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Rubrik: Luftabwehr Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Die Hawk-FlaRak-Stellung Lichtenmoor
 Relikte des Kalten Krieges: 
Grundsätzliches über die Elemente und das Zusammenwirken im NATO-Luftverteidigungsgürtel ist auf der Themenseite nachzulesen.
Über Technik, Stellungen und Verbände des FlaRak-Systems Hawk berichtet eine weitere Seite.

Die FlaRak-Stellung Lichtenmoor lag 2 km östlich des namensgebenden Ortes. Das umliegende ausgedehnte Moorgebiet trägt den gleichen Namen. Für ein Moor typisch, gibt es hier auf mehreren Quadratkilometern keinerlei nennenswerte Erhebungen. Somit war für die auf den aufgeschütteten Erdwällen abgestellten Radargeräte der Stellung ein weitreichender Horizont gegeben.
Gut 4 km südwestlich lag das Korpsdepot 180 Sonnenborstel. Die bei solchen Konstellationen oft vor Ort entstehende Behauptung, die FlaRak-Stellung ist zum Schutz des Depots eingerichtet worden, hat allerdings keine Grundlage.

Das Vorhandensein einer Luftabwehr-Stellung ist der gegnerischen Aufklärung natürlich schnell zur Kenntnis gekommen. In Spannungszeiten hätten die Hawk-Einheiten ihre Anlagen verlassen und bereits erkundete Feldstellungen bezogen. Für jede Batterie waren bis zu fünf dieser Ausweichbereiche festgelegt. Das System Hawk hatte eine vollständig mobile Auslegung und konnte innerhalb einer Stunde den Friedensstandort verlassen.
Sinn einer ausgebauten Einsatzstellung war die Möglichkeit, die FlaRak-Systeme bereits in Friedenszeiten zur Absicherung des Luftraumes einzusetzen. So konnte auf einen eventuellen Überraschungsangriff schnell reagiert werden. Die Infrastruktur einer solchen Stellung war darauf ausgelegt, die Komponenten des gesamten Systems überwiegend auf ihren fahrbaren Trägern zu belassen. Dadurch war man in der Lage, schnell die Abmarschbereitschaft herzustellen.

Genutzt wurde die FlaRak-Stellung Lichtenmoor durch die 2. Batterie des Flugabwehrraketenbataillons 35. Der Verband ist am 1. Juli 1957 als Luftwaffenflugabwehrbataillon 42 in Bremerhaven, Kaserne Roter Sand aufgestellt worden. Die erste Ausstattung bestand aus Flugabwehrkanonen im Kaliber 40 mm der Firma Bofors. Bereits im Folgejahr stand der Umzug nach Oldenburg in die Donnerschwee-Kaserne an. Zu dieser Zeit hatte das Bataillon die Aufgabe, im Verteidigungsfall den Fliegerhorst Ahlhorn zu schützen.
1963 begann die Umrüstung auf Flugabwehrraketen. Damit wurde auch die Verlegung in den zukünftigen Einsatzraum erforderlich. Die 1. und die 2. Batterie zogen ab dem 1. Juli 1964 nach Dörverden-Barme in die Niedersachsen-Kaserne. Gleichzeitig bekam der Verband die neue Bezeichnung Flugabwehrraketenbataillon 35. Erst 1968 sind der Sitz des Bataillonsstabes und die 4. Batterie in die Caspari-Kaserne nach Delmenhorst-Deichhorst verlegt worden. Die 3. Batterie erreichte noch ein Jahr später ihren Endstandort Nienburg-Langendamm.
Die Kaserne in Langendamm wäre für die Lichtenmoorer Batterie näher gewesen. Dort gab es jedoch keine Aufnahmekapazitäten mehr. So mußte fortan nach Barme gependelt werden, Luftlinie gut 15 km nordwestlich der Einsatzstellung gelegen.

