Berliner hatten hier ihr Flugzeug stationiert.
Seit 1990 besteht der Flugverkehr überwiegend aus kommerziellem Verkehr
von örtlichen Firmen, Institutionen und Behörden.
Zustand:
Der Regionalflughafen Braunschweig-Waggum weist noch heute an vielen
Stellen Originalbauwerke aus den 1930er Jahren auf. Allein das Empfangsgebäude
mit, wie früher vielerorts üblicher, Besucherterrasse direkt am Flugfeld
ist sehenswert. Auch im Bereich der ehemaligen Tannenberg-Kaserne sind
zahlreiche Bauten in gutem Zustand zu finden.
Zugang:
Das Areal des heutigen
Verkehrsflughafens darf nicht betreten werden. Die Randbereiche, einschließlich der ehemaligen Kaserne, sind aber frei zugänglich.
Hinweis:
Der Flughafen ist im Internet vertreten:
http://www.flughafen-braunschweig.de
Das Luftfahrt-Bundesamt ebenfalls:
http://www.lba.de
Für alle Flugplätze gilt:
Über die Flughäfen der Luftwaffe ist ein Buch mit zahlreichen zeitgenössischen
Standort-Skizzen erschienen:
Titel: Fliegerhorste
Autoren: Karl Ries und Wolfgang Dierich
Verlag: Motorbuch
ISBN: 3-613-01486-6
In diesem Buch ist vom Flugplatz Braunschweig-Waggum eine
Skizze enthalten! |
Blick
aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Fotos:
Das repräsentative Empfangsgebäude vom Flugfeld betrachtet, davor die
Besucherterrasse.
Neben dem Empfangsgebäude ein Betriebsgebäude aus der Frühzeit des Flugplatzes
Blick von der Besuchertribüne auf das Flugfeld
Die Zufahrt zur Tannenberg-Kaserne der Bundeswehr erfolgte von der Westseite
Das Wachgebäude am ehemaligen Haupttor
2geschossiges Verwaltungsgebäude der Kaserne
Mannschaftsblöcke, hier noch mit zahlreichen Dachgauben.
Weitere Mannschaftsblöcke, inzwischen wurden überwiegend die Dachgauben
entfernt. Dieser Block war seinerzeit Heimat der Fernspähkompanie 100.
Historisches Betriebsgebäude
Kraftfahrzeughallen im Technischen Bereich der Tannenberg-Kaserne
Eine modernisierte historische Flugzeughalle
Blick von der Rückseite
Weitere Flugzeughalle, neben der Kasernenwache, in höherer Bauweise.
Die Rückseite
Westlich der Kaserne steht diese Gebäuderuine
Östlich des Flugplatzes sind am Waldrand die Fundamentstreifen eines größeren
Hangars zu finden |