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Rubrik: Kriegsgefangenenlager Translation: English French Spanish Italian Dutch Danish Polish Russian
Das Stalag VI B Versen (Emslandlager IX)
 Bis 1945: 
Der Aufbau der Emslandlager vollzog sich in zwei Hauptschritten. Schon kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden in der Zeit von 1933 bis 1935 die Lager I bis VII im nördlichen Emsland eingerichtet. Die zweite Welle folgte 1938. Nun hat man die Lager VIII bis XV im mittleren und südlichen Emsland sowie der Grafschaft Bentheim errichtet. Die Lager der zweiten Welle sind zunächst als Strafgefangenenlager gebaut worden. Nur teilweise als solche verwendet, wurden sie sämtlich zu Beginn des II. Weltkrieges dem Oberkommando der Wehrmacht unterstellt, welches darin Kriegsgefangenenlager einrichtete.

In der zweiten Welle des Aufbaus der Emslandlager errichtete man als zweites Objekt das Lager IX. Rund 3,5 km westlich des Dorfes Versen gelegen, wurde es 1938 als Strafgefangenenlager eingerichtet. Die Kapazität war auf 1.500 Gefangene ausgelegt. Der Komplex ist vor dem II. Weltkrieg mit Justizgefangenen belegt gewesen. Im Sommer 1939 sind 900 Häftlinge dokumentiert. Sie wurden bei der Moorkultivierung und dem Bau des Dortmund-Ems-Kanals eingesetzt.

Gleich nach Kriegsbeginn übernahm das Wehrkreiskommando VI aus Münster die Einrichtung als Kriegsgefangenenlager. Nach dem Mannschaftsstammlager (Stalag) VI A in Hemer wurde in Versen das zweite des Wehrkreises unter der Bezeichnung Stalag VI B gebildet. Die benachbarten Emslandlager VI - Oberlangen, VIII - Wesuwe und X - Fullen sind Versen als Zweiglager für Kriegsgefangene unterstellt worden. Am 13. Mai 1942 erfolgte eine grundlegende Umorganisation der vier Standorte. Das Stalag VI B verlor seine Eigenständigkeit; die Einrichtungen wurden nun dem südlich benachbarten Stalag VI C Bathorn als Zweiglager unterstellt.

Die meisten greifbaren Zahlenangaben über die Belegung des Lagers differenzieren nicht nach Standorten, es wird stets eine Gesamtzahl für das Stammlager mit den drei Zweiglagern genannt. Die Standorte des Stalag VI B sind nach Kriegsbeginn zunächst mit rund 5.000 Kriegsgefangenen aus Polen belegt gewesen. Sie verblieben aber überwiegend nur kurze Zeit am Ort. Die meisten von ihnen wurden zügig in Außenkommandos zum Arbeitseinsatz verlegt. Nach den Westfeldzügen kamen zwischen 1940 und 1942 etwa 10.000 Gefangene aus Frankreich und 1.000 aus Belgien ins Stalag VI B. Weiterhin befanden sich Niederländer, rund 200 Polen und 800 Gefangene aus Südeuropa in den vier Einrichtungen.
Eine weitere große Zahl stellten Kriegsgefangene der Roten Armee. Am 1. September 1941 waren von ihnen über 8.500 hier registriert. Die Zahlen geben für den 1. Dezember des Jahres 3.200 und für den 1. April des Folgejahres nur noch 1.340 an. Der Grund für den starken Rückgang muß, neben Verlegungen in andere Standorte, eine hohe Sterblichkeitsrate aufgrund der schlechten Versorgungslage gewesen sein. Aufgrund der rassistischen Abwertung der Menschen aus der Sowjetunion durch die Nazis, erfuhren sie die menschenunwürdigste Behandlung mit völlig unzureichender Ernährung.
Nachdem Italien im August 1943 einen Waffenstillstand mit den Alliierten vereinbart hatte, kamen ab September 1943 Militärinternierte der Italienischen Armee ins Lager Versen. Da sie den Status der Internierten erhielten, fielen sie nicht mehr unter das Kriegsvölkerrecht. Von den Nationalsozialisten sind sie ebenfalls äußerst schlecht behandelt und versorgt worden.