Vor Bezug der endgültigen Stellungen nutzten die Batterien des Bataillons zunächst provisorische Feldstellungen auf dem Flugfeld des Fliegerhorstes Oldenburg. 1969 wurde die Stellung Lichtenmoor fertiggestellt, sodaß die 2./35 einziehen konnte.
Das Objekt befand sich im Sektor 61 des NATO-FlaRak-Gürtels und belegte darin die südöstliche Position. Somit lag die Stellung in der 1st Row. Das ist die vordere Linie, die der potentielle Gegner aus dem Osten als erstes erreichen würde. Der nördliche Nachbar war in knapp 19 km Entfernung die 1./35 in Wittlohe. Der südliche Nachbar befand sich bereits im Sektor 60. Es war die 500. Squadron der niederländischen 5. GGW, mit Stellung in Borstel, knapp 15 km entfernt.
Die westliche Nachbarstellung von Lichtenmoor lag knapp 16 km entfernt in Wohlenhausen, belegt mit der 3./35. Gesteuert wurde der Einsatz im Sektor 61 vom Battalion Operation Center (BOC) in der Stellung Wachendorf, 7 km südöstlich von Syke. Dort lag auch die 4./35.

Die FlaRakStlg Lichtenmoor umfaßte gut 11 ha Grundfläche. Darauf fanden alle Komponenten des Systems Hawk ihren Platz. Wichtigster Bau war das Bereitschaftsgebäude am Westrand. Gleich nördlich anschließend folgte der Abstellplatz für die auf Fahrzeuge verlasteten Komponenten des Gefechtsstandes. Sie wurden ab den 1980er Jahren durch massive Betonwände geschützt. Neben diesem, und gegenüber befanden sich weitere geschützte Fahrzeug-Abstellplätze. Auch das größere Generatorengebäude zur Unterstellung von auf Anhängern verladenen Stromerzeugern war hier zu finden. Es diente dem Bedarf des Gefechtsstandes und der Radargeräte.
Östlich anschließend stand das Raketenmontagegebäude. Ihm gegenüber gab es eine Abstellhalle für die drei Verladefahrzeuge (Loader) der Batterie. Weiter südlich ist die Halle zur Unterstellung von vier Flugabwehrkanonen im Kaliber 20 mm zur Nahbereichsverteidigung zu nennen.
Ebenfalls in der westlichen Hälfte der Liegenschaft hatte man zwei größere Erdwälle aufgeschüttet, auf denen die fünf Radargeräte der Batterie ihren Platz bekamen. Sie standen dort in hölzernen Boxen, um sie vor den Witterungseinflüssen zu schützen. Auf der nördlichsten Position war es das Ziel-Beleuchtungsradar „High Powered Illuminator Radar“ (HPIR) der Sektion Alpha. Südlich anschließend stand das Entfernungsmeßradar, „Range Only Radar“ (ROR).
Der zweite Erdwall befand sich südlich von Bereitschaftsgebäude und Gefechtsstand. Dort war auf dem nördlichen Standplatz das Rundsuchradar mit 65 km Reichweite zur Erfassung von Tieffliegern, „Continuous Wave Acquisition Radar“ (CWAR) abgestellt. Der westliche Standplatz diente dem „Pulse Acquisition Radar“ (PAR), ein Rundsuchradar mit gut 100 km Reichweite. Und schließlich gab es auf dem südlichsten Punkt das HPIR der Sektion Bravo.

Die östliche Hälfte der Stellung nahm die zwei Sektionen Alpha und Bravo auf, die jeweils identisch ausgestattet waren. Pro Sektion gab es drei Abschußplattformen, auf denen je ein Hawk-Werfer mit drei Flugkörpern stand. Zum Wetterschutz befanden sie sich unter einer großen aufklappbaren Kuppel. Aus einem leicht geschützten Bedienungsleitstand wurden die Raketen technisch startklar gemacht. Zur Unterstellung der Stromerzeugungsaggregate der Sektion war ein kleineres Generatorengebäude vorhanden. Schließlich ist der Raketenlagerplatz zu nennen.

Im Laufe der Nutzungszeit erfolgten verschiedene Ausbauten der Stellung. Insbesondere in den 1980er Jahren steigerte man den Schutz gegen mögliche Überraschungsangriffe. Dabei sind sensible Bereiche mit Betonwänden abgeschirmt worden. Das betraf den Gefechtsstand, Fahrzeug-Abstellplätze und die Raketenlagerplätze. Für das Personal wurden drei erdüberdeckte Schutzbunker errichtet. Je ein kleinerer im Rücken der zwei Sektionen, und ein größerer hinter dem Gefechtsstand.
Ebenfalls zu der Zeit ist die Bewachung der Liegenschaft an Zivilbeschäftigte übergeben worden. Für diese wurde am Tor ein Wachgebäude erstellt, ergänzt mit einem Zwinger für Wachhunde.

In Lichtenmoor lief der Einsatz im Rahmen des Luftverteidigungsgürtels unverändert bis zum Ende des Kalten Krieges. Mit der anschließenden Wiedervereinigung Deutschlands hatten die alten auf Westdeutschland bezogenen Strukturen keinen Sinn mehr. Für die Bundeswehr begann nun eine Phase mit gravierenden Reduzierungen.
Das Flugabwehrraketengeschwader 35 ist zum Ende des Jahres 1992 aufgelöst worden. Die Lichtenmoorer Batterie blieb jedoch zunächst erhalten. Sie wurde im April gleichen Jahres als 6. Batterie dem FlaRakG 31 unterstellt. 1993 kam das Ende der Stellung, die 6./31 verlegte nach Prangendorf in Mecklenburg-Vorpommern.

Nach einer Phase des Leerstandes ist die ehemalige Stellung zeitweilig vermietet und landwirtschaftlich genutzt worden. Im Jahre 2003 konnte die Liegenschaft an Privat veräußert werden und ist seitdem wieder bewohnt.

 Zustand: 
In der Stellung Lichtenmoor blieb die Infrastruktur überwiegend erhalten. Mit der inzwischen jahrelangen zivilen Nutzung ergaben sich diverse Veränderungen an den Bauten, die deren Aussehen teilweise grundlegend veränderten. Die Historie als FlaRak-Stellung ist aber weiterhin unverkennbar.

 Zugang: 
Die ehemalige FlaRak-Stellung Lichtenmoor darf nicht betreten werden!

 Hinweis: 
Über die Flugabwehrraketentruppe der Bundesluftwaffe ist ein interessantes Buch erschienen:
Titel: Blazing Skies
Autoren: Wilhelm von Spreckelsen, Wolf-Jochen Vesper
Verlag: Isensee Verlag, Oldenburg
ISBN: 3-89995-054-2

Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Tor
Das Tor zur ehemaligen FlaRak-Stellung Lichtenmoor.

Postenhäuschen
Dahinter ein kleines Postenhäuschen.

Bereitschaftsgebäude
Das Bereitschaftsgebäude der Batterie.

Gefechtsstand
In diesen splittergeschützten Boxen wurden die Fahrzeuge des Batterie-Gefechtsstandes abgestellt.

Gefechtsstand
An der Rückseite der Boxen Rampen auf Höhe der Ladefläche von LKW.

Generatorengebäude
Das größere Generatorengebäude für Gefechtsstand und Radargeräte.

Raketenmontagegebäude
Blick auf das Raketenmontagegebäude.

Raketenmontagegebäude
Innerhalb des Raketenmontagegebäudes.

Loader-Halle
Abstellhalle für die drei Verladefahrzeuge (Loader).

Übersicht
Links Raketenmontage, rechts Loader-Halle.

Flak-Halle
Die Halle für vier Flak 20 mm.

POL-Schuppen
POL-Schuppen für Betriebsstoffe.

Schutzbunker
Zugang zum größeren Schutzbunker.

Schutzräume
Zwei Türen führen zu Schutzräumen für je 12 Personen.

Radarwall
Auf dem südlichen der beiden Radarwälle. Am Ende dieses Weges war der Standplatz des CWAR.

Abschußplattform
Eine von sechs Abschußplattformen, hier Alpha 1.

Generatorengebäude
Generatorengebäude Sektion Alpha.

Generatorengebäude
Generatorengebäude Sektion Bravo.
Raketenlagerplatz
Der Raketenlagerplatz der Sektion A.
Schutzbunker
Der Schutzbunker Bravo.
Holzkästen
Die Bereitschafts-Munition der Wache wurde in diesen Holzkästen aufbewahrt.
Nahverteidigungsstand
Im Erdwall befand sich ein Nahverteidigungsstand. Der Zugang erfolgte durch diesen ausgesonderten Raketenbehälter.
Zisterne
Eine Löschwasser-Zisterne.
       

Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Wilhelm von Spreckelsen, Wolf-Jochen Vesper: Blazing Skies
- Bundeswehr Delmenhorst: 30 Jahre Bundeswehr Standort Delmenhorst
- Bundeswehr Dörverden: Standort Dörverden-Barme, Tag der offenen Tür 24. Juni 1989
- E. Pütting
 
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