Im November 1944 richtete das Konzentrationslager Neuengamme in Versen ein Außenkommando ein. Hier wurden nun vorwiegend dänische Widerstandskämpfer einquartiert, die man zu Zwangsarbeiten heranzog. Ihre Aufgabe war das Ausführen von Schanzarbeiten an der Verteidigungslinie „Friesenwall“. Dabei sind Panzergräben und Stellungssysteme ausgehoben worden. Der Friesenwall sollte mehrere gestaffelte Stellungslinien und Riegel umfassen. Westlich der Lager war die „Nordsüd-Kanal-Stellung“ und östlich die „Ems-Rhein-Stellung“ vorgesehen. Im Außenkommando kam es, insbesondere während der Wintermonate, durch die harten Lebens- und Arbeitsbedingungen zu zahlreichen Toten. Im Januar 1945 wurde auch im Lager Dalum ein solches Außenkommando eingerichtet.
Ende März 1945 erfolgte die Auflösung der Außenkommandos. Die noch arbeitsfähigen Häftlinge sind nun per Bahn und streckenweise auch zu Fuß Richtung Osten verlegt worden. Zunächst brachte man sie nach Cloppenburg, dann weiter über das Außenkommando Farge zum KZ-Auffanglager Sandbostel.

Für die Toten aus der letzten Phase des Lagers Versen ist am Kriegsende wenige hundert Meter östlich ein Friedhof angelegt worden. Dort ruhen 297 verstorbene KZ-Häftlinge aus Versen und weitere 71 aus anderen Emslandlagern.

 Ab 1945: 
Das Lager Versen hat die Justiz nach dem II. Weltkrieg als Strafanstalt genutzt. Es unterstand den „Strafanstalten Emsland“ mit Sitz in Papenburg. Die meisten dieser Anstalten wurden bereits frühzeitig wieder aufgelöst. Die verbliebenen Standorte Versen und Groß-Hesepe sind danach der Justizvollzugsanstalt Lingen I unterstellt worden.
Zur Unterbringung von Häftlingen hat man noch lange Zeit die vorhandenen Lagerbaracken verwendet. Erst nach einem Brandunglück in Groß Hesepe 1972 wurde ein Sanierungsprogramm auch für Versen beschlossen. Die alten Holzbaracken durften nun nicht mehr zur Unterbringung von Sträflingen genutzt werden. Zwischen 1974 und 1982 errichtete man an Stelle der Baracken neue Steingebäude.
Im Jahre 1980 wurde vom Niedersächsischen Justizministerium die Eigenständigkeit des Standortes Versen beschlossen. Seit dem läuft die Einrichtung unter der Bezeichnung JVA Meppen.

 Zustand: 
Vor dem früheren Stalag steht heute noch der Turm der Transformatorenstation. Die anderen Bauten in der JVA wurden im Laufe der Jahre überwiegend durch modernere ersetzt.

 Zugang: 
Die Justizvollzugsanstalt Meppen ist nicht zugänglich.

 Hinweis: 
Das Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager ist im Internet zu finden:
https://diz-emslandlager.de
Die JVA Meppen informiert im Internet über die Geschichte der Anstalt:
https://justizvollzugsanstalt-meppen.niedersachsen.de/wir_ueber_uns/hauptanstalt_meppen/wissenswertes-zur-justizvollzugsanstalt-meppen-hauptanstalt-82679.html
Blick aus der Vogelperspektive mit Google Maps:
Google Maps

Fotos:

Trafostation
In Versen ist die Trafostation ohne Anbau erhalten geblieben.

Karte
Maßstab

Quellenangabe:
- Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945 - Band 3: Niedersachsen II
- Martin Weinmann: Das nationalsozialistische Lagersystem
- Erich Kosthorst, Bernd Walter: Konzentrations- und Strafgefangenenlager im Dritten Reich, Beispiel Emsland
- Elke Suhr, Werner Boldt: Lager im Emsland 1933 - 1945
- DIZ: https://diz-emslandlager.de/emslandlager/lager-ix-versen/
- JVA Meppen: https://www.justizvollzugsanstalt-meppen.niedersachsen.de
 
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